Macintosh-Clones: An Vertriebskonzepten wird noch eifrig gebastelt

11.01.1996
MÜNCHEN: Clones der Rechner von Apple Macintosh gibt es schon lang, allerdings mehr in Expertengesprächen als in den Regalen des Handels. Das soll sich nun ändern. Gleich mehrere Anbieter von Kompatiblen sind angetreten, dem Mac-Betriebssystem zu neuen Anhängern zu verhelfen. Welche Chancen haben die Kopien, wo doch die Originale derzeit nicht vom Erfolg verwöhnt werden?Seit dem Siegeszug von Windows veränderten sich die Vorzeichen für die Rechner mit dem angebissenen Apfel. Die einstigen Vorzüge verwischten immer mehr. Apples Aufregung über die stellenweise frappante Ähnlichkkeit der Windows-Oberflächen mit der der Macs beschäftigte die Gerichte - an der Vormachtstellung Microsofts änderte dies nichts. Für Software-Entwickler ist Windows die bevorzugte Oberfläche, der Mac muß warten.

MÜNCHEN: Clones der Rechner von Apple Macintosh gibt es schon lang, allerdings mehr in Expertengesprächen als in den Regalen des Handels. Das soll sich nun ändern. Gleich mehrere Anbieter von Kompatiblen sind angetreten, dem Mac-Betriebssystem zu neuen Anhängern zu verhelfen. Welche Chancen haben die Kopien, wo doch die Originale derzeit nicht vom Erfolg verwöhnt werden?Seit dem Siegeszug von Windows veränderten sich die Vorzeichen für die Rechner mit dem angebissenen Apfel. Die einstigen Vorzüge verwischten immer mehr. Apples Aufregung über die stellenweise frappante Ähnlichkkeit der Windows-Oberflächen mit der der Macs beschäftigte die Gerichte - an der Vormachtstellung Microsofts änderte dies nichts. Für Software-Entwickler ist Windows die bevorzugte Oberfläche, der Mac muß warten.

Heute ist die Übermacht der Gates-Company bei System- wie Anwendungssoftware erdrückend. Microsoft scheint die Lizenz zum Gelddrucken ohne zeitliche Begrenzung zu besitzen. Apple dagegen schreibt rote Zahlen und kämpft um sein Überleben als selbständiger Anbieter. Just in dieser Situation tauchen Rechner auf dem Markt auf, die kompatibel zum Mac sind.

Wenn seit vielen Jahren unzählige Hersteller PCs herstellen, aber Mac-Clones jetzt erst zu einem ernstzunehmenden Thema werden, dann hat das eine schlichten Grund. Apple lizenzierte sein Betriebssystem nicht an weitere Anbieter, während PC-Vater IBM nie vor der Entscheidung stand. Die Lizenzrechte für das Betriebssystem waren bei dessen Entwickler verblieben, einem gewissen Bill Gates. Und der lizenzierte sein Betriebssystem MS-DOS, wie wir wissen, recht emsig.

Soweit zur Geschichte - was tut sich nun am Mac-Markt? Bekanntlich hat Apple eine Neuorientierung eingeläutet, die sich auf die Produktstrategie ebenso auswirkt wie auf das Vertriebskonzept. Weg vom Massenmarkt, Konzentration auf eine klar definierte Zielgruppe, andererseits aber nicht nur die Traditionsmärkte bedienen, sondern "auch gezielt neue Kanäle erschließen", so der Chef von Apple-Deutschland Hussein Khalil unlängst gegenüber ComputerPartner.

Der Verbreitung des PC war und ist die Existenz unzähliger Anbieter ausgesprochen förderlich. Bloß handelte es sich um eine Revolution auf den Schreibtischen, die in den Industrienationen weitgehend abgeschlossen ist. Und in Ländern mit Aufholbedarf in der Rechnerdichte hat sich die standardsetzende Übermacht des Gespanns Microsoft/Intel herumgesprochen. An eine Wiederholung des "PC-Urknalls" im Zeichen des Apfels ist also noch nicht einmal ansatzweise zu denken, auch wenn in Gesprächen über die Chancen der Mac-Clones immer wieder der Hinweis auf die Geschichte der IBM-kompatiblen auftaucht.

Wer soll also einen Mac-Clone kaufen? Geht es nach Apple, dann wohl Home-Anwender, die in Preisregionen einkaufen, in denen Apple bald nichts mehr anbieten will. Offensichtlich sind die Apple-Billigheimer, vom Discounter über den Tresen geschoben, reichlich unprofitabel. Strategie von Apple ist es nun, unter einem Verkaufspreis von rund 2.500 Mark vorerst keine Rechner mehr anzubieten. Hier wären die Clones willkommen, um Anwenderkreise zu erschließen oder bei der Stange zu halten, die ansonsten in der Wintel-Welt für besagten Preis schon eine ganze Menge Computer bekommen könnten.

Preissensible Käufer kämen so in den Genuß von MacOS, Apple könnte sich profitableren Gefilden zuwenden. Warum Apple bei den Billig-Macs drauflegt, die Clone-Hersteller aber Gewinne machen könnten, bleibt unklar. Käufer mit kleinem Geldbeutel können bei den Clones wohl auch mit einer Preisgestaltung bei Ersatzteilen rechnen, die weniger heftig ausfällt als von Apple gewohnt.

