Die Hersteller von WLAN-Routern übertrumpfen sich gerne mit Tempo-Werten: Hat einer einen AC2600-Router mit 2,6 Gbit/s im Angebot, kommt der nächste mit einem AC3100-Modell und 3,1 Gbit/s um die Ecke. Mit dem Nighthawk X10 zieht Netgear jetzt die Trumpfkarte - der WLAN-Router soll es auf 7,2 Gbit/s bringen.
TESTERGEBNIS (NOTEN) | NETGEAR NIGHTHAWK X10 R9000 |
Testnote | 1,99 (Gut) |
Preis-Leistung | teuer |
Tempo (30%) | 1,74 |
Sicherheit (25%) | 1,80 |
Ausstattung (15%) | 2,25 |
Handhabung (15%) | 1,07 |
Stromverbrauch (10%) | 4,81 |
Service (5%) | 2,80 |
Aufwertung | -0,10 (11ad-WLAN) |
Mit dem X10 lässt Netgear die Muskeln spielen: Per 11ad liefert der Router beeindruckende Datenraten. Diese Kraft verpufft aber in der Praxis meist wirkungslos, weil es keine passenden WLAN-Clients gibt und sich das hohe Tempo nur über eine sehr kurze Distanz einstellt. Über 5 und 2,4 GHz erzielt der Nighthawk zwar auch ordentliche Datenraten, ist aber nicht schneller als deutlich günstigere Router. Einzig beim USB-Transfer spielt er wieder in einer eigenen Liga.
Pro:
11ad-WLAN
Sehr schneller USB-Transfer
Link Aggregation
Contra:
kein DFS
hoher Stromverbrauch
Dieses Tempo erzielt der X10, weil er ein echter Tri-Band-Router ist: Denn er nutzt mit 60 GHz, 5 GHZ und 2,4 GHz wirklich drei unterschiedliche Funkfrequenzen. Das größte Tempo-Plus soll mit einer Transferrate von 4,6 Gbit/s der Standard 11ad bringen, der über die Frequenz 60 GHz funkt.
Was sich in der Theorie beeindruckend anhört, hat in der Praxis große Nachteile: Denn auf dieser hohen Frequenz sind die Funkwellen sehr störanfällig und dringen kaum durch Wände oder geschlossene Türen. 11ad ist also ein Zimmer-WLAN - deshalb wird dieser Standard bisher vor allem zur kabellosen Verbindung von Docking-Stationen und Notebooks genutzt: Intel vermarktete diese Technik unter dem Schlagwort WiGig.
Das zweite Problem: Es gibt bisher kaum 11ad-Clients, die sich mit einem Router wie dem Nighthawk X10 über 60 GHz verbinden können. Passende WLAN-Module finden sich nur in sehr teuren Business-Notebooks, für die es kabellose Docking-Stationen gibt. Für den Test nutzen wir das Acer Travelmate P648, das rund 2000 Euro kostet und mit dem WLAN-Modul Sparrow 11ad von Qualcomm Atheros ausgestattet ist.
11ad: Hohes Tempo mit starken Nebenwirkungen
Wie empfindlich das 11ad-WLAN ist, wird schon bei der ersten Verbindung klar: Die optimale Link-Rate von 4,6 Gbit/s kommt nur zustande, wenn Router und Notebook direkt nebeneinander stehen. Jedes Hindernis in der Funkstrecke, zum Beispiel eine Person, die sich zwischen Router und Notebook befindet, drückt die Datenrate kräftiger nach unten als bei 11ac-WLAN. Solange eine Sichtverbindung zwischen Router und Gegenstelle besteht, kommt aber eine stabile Verbindung zustande - im Test klappt das sogar auf eine Entfernung von knapp 20 Metern. Sehen sich Router und Notebook nicht, bricht die Datenrate deutlich ein, ein Datentransfer funktioniert aber auch dann noch, sofern die Funkwellen einen Weg zwischen den beiden Geräten finden - zum Beispiel durch eine geöffnete Tür. Ist auch dieser Weg geschlossen, klappt im Test der Datenaustausch nur, wenn Router und Notebook nicht weiter als zwei Meter entfernt sind.
Sind der Nighthawk X10 und das Acer-Notebook optimal platziert, liefert der Test beeindruckende Datenraten: Rund 700 Mbit/s schafft der X10 über 11ad-WLAN - das ist mehr als doppelt so viel wie eine Fritzbox 7590 über 11ac unter den gleichen Testbedingungen. Bei Sichtverbindung sind sogar über rund zehn Meter noch über 600 Mbit/s drin.
Bauen wir mehrere parallele Verbindungen zwischen Notebook und Router auf, kommen wir auf knapp 950 Mbit/s per WLAN. An sich sollte mit 11ad noch mehr gehen, denn auch eine Fritzbox 7590 schafft mit 11ac rund 920 MBit/s, wenn sie mit einer passenden Gegenstelle wie der WLAN-Karte Asus PCE-AC88 über mehrere Verbindungen zusammengeschlossen wird.
Zuviel WLAN-Tempo für das Gigabit-LAN
Beim X10 wird aber der Gigabit-Anschluss des Nighthawk-Routers zum Flaschenhals. Für höheres Tempo können Sie Link Aggregation beim X10 nutzen, womit sich zwei der sechs Gigabit-Ports des Routers zu einer Verbindung zusammenfassen lassen, sofern Sie einen Switch oder ein NAS-System mit dieser Technik darüber verbinden. Außerdem besitzt der X10 noch einen Steckplatz für ein SFP+-Modul, das bis zu 10 Gbit/s liefern kann - diese Technik ist vor allem für die Anbindung von Netzwerkspeichern und Servern in Unternehmen gedacht.
Die sehr hohen Datenraten kommen aber nur beim Transfer vom Notebook zum Router zustande. Umgekehrt geht es im Test nur knapp über 500 Mbit/s hinaus - selbst bei mehreren gleichzeitigen Verbindungen.
Im praxisnahen Test über 5 GHz gegen ein Notebook mit 2x2-WLAN-AC-Modul schneidet der X10 erwartungsgemäß ab: In der Spitze knapp 350 MBit/s über die kurze Messdistanz von drei Metern und rund 120 MBit/s bei 25 Metern Entfernung - das liegt auf dem Niveau der Fritzbox 7590.
Ein ähnliches Bild zeigen die Messungen über 2,4 GHz: Mit 11n-WLAN ist der X10 über die kurze Distanz minimal langsamer als die Fritzbox 7590, über die weite Entfernung etwas schneller.
Eine Schlamperei erlaubt sich Netgear aber bei der 5-GHz-Frequenz: Mit der getesteten Firmware 1.0.2.40 sind dort nur vier Kanäle verfügbar, weil dem Router die Funktion Dynamic Frequency Selection (DFS) fehlt. Damit können Sie nicht nur störenden WLANs über 5 GHz nicht aus dem Weg gehen, sondern es lassen sich auch keine 160-MHz-Kanäle für maximales Tempo über 11ac nutzen.