Die Diskussion um die Architektur des Internets ist derzeit heißer denn je. Google und Verizon haben sich zu Beginn der Woche auf einen gemeinsamen Standpunkt zum Thema geeinigt und damit weltweit hohe Wogen ausgelöst. Zu den Kritikern zählt Markus Beckedahl, Redaktionsleiter von Netzpolitik und Erstunterzeichner der Initiative Pro Netzneutralität. Der Blogger sagt, worum es in der Debatte geht.
?: Die Diskussion um Netzneutralität ist schwer zu durchschauen. Warum?
Beckedahl: Das Thema ist tatsächlich sehr komplex, zumal es viele verschiedene Szenarien gibt, unter denen sich der Endkunde nur wenig vorstellen kann. Die Grundsatzfrage lautet, ob wir die derzeitige Architektur des Internets verändern wollen.
?: Gab es schon Vergleichbares in der Geschichte?
Beckedahl: Zulässig ist vielleicht der Vergleich mit den Verkehrsnetzen und Eisenbahnen in Deutschland während des 19. Jahrhunderts. Die einzelnen Kleinstaaten setzten auf Zollschranken, wodurch der weltweite Handel ungemein behindert wurde. Das Internet hat bisher genau das Gegenteil bewirkt, indem es die Zugangsbarrieren für alle aufgehoben hat. Derzeit besteht die Gefahr, dass die Provider wieder Kleinstaaten schaffen.
?: Was genau steht auf dem Spiel?
Beckedahl: Zunächst die Frage, ob Netzbetreiber Inhalte oder Dienste im Internet unterschiedlich behandeln dürfen. Vergleichen könnte man das mit der Mobilfunk-Telefonie, wo das bisher akzeptiert wird, im Festnetz jedoch nicht. Die zweite Frage ist, ob man durch Leitungsgebühren einen doppelten Markt entstehen lassen will. Schließlich geht es auch darum, ob Netzwerkmanagement erlaubt sein soll und falls ja, zu welchen Bedingungen.
?: Würde letzteres die Aufgaben der Provider verändern?
Beckedahl: Die Provider sind dadurch groß geworden, dass sie Inhalte von einem Ende zum anderen transportiert haben. Nun fordern sie eine Türwächter-Rolle. Das bringt die Gefahr einer Kontrolle der Inhalte, weniger Innovationen und eines Verlusts der transparenten Information für den Verbraucher.