Unter dem Motto „We are Magento“ fanden sich mehr als 2.500 E-Commerce-Experten von annähernd 400 Agenturen, Partner- und Kundenunternehmen aus mehr als 45 Ländern zusammen. Anders als bei früheren Veranstaltungen, die am ersten Tag eher ruhig einstiegen und Zeit für Networking boten, ging es diesmal gleich zur Sache. Während einige Community Entwickler sich noch fragen, ob Magento mit der Version 2.0 nicht etwas zu „Enterprisey“ geworden ist und sich einfachere Installationsmöglichkeiten wünschen, ging es in den Magento U Vorträgen (U steht für „University“) um businessorientierte Themen, beispielsweise wie das Requirements Engineering professionalisiert werden kann.
Im Vortrag von Steve Kukla, Lead Trainer und Certified Solution Specialist bei Magento, wurden effektive Strategien und Best Practices beschrieben, mit denen sich Anforderungen zielorientiert erheben lassen, um Magento-Projekte qualitativ hochwertig und erfolgreich zu realisieren. Für große Agenturen und erfahrene Business Solution Spezialisten ist dies nicht wirklich neu, es zeigt aber, dass Magento professionelle Standards setzt und einen erhöhten Anspruch an alle Magento-Lösungserbringer stellt.
Magento 2 – Tiefenrausch für Entwickler
In den Magento 2 Developer Deep Dive Sessions wurde näher auf technische Aspekte in Magento 2 eingegangen. Auch hier wurde es praxisnah. Es gab einen Ausblick auf die nächsten Schritte im Bereich der Frontend-Entwicklung, die sich um alternative Präprozessoren und Stylesheet-Sprachen (neben LESS zumBeispiel SASS oder stylus) drehen, aber auch zum Backend, wo Asynchronous Contract Call Pattern eingeführt werden und damit die Service Contracts erweitert werden.
Am zweiten Tag lag der Fokus dann stärker auf der E-Commerce Software und dem Ökosystem. Mittlerweile wurde Magento 2 schon 228.000 mal heruntergeladen. Es sind 800 Shops online und mehr als 105 Partner haben sich bisher für die Anforderungen der neuen Software schulen lassen.
Als erste große Neuigkeit des Tages wurde dann der Magento Marketplace vorgestellt. Magento geht hier selbstbewusst neue innovative Wege und vermarktet alle Extensions ab sofort selbst. Dabei will Magento besonders auf Qualität und Integrierbarkeit achten und als erster Ansprechpartner gegenüber den Kunden dienen.
Die Abrechnung kostenpflichtiger Extensions läuft zukünftig direkt über Magento, die Entwickler erhalten ihren Anteil überwiesen. Mit der Zentralisierung und Professionalisierung des Marktplatzes schützt Magento Commerce seine hohen Technologie- und Service-Standards, die es seit dem Start in die Eigenständigkeit auszeichnen. Auch wenn Erweiterungen über Extensions aus dem Marketplace für professionell betreute Magento-Shops grundsätzlich nicht das ideale Vorgehen sind – Erweiterungen sollten immer sauber über Versionierungssysteme ausgerollt werden –, ist der Marketplace ein weiterer Schritt nach vorn. Dabei sind vor allem das Bewertungs-System und die Anzeigen zur Verbreitung der Bewertung interessant, um die Nützlichkeit und Stabilität einer Extension einzuschätzen.
Ankündigung von Magento 2.1
Zu den wichtigsten Neuerungen der Version 2.1 zählt das Staging System, welches im Magento Backend äußerst übersichtlich und sehr benutzerfreundlich verschiedene Instanzen für Content- und Produkt-Staging ermöglicht. Die native Integration von Elasticsearch wird als weitere Neuerung mit 2.1 eine deutlich flexiblere und performantere Suche ermöglichen, als man es von der Magento-Standardsuche gewohnt ist. Beide Neuerungen richten sich insbesondere an professionelle E-Commerce Betreiber, die dank Staging Systemen agil und parallel an Verbesserungen an der eigenen Plattform arbeiten wollen. Außerdem wird die neue Version RabbitMQ bieten.
Omnichannel
Weitere Neuigkeiten betreffen das Magento Commerce Order Management. Als zentrale Schnittstelle zwischen Verkauf und Logistik soll die Lösung so ziemlich alles bieten, um einen nahtlosen Omnichannel zu realisieren. Dabei richtet sich die neue Leistung an diejenigen Kunden, deren Prozessen eine gewisse Komplexität aufweisen und die nicht jeden Workflow des Order- und Bestandsmanagements in ihr ERP-System einbauen wollen. Magento adressiert hier insbesondere Händler, die verteilte Logistik-Infrastrukturen abbilden müssen, also mehrere Lager, Stores und Dienstleister managen wollen. Das Wertschöpfungspotenzial nimmt dabei mit der Komplexität des Commerce-Modells und des Bestellvolumens zu. Mittlerweile setzen schon sieben Händler beziehungsweise Unternehmen das neue Magento Commerce Order Management ein.
