19 Jahre lang war Wolfgang Brehm bei Microsoft tätig - zuletzt als Channel- und Mittelstandschef. Daher kennt er das Partnergeschäft aus dem effeff und sein Wechsel zum Microsoft-Partner infoWAN Anfang des Jahres war da nur logisch. Mit seinem Know-how hat der neue Vertriebs- und Marketingleiter bei dem Münchner Systemhaus neue Impulse gesetzt.
Denn infoWAN beschloss sich neu zu positionieren und eigene Cloud-Produkte auf Basis von Microsoft Office 365 zu entwickeln. Doch wie macht man diese Lösungen seinen Kunden schmackhaft?
Mit Unterstützung der Kommunikationsberatung Evernine Group stellte infoWAN ein digitales Multichannel-Konzept auf, um neue Kunden zu gewinnen. Wolfgang Brehm erläutert, wie das genau vor sich ging.
Herr Brehm, Sie betonen immer, dass man den Kunden dann abholen muss, wenn er "reif" ist. Was verstehen Sie darunter?
Wolfgang Brehm, InfoWAN: Noch vor zehn Jahren war diese Aufgabe ausschließlich dem Vertrieb vorbehalten. Er sprach persönlich mit dem Kunden - der aber vielleicht zu diesem Zeitpunkt gar nicht reif war für das Thema und noch ein Jahr brauchte. Viel interessanter ist, mit jemandem zu sprechen, der sich gerade schlau macht zu einem Thema. Und diese Chance eröffnet sich heute, weil sich fast alle Kunden im Internet informieren.
- Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Marcel Sternkopf, SecureHead: "Erst Jahre später habe ich gelernt, dass mein Vorgehen ‚Managed Services‘ heißt." - Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Martin Reil, Geschäftsührer Microstaxx: "Auch all unsere Mitarbeiter sind von den Vorteilen des Managed Services-Konzept überzeugt." - Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Mike Bergmann, Geschäftsührer Exabyters: "Beim Schlüsseldienst freut man sich, ins Haus zu kommen, aber es wird teuer." - Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Jens Hagel, Geschäftsführer Hagel IT: "Bei der Firmengründung 2004 direkt mit ersten Managed-Angeboten gestartet." - Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Holger Müller, Leitung Division IT Infrastructure & Operations bei Axians IT Solutions: "Spannungsfeld aus Innovations- und Kostendruckdruck: Kunden müssen ihre Geschäftsprozesse digitalisieren, finden hierfür aber keine IT-Spezialisten." - Systemhäuser, die auf Managed Services setzen
Gunter Horn, Geschäftsführer Horn & Cosifan: "Wir sind schon seit fast 20 Jahren im Thema 'Managed Services' unterwegs."
Und wie stellen Sie fest, dass der Kunde "reif" ist, also ein potentieller Abnehmer der von Ihnen angebotenen Lösung werden könnte?
Wolfgang Brehm: Laut Studien informieren sich heute Interessenten zu 60 bis 70 Prozent erstmal im Internet und nehmen dann erst Kontakt zu möglichen Lieferanten auf. Ziel ist nun, die Kunden in diesem Status einzufangen.
Wie gehen Sie dabei genau vor?
Brehm: Mit digitalen Kampagnen wollen wir Besucher auf unsere Website locken, wo wir ein Netz gespannt haben, das einen Besucher zu einer Aktion veranlassen soll. Er kann ein Gespräch mit unseren Kundenberatern anfragen, sich für Webcasts oder Veranstaltungen anmelden, unsere Angebote testen oder unseren Newsletter abonnieren. Dadurch erhalten wir Kontaktdaten, die der Vertrieb dann bearbeitet.
Was war überhaupt der Anlass für infoWAN, sich neu auszurichten?
Brehm: Seit 2010 haben wir große Office 365 Projekte als IT-Dienstleister durchgeführt, etwa bei Sixt. Dabei haben wir erkannt, welche Zugkraft diese Lösung hat: In zehn Jahren werden viele Kunden in der Cloud sein. Dann werden Migrationen auf neue Exchange Versionen rar sein, und der Markt für diese Dienstleistungen heiß umkämpft. Die Aussichten auf Profit sind mager.
Wie haben Sie auf diese Entwicklung reagiert?
