Seit dem 9. Januar 2016 gilt in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Verordnung EU Nr. 524/2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten: die "Online Dispute Resolution" - kurz "ODR-Verordnung". Die ODR-Verordnung verpflichtet alle in der Europäischen Union niedergelassenen Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, einen Link zu der OS-Plattform auf ihren Webseiten beziehungsweise Händlerseiten von "eBay" oder "Amazon" einzustellen. Das bestimmt Art. 14 Absatz 1 der ORD-Verordnung. Der Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. Außerdem muss eine E-Mail-Adresse des Online-Händlers angegeben werden. Seit dem 15. Februar 2016 hat die OS-Plattform auch ihren Betrieb aufgenommen.
Die Plattform ist keine Streitschlichtungsstelle. Sie soll aber Hilfestellung zu Streitbeilegungsverfahren geben, die Vermittlung der Beteiligten an zuständige Schlichtungsstellen übernehmen sowie Beschwerden übersetzen und weiterleiten. Die von der Europäischen Kommission geschaffene OS-Plattform bezweckt damit, eine außergerichtliche Lösung von Streitigkeiten für Verbraucher im Onlinehandel zu etablieren.
Erweiterte Informationspflichten seit dem 1. April 2016
Die ODR-Verordnung enthält in Art. 14 Absatz 2 aber noch weitere Informationspflichten. Allerdings gelten diese Informationspflichten nur für Online-Händler, die sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind, eine so genannte AS-Stelle, das heißt eine Stelle für alternative Streitbeilegung zur Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern, zu nutzen. Dann sind die Verbraucher auch über die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit, diese für die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu nutzen zu informieren.
Verbraucher müssen explizit darüber aufgeklärt werden, dass die alternative Streitbeilegung vom betreffenden Online-Händler genutzt wird und in Anspruch genommen werden kann. Der Link zu der OS-Plattform ist dann nicht nur auf der Webseite einzustellen. Falls ein Angebot über E-Mail erfolgt, ist der Link vielmehr auch in die E-Mail aufzunehmen. Die Informationen sind außerdem "gegebenenfalls" in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen - hier ist die ODR-Verordnung relativ unpräzise.
Die Errichtung von AS-Stellen und auch die Frage ob beziehungsweise wann Online-Händler zur Nutzung von AS-Stellen verpflichtet sind, regelt die ODR-Verordnung allerdings nicht. Dies ist Gegenstand einer weiteren Europäischen Richtlinie. Diese Richtlinie RL 2013/11/EU - die sog. "ADR-Richtlinie" gilt jedoch nicht unmittelbar in den Mitgliedstaaten der EU.
Anders als die ODR-Verordnung muss sie erst von den Mitgliedsstaaten in nationale Gesetze umgesetzt werden. In Deutschland ist das kürzlich geschehen. Das am 25. Februar 2016 verabschiedete Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VBSG), stellt es Online-Händlern - anders als in anderen Mitgliedstaaten - frei, ob sie an der alternativen Streitbeilegung teilnehmen - also AS-Stellen nutzen - möchten oder nicht.
Allerdings können die Informationspflichten nach Art. 14 Absatz 2 ODR-Verordnung für bestimmte Wirtschaftsbereiche aus anderen Gesetzen folgen. Ein Beispiel hierfür ist das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG). Online-Händler im Umfeld der Energieversorgung können nach § 111b EnWG n. F. unmittelbar verpflichten werden. Außerdem können sich Online-Händler auch selbst zu einer Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren verpflichten. Ein Beispiel hierfür sind etwa vertragliche Bestimmungen wie beispielsweise Mediatonsabreden.
Diese zusätzlichen Informationspflichten gelten seit April 2016. Denn erst mit Inkrafttreten des VSBG sind die Adressaten des 14. Absatz 2 ODR-Verordnung auch gesetzlich definiert.
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Zusätzliche Informationspflichten ab 1. Februar 2017
Einige Paragrafen des VSBG treten erst am 1. Februar 2017 in Kraft. Dazu zählen insbesondere die §§ 36 und 37. Diese enthalten die für Online-Händler maßgeblichen Informationspflichten. Aus § 36 VSBG folgen so genannte "Allgemeinen Informationspflichten": Danach müssen Online-Händler auf ihrer Webseite beziehunsweise in ihren AGB Verbraucher darüber informieren, ob sie bereit oder verpflichtet sind, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen.
Sind Online-Händler also nicht zu einer Teilnahme bereit, so müssen sie auch hierüber den Verbraucher informieren. Sofern Unternehmen sich zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet haben oder auf Grund von Rechtsvorschriften hierzu verpflichtet sind, müssen sie den Verbraucher zudem klar und verständlich auf die zuständige AS-Stelle hinweisen. Der Hinweis muss die Anschrift und die Webseite der AS-Stelle enthalten sowie eine Erklärung des Online-Händlers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser AS-Stelle teilzunehmen.
Aus § 37 VSBG folgen auch so genannte "Informationspflichten nach Entstehen der Streitigkeit": Wenn eine Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Online-Händler und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte, so hat der Online-Händler den Verbraucher auf die für ihn zuständige AS-Stelle unter Angabe deren Anschrift und Webseite hinzuweisen. Auch dabei muss der Online-Händler angeben, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist.
Es bleibt komplex
Sollte ein Online-Händler seiner Pflicht zur Verlinkung auf die OS-Plattform noch nicht nachgekommen sein, ist schnelles Handeln angezeigt. Denn Nachlässigkeiten bei dieser Informationspflicht dürften abmahnbar sein. Das zeigen erste Abmahnungen durch Verbraucherschutzverbände und Konkurrenten. Nach unserer Ansicht ist die geforderte leichte Zugänglichkeit des Links jedenfalls dann gegeben, wenn der Link beispielsweise im Rahmen des Impressums genannt wird. Zu empfehlen ist auch, den Hinweis auf die OS-Plattform spätestens mit den Informationspflichten des VSBG in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu übernehmen. (bw)