Nach Nokia-Siemens ist auch der Telefonanlagen-Anbieter Siemens Enterprise Communications (SEN) an dem insolventen kanadischen Konkurrenten Nortel interessiert. Denn dieser zählt in den USA zu den großen Telefonausrüstern von größeren und großen Unternehmen. Und da das Joint Venture SEN zu gleichen Teilen Siemens und dem US-Finanzinvestor Gores gehören, ist es zu Wachstum und Erfolg verdammt.
Infolge dessen meldete das Unternehmen mit Sitz in München sein Interesse an Teilen des insolventen Konkurrenten an. "Das Firmenkundengeschäft ist interessant, das schauen wir uns an", erklärte SEN-Chef James O'Neill gestern in München. "Es wäre eine gute Gelegenheit für uns in den USA, insbesondere, da auch das Geschäft mit der US-Regierung zum Enterprise-Geschäft von Nortel gehört."
Dem Manager zufolge müsste aber der Preis stimmen - ihn aber zu bestimmen ist derzeit schwieriger denn je. Was ist im Moment ein TK-Anbieter wert?
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Im Fall eines Scheiterns der Übernahme, so O'Neill weiter, müsse das Joint Venture andere Schritte einleiten, um in den USA Fuß zu fassen. Das Geschäftsvolumen der Nortel-Sparte wird auf mehr als zwei Milliarden Dollar geschätzt.
SEN selbst ist vor allem in Deutschland, Europa und Asien präsent. Mit Umsätzen in Höhe von rund 3,2 Milliarden Euro und insgesamt rund 14.000 Mitarbeiter weltweit gehört SEN zu den Größeren der TK-Anbieter.
Nortel, das im Januar dieses Jahres Insolvenz anmeldete, versucht seitdem, Käufer für verschiedene seiner Sparten zu finden. Anfang dieser Woche hatte der glücklose Nortel-Chef Mike Yafirovski erneut bestätigt, dass das Unternehmen mit einigen Interessenten im Gesprächen sei. Namen nannte Yafirovski nicht.
Unabhängig davon demonstrierten frühere britische Nortel-Mitarbeiter vor dem Parlament in London gegen ihre Behandlung bei ihrem Rauswurf. Nortel hatte Ende März über 200 Mitarbeiter an drei britischen Standorten entlassen. Zum Teil mussten die Mitarbeiter in Minutenschnelle ihre Büros räumen. Das werteten die Demonstranten als klaren Verstoß gegen britische Kündigungsbestimmungen. Zudem erklärten sie ihren Unmut über millionenschwere Abfindungen für hochrangige Nortel-Manager.
Und die SEN, die in diesem Jahr kaum schwarze Zahlen schreiben wird, überlegt derzeit Kurzarbeit, nicht die Ausweitung ihrer Geschäfte.
Mit anderen Worten: Während die SEN auf einen Schnäppchenpreis spekuliert, muss Nortel sich so teuer wie möglich verkaufen, um die Gläubigeransprüche in Milliardenhöhe zu befriedigen. (wl)