Eine Cloud Edition für Enterprise-Kunden
Das beherrschende Thema des zweiten Tages war jedoch die Ankündigung einer Magento Enterprise Cloud Edition. Magento hat die Zeichen der Zeit erkannt und für die Enterprise Edition eine moderne Cloud-Infrastrukturlösung geschaffen. Unter Verwendung von platform.sh, New Relic, Blackfire.io und den Amazon Web Services (AWS) wird eine Platform-as-a-Service (PaaS)-Umgebung für das Flaggschiff Magento 2 bereitgestellt. Magento spricht in diesem Kontext auch von einer Digital Commerce Plattform – man sieht, wohin die Reise geht.
In ihr sollen E-Commerce Lösungen hochgradig skalierbar aufgebaut werden können. Dabei geht Magento weiter, als einfach nur virtuelle Server zur Installation anzubieten und nutzt das gesamte Spektrum der verteilten AWS-Dienste zur intelligenten Skalierung. Magento bietet dann alles aus einer Hand: Bereitstellung, globale Verfügbarkeit, performante Auslieferung, Stabilität, dynamische Skalierbarkeit, Release-, Patch- und Cloudmanagement sowie umfassendes Monitoring und Support. Steve Yankovich, Chief Product Officer von Magento Commerce, nannte die Magento Enterprise Cloud Edition daher auch zu Recht einen Gamechanger.
Das Pricing
Für die Magento Enterprise Cloud Edition wird es ein neues Lizenzmodell geben. Es wurde bereits bekannt gegeben, was die Lizenz umfassen soll: Nutzung eines Content Delivery Networks, die immer neueste Version von New Relic und Blackfire, die Magento Enterprise Lizenz selbst, die Bereitstellung von Entwicklertools auf einer skalierbaren Plattform ohne starre Beschränkung mit bis zu acht Staging-Umgebungen und einer dreifach-redundanten, dedizierten Produktiv-Umgebung. Abgesichert durch einen 24/7 Support. Nur der Preis ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht bekannt.
Datenschutz
In einem ergänzenden Vortrag gingen Magento und Amazon detaillierter auf die AWS Leistungen ein und machten deutlich, dass sie besonderen Wert auf die Einhaltung des Datenschutzes nach den EU-Richtlinien legen. Für den deutschen Markt werden die Amazon Web Services über Frankfurt angeboten. Damit wäre die Magento Enterprise Cloud Edition auch für deutsche Firmen eine interessante Alternative. Und im Gegensatz zu Magento Go haben Entwickler hier den vollen Zugriff auf den Quellcode, können Magento Enterprise wie gewohnt umfassend für Kundenanforderungen anpassen und haben, wie es scheint, auch die Möglichkeit, die von Magento bereitgestellten Entwicklertools zu ersetzen.
Magento Enterprise B2B Edition
Unter all den Neuigkeiten des letzten Tages stach eine ganz besonders heraus: Magento hat eine Magento Enterprise B2B Edition angekündigt. Nach aktuellen Zahlen (Internet Retailer B2B eCommerce Top 300) ist das Unternehmen schon jetzt weltweit der größte Player im B2B E-Commerce, noch vor SAP/hybris, IBM und Netsuite. Mit der neuen Edition, die über speziell an die Bedürfnisse von B2B-Kunden angepasste Funktionen wie Nutzer- und Rollenmanagement, kundenindividuelle Produkt- und Preislisten und einem Quote-Workflow für individuelle Angebots- und Bestellabwicklungen verfügt, wird sich der Abstand wohl noch vergrößern. Als Magento B2B-Partner können wir zudem eines schon versprechen: Es werden in den kommenden Monaten noch viele weitere relevante Funktionen für den Geschäftskundenbereich hinzukommen.
Magento Imagine 2016 – Fazit
Zieht man ein Fazit der diesjährigen Magento Imagine, kann dies aus Agentursicht nur positiv ausfallen. Magento Commerce hat die Wünsche der Agenturen fast 1:1 umgesetzt und mit einer wachsenden Feature-Liste der Enterprise Edition, dem Technologieupdate und der nun auch nativ unterstützten B2B-Edition gezeigt, dass man die Dynamik im Markt wirklich beherrscht. Der Wechsel von Ebay zu einem freien Unternehmen mit Rückendeckung des Investors Permira hat Magento rechtzeitig den einzigartigen Speed und die Innovationskraft zurückgegeben, die es zum Weltmarktführer gemacht haben.