Einen Haken hat die Sache. Die Clones-Hersteller scheinen an einer Invasion in von Apple aufgegebene Gefilde wenig Interesse zu haben. Wer sich die Rechner-Paletten von Storm, Power Computing, Motorola und Umax ansieht, wird verblüfft zur Kenntnis nehmen, daß es sich keineswegs um Maschinen der unteren Leistungsklasse handelt. Das Flaggschiff von Power Computing basiert sogar auf einem Chip, den Apple selbst zum Redaktionsschluß noch nicht im Programm hatte. Ein Kraftwerk mit dem gleichen Chip gibt es auch bei Storm und Umax.

Ob nun die Lizenzierung des Mac-Betriebssystems an andere Hersteller eine gute Idee oder ein Akt der Selbstverstümmelung ist, wird letztlich die Reaktion der Anwender zeigen. Wie auch immer, es gibt die Clones, sie sind ein Thema.

Just like a Mac

Power Computing vermarktet in den Vereinigten Staaten seine Rechner direkt - geordert wird per Telefon, Fax oder E-Mail. Ob sich die Amerikaner hierzulande des gleichen Vertriebssystems bedienen, ist noch unklar. Auf der MacWorld äußerte ein Vertreter des Unternehmens, daß man den Markteintritt in Deutschland vielleicht besser über den Fachhandel bewerkstelligen könne. Nichts genaues weiß man nicht. Power Computing ist sich wohl selbst noch nicht über den richtigen Weg im klaren, denn eine entsprechende Anfrage blieb unbeantwortet.

Mit ihrer Produktpalette brauchen sich die Texaner nicht zu verstecken. PowerWave, PowerBase, PowerCenter und PowerTower nennen sich die Baureihen. Der Mac-Einsteiger bekommt in den USA für schlappe 1.500 Dollar bereits ein Apple-Derivat der kräftigen Sorte: PowerPC-Chip mit 180 MHz, 16 MB EDO-RAM, 1,2 GB Platte und eine allgemein anständige Ausstattung. Spitzenmodell ist der mit 225 MHz getaktete PowerTower Pro 225. Das Kraftwerk kostet jenseits des großen Teichs exakt 4995 US-Dollar in der Grundkonfiguration.

Von Umax kommen die beiden Produktreihen Apus und Pulsar. Als Einsteigermodell fungiert der Apus 2000/120, mit 850 MB Platte im Desktop-Gehäuse für einen Verkaufspreis von 2.399 Mark zu haben. Auch Umax bietet den 225 MHz PowerPC-Chip und ein Topmodell mit 240 MHz Taktfrequenz an. Im Tower-Gehäuse und mit in dieser Klasse üblicher Ausstattung schlägt der Pulsar 2250 beim Distributor Pios AG mit 7.998 Mark brutto zu Buche (empfohlener Verkaufspreis).

Umax beliefert Fachhändler direkt und ist bei Distributoren wie PIOS gelistet. Zu näheren Informationen sah man sich nicht in der Lage. Das Thema ist offensichtlich ebenso aktuell wie heikel.

Im Fall von Umax besitzt der Umstand, daß das Unternehmen weltweit Clones vermarktet, tatsächlich eine gewisse Pikanterie. Apple hatte nämlich nur für den Vertrieb in Fernost die Lizenz erteilt. Anschließend kaufte Umax allerdings ein anderes Unternehmen, das weitergehende Lizenzen besaß. Unter den Kompatiblen ist Umax somit einer, an den Apple ursprünglich in dieser Form nicht gedacht hatte. Zudem ist Umax als OEM-Lieferant aktiv. Das Innenleben der Storm-Rechner stammt bislang von den Taiwanern, wobei allerdings die Konfigurationen nicht identisch sind. Storm beginnt seine Produktpalette mit dem Mercury 180 D, einem Desktop mit 603e Chip (180 MHz) zum Verkaufspreis von knapp über 3.000 Mark. Surge 2250 nennt sich das Topmodell, ein Tower mit besagtem 225 MHz Chip zum VK von 6.390 Mark. Die Mac-Cloner aus Ottensoos können für ihre Rechner ein Argument ins Feld führen, das insbesondere gewerbliche Anwender gern hören werden: Alle Modelle des Herstellers kommen mit vier Jahren Vor-Ort-Garantie ins Haus. Wie sich Storm den Vertrieb seiner Rechner vorstellt, siehe Interview mit Geschäftsführer Ingmar Kruse entnehmen. Unter den bekannten Clone-Anbietern gibt sich Motorola betont unauffällig. Auf die Frage zum zukünftigen Vertrieb in Deutschland war lediglich klar zu hören, daß "wir keine eigenen Shops aufmachen". Wer heute schon etwas über die kompatible Palette des Giganten wissen möchte, kann sich über dessen amerikanische Web-Vertretung (http://www.mot.com) ausführlich schlau machen. Nach Auskunft von Motorola-Deutschland wird das hierzulande wohl im nächsten Jahr in den Vertrieb gehende Angebot dem amerikanischen entsprechen. Original oder Clone oder Wintel, Direktvertrieb oder Fachhandelskonzept, big point oder Flop - die nahe Zukunft der Macs mit und ohne Apfel dürfte auf jeden Fall eine bewegte sein. Mal sehen, was vom Bewußtsein der "Macianer" übrigbleibt, den "besseren Computer" zu nutzen. Den Vertretern der reinen Lehre, für die jeder Mac ein Apple sein muß, können wir zum Trost eine WWW-Auflistung berühmter User des Originals ans Herz legen. Unter http://www.devworld.apple.com/dev/du.shtml finden sich der Schriftsteller Michael Crichton neben Pop-Größe Madonna, die Schauspielerin Sharon Stone und sogar Bill Gates.

Die Autoren Frank Gotta und Rolf Hoerner sind Inhaber des Redaktionsbüros Doppelpunkt in Karben.

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