Brehm: Das Cloud-Business ist so agil, wir wollen von dem starken Wachstum profitieren. Wir haben entschieden, selbst Managed-Service-Lösungen rund um Office 365 anzubieten.
Welche Produkte bieten Sie Ihren Kunden an?
Brehm: Wir veredeln Office 365 mit einer Lernwelt, die in allen Paketen enthalten ist wo Office drin ist. Sie zeigt den Anwendern, wo sie ihre gewohnten Funktionen in der neuen Office Version wiederfinden. Und das bekommen unsere Kunden zum gleichen Preis wie bei Microsoft. Um die Lösung noch attraktiver zu machen, bieten wir Zusatzleistungen wie einen Baukasten für ein Standard- Intranet (Wizdom) und planen weitere Add-Ons.
Dennoch können Sie hier keine großen Margen erwarten...
Brehm: Ja, aber Office 365 eröffnet ein großes Potenzial für Cross-Selling und für zusätzliches Projektgeschäft. So bieten wir Lösungen, die Office 365 zum Leben erwecken. Das reicht von Migration, Schulung von Admins und Mitarbeitern bis hin zum 24 mal 7-Support. Und da unsere Office 365-Kunden sehr zufrieden sind - das haben wir in den vergangenen Jahren erlebt - sind sie auch offen für zusätzliche Angebote.
Um neue Kunden zu gewinnen, konzipieren Sie digitale Kampagnen. Wie sehen diese genau aus?
Brehm: Für eine erste Kampagne haben wir auf Xing geworben sowie Anzeigen in Online-Magazinen geschaltet, wenn ein Leser Beiträge mit IT-relevanten Themen aufruft. Dadurch kamen 6.000 Besucher auf unsere Website.
Zahlt sich das aus?
Brehm: Das kann ich so früh noch nicht sagen. Wir erfassen schon, wie viele Leads eine Kampagne gebracht hat und wie viel Umsatz aus diesen Leads hervorgegangen ist. Um das strukturiert niederzuschreiben und daraus zu lernen, haben wir Dynamics CRM Online eingeführt. Aber es dauert einige Zeit, bis wir wissen, wie viele Kunden der Vertrieb aus den Leads gewinnen konnte.
- CSC-Studie: Digitalisierung
Die Mehrheit der befragten Unternehmen geht davon aus, dass sich der Wettbewerb durch die Digitalisierung verändert. - CSC-Studie: Digitale Agenda
Weniger als die Hälfte der Firmen hat bereits eine "Digitale Agenda" aufgestellt. - CSC-Studie Tempo 1
Um mehr Tempo in das Thema Digitale Transformation zu bekommen, setzen die Unternehmen auf verschiedene Strategien. - CSC-Studie Tempo 2
Dazu zählen auch widersprüchliche Aktivitäten wie die Erhöhung oder Verminderung der Wertschöpfungstiefe. - CSC-Studie Stolpersteine
Probleme bereiten den Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Digitalisierungspläne vor allem die Themen Finanzierung und Aus- und Weiterbildungslücken.
Ist eine Kampagne schon mal schiefgelaufen?
Brehm: Ja klar, gerade zu Beginn macht man Erfahrungen. Wir wollten einen Testzugang und eine Veranstaltung für "Skype for Business" promoten und hatten bei Xing und LinkedIn jeweils 2.000 Euro eingesetzt. Es hat über eine Woche gedauert, bis wir die Kampagne bei LinkedIn aufsetzen und starten konnten. Dementsprechend haben wir in gut drei Wochen nur neun Leads gewonnen.
Tipp: Folgen Sie ChannelPartner auf Xing
Das sind über 400 Euro pro Lead!
Brehm: So ist das halt: Beim ersten Mal kommen solche Zahlen raus. Daher empfehle ich, viele kleine Schritte zu machen. Nicht eine Kampagne für 50.000 Euro. Liegt die daneben, haben Sie für den Rest des Jahres kein Budget mehr. Besser ist es, Sie geben einmal 5.000 Euro aus und lernen daraus, bevor Sie die nächste Kampagne starten.
Hätten Sie vielleicht genauer planen sollen?
Brehm: Nein, irgendwann müssen Sie den Mut haben, zu starten. Wir kriegen mittlerweile jede Woche drei Leads durch unsere Website - ohne Kampagne, allein, weil wir gefunden werden. Das haben wir nur erreicht, weil wir einfach losgelegt haben. (rw)