MÜNCHEN: Der Scannermarkt boomt. Experten gehen von einem anhaltenden Wachstum aus. Gleichzeitig soll sich der für einige Anbieter ruinöse Preisverfall abschwächen.Erik Parkner, Unternehmenssprecher von Softline, bringt die Lage auf den Punkt: "Der Scannermarkt ist geprägt vom Preiskampf bei Einsteigermodellen." Seit Discounter und Lebensmittelketten damit begonnen haben, Flachbettscanner für unter 100 Mark anzubieten, sind die Geräte zum Mitnahmeprodukt mutiert.
Der klassische Fachhandel kann mit den Dumping-Angeboten nicht mithalten. "Viele Kunden beginnen mit einem Scanner für 100 bis 200 Mark und kaufen später ein Modell der mittleren Preisklasse, das schneller ist und bessere Software mitbringt", erklärt Parkner. Händler haben erst hier die Möglichkeit, wieder in das Geschäft einzusteigen.
Bei Hewlett-Packard gehen die Verantwortlichen davon aus, daß der Boom seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat. "Die Steigerung der Stückzahl wird im Jahr 2000 gegenüber 1999 zirka 50 Prozent betragen", prophezeit Produktmanager Martin Wadenpohl. "Mit steigender PC-Penetration, schnelleren und billigeren Prozessoren und Speichermöglichkeiten - Festplatten, CD-Brenner - wird der Scannermarkt weitere Wachstumsimpulse im Home-Bereich erfahren. Zudem schafft die Online-Bewegung neue Perspektiven für die Verbreitung von Bildern über das Internet. Die Faszination der digitalen Bildbearbeitung ist ungebrochen." Außerdem ist Wadenpohl überzeugt: "Im Büroumfeld wird sich der Scanner als Standard-Peripheriegerät etablieren."
Billigscanner haben den Markt stark wachsen lassen. Für den semiprofessionellen Einsatz sind diese Geräte jedoch nicht geeignet. "Erst Scanner im mittleren Preissegment um 400 Mark werden den Ansprüchen semiprofessioneller Anwender gerecht", sagt Parkner. Wadenpohl schließt sich dem an: "Low-Cost-Scanner, insbesondere die Preiskategorien 79 bis 149 Mark, bieten keine ausreichende Bildqualität und auch keine ausreichende Robustheit für größere Scanvolumen." Der HP-Manager bemängelt, daß sich viele beim Kauf zu sehr von reinen Spezifikationen (dpi/ppi und Farbtiefe) leiten lassen. "Wichtig ist ein ausgewogenes und harmonisches Gesamtsystem. Dies umfaßt aufeinander abgestimmte Hardwarekomponenten und ein optimiertes Zusammenspiel aus Hard- und Software. Wenn aus Kostengründen nur die jeweils preiswertesten Komponenten zusammengefaßt werden, ist im Regelfall das Ergebnis nicht befriedigend."
Einsteiger sind jedoch meist taub für die Argumente des Handels. "Für Einsteiger zählt nur der Preis", konstatiert Parkner. "Fortgeschrittene achten vor allem auf die Geschwindigkeit und die mitgelieferte Software."
Kay Mattheis, Produktmanager bei Acer, empfiehlt, nicht nur auf nahezu ausgereizte Themen wie Auflösung und Farbtiefe zu achten, sondern auch auf Serviceaspekte. "Im Fokus sollte auch Hotline- und gegebenenfalls Vor-Ort-Austauschservice stehen. Ebenso entscheidend ist die kontinuierliche Pflege der Treiber sowie die Unterstützung zukünftiger Betriebssysteme und die Präsenz einer Niederlassung des Herstellers in Deutschland."
Trend der Zukunft: einfachere Bedienbarkeit
Das Produktspektrum vollzieht derzeit einen Wechsel. Der Parallelport hat zunehmend als Schnittstelle ausgedient. Nahezu alle namhaften Hersteller statten ihre Produkte mit USB aus. "Vor allem die problemlose Installation und eine hohe Übertragungsrate sprechen für USB", sagt Wadenpohl.
Mit USB hoffen die Hersteller auch eines der größten Anwenderprobleme lösen zu können. "Die parallele Schnittstelle ist meist durch den Drucker belegt. Beim Durchschleifen treten die unterschiedlichsten Probleme auf, deren Ursachen nur mühsam zu beheben sind", erklärt Parkner.
Neben dem Trend zu USB werden zukünftige Produktgenerationen über höhere Auflösungen und Farbtiefe sowie international über höhere Geschwindigkeiten verfügen. "Der weiteren Verbesserung der Verarbeitungsperformance steht in Deutschland die Vergütungspflicht für Scangeschwindigkeiten von mehr als zwei Seiten pro Minute gegenüber", klagt Mattheis.
Hewlett-Packard entwickelt nicht nur an einer besseren Technik, sondern will auch den Bedienkomfort erhöhen. Wadenpohl geht davon aus, daß sich in Zukunft auch IEEE 1394 (Firewire) als Scannerschnittstelle etablieren wird.
Zu den wichtigsten Tendenzen bei der technischen Entwicklung zählt Softline-Sprecher Parkner All-in-one-Geräte: "Scanner, die gleichzeitig als Drucker, Fax und Kopierer dienen, werden immer größere Marktanteile erreichen."
Zusatzgewinne durch Upgrades und Software
Mit dem Verkauf eines Scanners muß das Geschäft für den Fachhändler noch nicht beendet sein. Neben einem Einzelblatteinzug oder einem Durchlichtaufsatz für Dias und Negative läßt sich vor allem mit Software noch die ein oder andere Mark erwirtschaften. Zwar sind Markenscanner in der Regel mit einem umfangreichen Programmpaket ausgestattet, doch handelt es sich meist nur um sogenannte Lite-Versionen. Evelin Keutsch, Sales-Managerin Central Europe bei Texterkennungs-Spezialist Caere, beziffert die Upgrade-Rate auf 55 bis 60 Prozent. "Die Handelsmarge liegt üblicherweise bei 20 bis 25 Prozent."
Ein Nischensegment bilden Diascanner. "Diese haben einen Stückzahlenanteil im Gesamtscannermarkt von circa 1 bis 1,5 Prozent", erklärt Guido Krebs, Abteilungsleiter Marketing Consumer Products bei Canon. Der Umsatzanteil liegt aufgrund des höheren Durschnittspreises bei vier bis fünf Prozent.
Marktbeobachter gehen davon aus, daß sich die Preise mittelfristig stabilisieren werden. Die Talsohle könnte aber durchaus bei rund 50 Mark liegen. In diesen Regionen ist der Scanner für den Anwender allerdings keine große Investition mehr. Wer Gefallen daran findet und dabei bleibt, hat keine größeren Verluste, wenn er sich schon nach kurzer Zeit für ein qualitativ besseres Gerät entscheidet. Experten gehen zudem davon aus, daß sich der Markt von selbst bereinigt. Irgendwann müssen die Hersteller wieder anfangen, Geld zu verdienen. (kfr)
Anwender lassen sich häufig mit Billigangeboten locken. Experten gehen davon aus, daß die meisten am Ende doch zu Markengeräten wechseln.
"Flachbettscanner werden sich im Home-Bereich noch weiter ausbreiten", glaubt HP-Produktmanager Martin Wadenpohl.
Der USB-Anschluß wird bis zum Jahresende die Standard-Scannerschnittstelle sein.