Gern spricht man bei Hewlett-Packard (HP) über das vergangene Geschäftsjahr: So erzielte der Konzern 2000 nach eigenen Angaben einen Umsatz von insgesamt 48,8 Milliarden Dollar, die hiesige GmbH trug 9,6 Milliarden Mark dazu bei. Die Böblinger verbuchten mit 20 Prozent sogar ein größeres Wachstum als das amerikanische Mutterhaus.
Fiorina prognostiziert Stagnation für Europa
Die guten Zeiten sind aber erst einmal vorbei. Wie die Vorstandsvorsitzende Carly Fiorina auf der Cebit einräumte, hat der gegenwärtige Abschwung der US-Wirtschaft das Unternehmen voll erwischt: "Wir hatten im ver- gangenen Jahr ein durchschnittliches Wachstum von 15 Prozent - im ersten Quartal 2001 waren es gerade noch zwei Prozent", so Fiorina, "und es sieht nicht danach aus, als würde sich das schnell verbessern." Vielmehr glaubt sie, dass sich die Krise bald auch auf Europa ausweiten wird. "Manche erwarten eine Erholung in der zweiten Jahreshälfte. Ich bin nicht so optimistisch."
Bei Hewlett-Packard stehe daher jetzt eine verstärkte Kontrolle der Kosten im Vordergrund, gab Fiorina zu. Man werde sich auf die Kernstrategie konzentrieren, in manchen Bereichen Kapazitäten und Arbeitsplätze abbauen, in andere - wie die Professional Services und den Bereich Internet Infrastruktur - verstärkt investieren.
Ein Patentrezept hat die Vorzeige-Managerin aber nicht: Das Unternehmen in der momentanen Situation zu führen sei "wie im Nebel zu navigieren", so Fiorina. "Es ist momentan extrem schwierig, irgendwelche Voraussagen zu treffen." Weshalb man wohl auch verlauten lässt, für das zweite Quartal im Plan zu liegen, sich zu Ganzjahreszahlen aber nicht äußern will.
Zumindest ist die Strategie für 2001 kein Geheimnis: Hewlett-Packard werde künftig verstärkt auf die Erschließung neuer Märkte im Internet-Umfeld setzen, sagte Fiorina in ihrer Keynote. Dieser Schritt solle Hewlett-Packard seinem Ziel ein gutes Stück näher bringen, sich vom HardwareMogul zu einem führenden Informationstechnik-Unternehmen zu wandeln. Fiorina: "Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung, mit der die Technik unser Leben verändert."
500 Partner nutzen Basar für Erfahrungsaustausch
Auch hierzulande hat man die neue Marschrichtung bereits eingeschlagen, wie Heribert Schmitz, neuer Vorsitzender der HP-Geschäftsführung in Deutschland, kürzlich deutlich machte. Den Vorgaben von Carly Fiorina folgend, will er die GmbH stärker im Internet-Markt positionieren. Schmitz: "Als einziges IT-Unternehmen beherrschen wir die drei Schlüsselelemente der Internet-Kommunikation: Internet-fähige Endgeräte, IT-Infrastruktur- und E-Services-Lösungen". Der Anteil des Internet-Geschäfts am deutschen Umsatz habe sich im Geschäftsjahr 2000 nahezu verdoppelt, erklärte Schmitz.
Meilenstein der Neuausrichtung
Als Meilenstein der Neuausrichtung gilt dabei ein bundesweites, von HP initiiertes Netzwerk (Eco-system), das sich mit derzeit über 40 Partnern mit der Beschleunigung von Lösungen rund ums Internet befasst. Passend dazu auch der Auftritt in Hannover: HP präsentierte unter anderem Elemente seines Forschungsprojekts "Cool Town". Gezeigt wurden neue Anwendungen, Services und Zugangsgeräte für die künftige Nutzung des Internet. "Dabei geht es um weit mehr als nur um ein, Internet für die Hosentasche", so Schmitz. "Das neue nutzenorientierte Internet der Zukunft erfordert ein neues Denken: Vernetzung statt Abschottung, offene Plattformen statt geschlossener Systeme."
Unter der Bezeichnung "Mobile E-Services Bazaar" startete HP kürzlich in Helsinki so genannte "Living Labs" für die Weiterent- wicklung mobiler Lösungen. Dabei werden Online-Angebote für Web-Unternehmen und Web-Entwickler kombiniert. Mittlerweile verfügen in verschiedenen Städten mehr als 500 Partner über einen ständigen Zugang zu den neuesten E-Services-Angeboten. Laut Schmitz soll es den virtuellen "E-Services Bazaar" demnächst auch in Deutschland geben.
www.hewlett-packard.de
ComputerPartner-Meinung:
Die Offenheit von Carly Fiorina hat alle überrascht: So deutliche Worte wagte bislang keiner der führenden IT-Manager. Fiorina war wohl auch die einzige, die das Problem kommen sah: HP ist im Vergleich mal wieder besser auf die Krise vorbereitet als der Rest der Branche. Bleibt nur zu hoffen, dass sie - nach alter HP-Tradition - nicht doch noch den Kopf für den unvermeidbaren Stillstand hinhalten muss. (mf)