Die Finanzierungsangebote der Banken haben sich in den letzten Jahren stark verändert, klassiche Kredite sind für kleine und mitelständische Unternehmen fast unerreichbar geworden und so entsteht die Wertschöpfung idealerweise im Unternehmen selbst. Doch welche Möglichkeiten können Unternehmen zur Cashflow-Optimierung und Liquiditätssicherung nutzen?
Liquiditätsengpässe betreffen vor allem den Mittelstand
Dass besonders kleine und mittelständische Unternehmen von Liquiditätsengpässen betroffen sind, hat klare Ursachen - Ein finanzieller Engpass ist immer direkt an die Kapitalsituation eines Unternehmens geknüpft. Das bedeutet schlicht: Wer mehr Umsatz macht, kann auch in aller Regel größere Rücklagen bilden. Im Fall der Fälle ist es dieses finanzielle Polster, mit dem ein Ungleichgewicht ausbalanciert werden kann und das so zum Rettungsschirm für ein Unternehmen wird, wenn Kunden ihre Außenstände nicht oder zumindest nicht zeitnah begleichen.
Solche Situationen aufzufangen, ist besonders für kleine und mittelständische Unternehmen schwieriger, da es ihnen oft an den entsprechenden Rücklagen fehlt. Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, bietet es sich für Unternehmen vor allem an, auf die Optionen Rechnungsfinanzierung oder Factoring zurückzugreifen.
Veränderte Kreditbedingungen begünstigen neue Finanzierungsmodelle
Sowohl Factoring als auch Rechnungsfinanzierung sind relativ neue Finanzierungsmodelle. Noch vor einigen Jahren waren Lieferanten- oder Bankkredite die gängigen Möglichkeiten zur Unternehmensfinanzierung. In Folge der Finanzkrise wurden Bankenkredite allerdings für viele Unternehmen durch die veränderten Bedingungen unerreichbar und auch Lieferantenkredite wurden durch gestiegene Skonti-Sätze deutlich teurer. Diese Entwicklung sorgte am Markt für eine enorme Nachfrage nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten. Darüber hinaus schafft die zunehmende Digitalisierung immer mehr neue Varianten für innovative Finanzprodukte, die diese Nachfrage befrieden.
Die auktionsbasierte Rechnungsfinanzierung
Bei einer auktionsbasierten Rechnungsfinanzierung initiiert der Rechnungsempfänger in seinem Lieferanten-Netzwerk eine Auktion. Inhaltlich freigegebene Rechnungen bilden für dieses Verfahren die Grundvoraussetzung. Zu Auktionsbeginn wird vom Rechnungsempfänger ein konkretes Budget festgelegt, mit dessen Einsatz Außenstände beglichen werden sollen. Anschließend werden alle relevanten Rechnungssteller zur Auktion eingeladen. Anders als etwa bei eBay, können mehrere Bieter bei diesem Verfahren den Zuschlag erhalten - eben innerhalb des vom Auktionsinitiators zu Beginn festgelegten Kapitalrahmens. Während der Auktion - die Laufzeit wird ebenfalls vom Rechnungsempfänger zu Beginn festgelegt - geben die Teilnehmer verdeckte Gebote ab. Mit diesen Geboten wird dem Rechnungsempfänger zusätzlicher Rabatt eingeräumt, während er seine Verbindlichkeiten deutlich vor Ablauf des ursprünglich vereinbarten Zahlungsziels begleicht.
Nach Auktionsende berechnet ein Algorithmus auf Basis der abgegebenen Gebote, also den eingeräumten Skonti und den oder die Gewinner der Rechnungsdaten.Bei der Berechnung spielen Faktoren wie die Höhe des Rechnungsbetrags, das mögliche Einsparpotenzial und der Skontosatz eine Rolle.
Auch umgedreht funktioniert dieses Modell: Startet der Rechnungssteller eine Auktion, legt er zu Beginn der Auktion seinen Kapitalbedarf fest. Danach räumt er seinen Kunden Skonti für die frühere Zahlung ihrer Rechnungen ein. Die Auktion gewinnt in diesem Fall, wer den niedrigsten Rabatt einfordert.
Dynamic Discounting für dynamische Rabatte
Ein anderes Modell zur Finanzierung ist Dynamic Discounting. Lieferanten bieten dabei dem Käufer mit dem Zeitverlauf sinkende Rabattraten auf die frühere Bezahlung von Rechnungen an. Je näher das ursprünglich angesetzte Zahlungsziel rückt, desto geringer fällt der eingeräumte Rabatt aus. Die Zahlung des diskontierten Rechnungsbetrages erfolgt direkt vom Käufer zum Lieferanten. Alternativ kann ein Zahlungsdienstleister zwischengeschaltet werden, der dann zunächst die Zahlung übernimmt. Der Käufer wiederum begleicht seine Rechnung zum ursprünglich vereinbarten Zahlungsziel.
Durch Dynamic Discounting steigt für Käufer der Anreiz, eine Rechnung frühzeitig zu begleichen. Rechnerisch bedeutet dies nämlich: Zwei Prozent Skonto für eine Zahlung zehn Tage vor der eigentlichen Fälligkeit entsprechen einem jährlichen Zinssatz von 72 Prozent.
Das Modell ermöglicht sowohl dem Käufer als auch dem Lieferanten, die Rabatttrate, die sie bereit sind zu akzeptieren, individuell festzulegen. Im Idealfall entsteht so eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Der Käufer erhält vom Lieferanten Rabatt auf eine Rechnung. Dem Lieferanten ermöglicht Dynamic Discounting die Verkürzung des Days Sales Outstanding (DSO). Er kann so auf schnelle, kontinuierliche und kostengünstige Weise seine Liquidität langfristig verbessern.
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Vorfinanzierung - Finanzdienstleister als "Händler"
Neben der auktionsbasierten Rechnungsfinanzierung und Dynamic Discounting können Unternehmen auch die Vorfinanzierung nutzen. Dabei nimmt ein Finanzdienstleiser die Rolle des Händlers zwischen Lieferant und Käufer ein. Der Händler handelt im Auftrag des Kunden und bezahlt den Lieferanten direkt. Die Ware wird danach an den Kunden (Käufer) übermittelt. Zum Begleichen der Rechnung hat der Kunde allerdings bis zu 120 Tage Zeit. Die Kosten hierfür hängen von
der Höhe des Skontos,
der Art der Ware,
dem jährlichem Einkaufsvolumen,
der tatsächlichen Nutzungsdauer und
dem Zeitpunkt der Rückzahlung
ab. Durch eine Vorfinanzierungen können Unternehmen die Spanne zwischen der Vorleistung für den Einkauf von Gütern oder Leistungen und dem Zahlungseingang nach erbrachter Leistung verkürzen. Kreditlinien werden nicht angetastet und somit die Bonität erhöht.
Rechnungsverbriefung
Ein weiteres Finanzierungsmodell ist die Rechnungsverbriefung. Im Fall der Rechnungsverbriefung überlässt das Unternehmen seine eingehenden Rechnungen einem Vermittler. Dieser bündelt die Forderungen in Abhängigkeit von der Fälligkeit, emittiert ein entsprechendes Wertpapier und verkauft es per Auktion an Investoren. Mit dem Erlös dieser Auktion können dann die Lieferanten sofort ausbezahlt werden. Da diese dafür einen Rabatt einräumen, da die Rechnung vor dem eigentlichen Zahlungsziel beglichen wird, machen die Investoren Gewinn, wenn das Unternehmen dann bei Fälligkeit der Forderung vollständig bezahlt.
Neue Finanzierungsmodelle mit Massentauglichkeit
Theoretisch sind alle alternativen Formen der Finanzierung für jedes Unternehmen geeignet. Sie sind denkbar einfach und holen für alle Beteiligten das Maximum heraus. Die Voraussetzungen für diese alternativen Finanzierungsmodelle ist die Digitalisierung von Rechnungsdaten. Elektronische Rechnungen sollen eine Überprüfbarkeit der Vorgänge gewährleisten und sicherstellen, dass nur freigegebene Rechnungen vor dem vereinbarten Zahlungsziel beglichen werden.
Durch die Finanzierung von Rechnungen erhalten Unternehmen die Möglichkeit, frei verfügbare Finanzmittel gewinnbringend einzusetzen und gleichzeitig vor etwaigen Strafzinsen zu schützen. Außerdem wird das Einsparpotenzial durch die zusätzlich eingeräumten Skonti maximiert. Der Rechnungssteller wiederum profitiert durch die Finanzierung von einer deutlich verbesserten Liquiditätssituation. Außerdem wird durch das Einräumen von zusätzlichen Skonti der Cash-Flow verbessert, da beteiligte Unternehmen ihre Ausstände früher als vereinbart begleichen. Liquiditätsengpässe werden so vermieden und Existenzen auf lange Sicht gesichert.
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