Nach wie vor verlieren Unternehmen – auch jene mit innovativen, hochwertigen Produkten – ihre Kunden im After-Sales-Bereich. Der Fokus liegt zu sehr auf dem Produkt und zu wenig auf den Serviceabläufen entlang der Supply-Chain. Die Chancen, durch optimale Serviceangebote die Kundenloyalität zu steigern und Geld zu verdienen, bleiben vielfach ungenutzt. Die Handels-, Service- und Vertriebsorganisation komplett am Kunden auszurichten, ist jedoch ein entscheidender Erfolgsfaktor und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb.
Jeder Kontakt zählt: von Außendienst bis Verpackung
Ob Kunden kaufen, entscheidet sich an den Punkten, an denen sie mit einem Unternehmen in Berührung kommen. Ob sie treu bleiben auch. Jeder Kontakt zählt. Die wertvollste Basis, um die richtigen Serviceleistungen zu identifizieren, sind die Kundenbeziehungen und Kundenkontakte. Egal, ob ein Kunde beim Außendienst, im Service-Center oder beim Kundendienst anruft, ob er im eKatalog bestellt, ein Kontaktformular ausfüllt oder eine Mail schreibt, sein Anliegen muss an den richtigen Stellen die richtigen Handlungen auslösen, die zu den Kundenleitlinien des Unternehmens passen.
Am Kundenleitbild orientiert sich alles Handeln im Unternehmen. Es ist der Treiber für die Kontaktpunkte, begründet die Prozesse und setzt die Standards im Umgang mit Kunden. Aus ihm ergeben sich die Regieanweisungen an die Mitarbeiter. Das Kundenleitbild ist die Basis der Service-Kultur. Eine Kundenkontaktpunkt-Analyse kann helfen ein Kundenleitbild zu entwickeln.
Kundencenter, Auslieferung, Kundendienst, Rechnungswesen, Homepage, Webshop: Selbst die Verpackung sollte zum Leitbild passen und prägt als wichtiger Kontaktpunkt den Gesamteindruck. Wer aus den Kundenbeziehungen und den Erfahrung lernt, die Kunden mit dem Unternehmen machen, kann neue Potenziale identifizieren. Der Service spielt hierbei in Zukunft eine zentrale Rolle!
Geschäftskunden ticken anders als Privatkunden
Dabei verhalten sich Geschäftskunden anders als Privatkunden. Sie nutzen die Produkte, die sie einkaufen, selten selbst. Dafür erwarten sie, dass die eingekaufte Leistung zu optimalem Preis und Aufwand ihr Unternehmen in die Lage versetzt, gute Ergebnisse zu erzielen und ihre Kunden nachhaltig zufrieden zu stellen. An den Berührungspunkten zum Lieferanten haben Entscheider, Beeinflusser, Informationssammler und Nutzer unterschiedliche Bedürfnisse und tauschen sich über ihre Erfahrungen intern auch aus (Lieferantenbewertung). Diese unterschiedlichen Erwartungen der verschiedenen Adressaten müssen in die Analyse der Kontaktpunkte im B-to-B-Sektor einfließen.
Wie gut ist unser Service wirklich und wie zufrieden sind unsere Kunden? Eine Kontaktpunkt-Analyse umfasst immer die gesamte Servicekette. Schließlich erlebt der Kunde die Unternehmensleistung als Ganzes. Ziel der Analyse ist, Kundenzufriedenheit und Loyalität durch gezielte, miteinander verzahnte Maßnehmen entlang der einzelnen Touchpoints zu optimieren.
Diese Kleinigkeiten können Kunden oft stören:
Anfragen werden spät oder gar nicht beantwortet
Rückrufe erfolgen nicht zeitnah / nicht am gleichen Tag
Kunden müssen auf zugesagte Informationen und Angebote lange warten
versandte Informationen werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten
Kunden erhalten ungenaue Lieferauskünfte
über Verzögerungen wir nicht proaktiv informiert
wer anruft, landet in der Warteschleife
die Erreichbarkeiten passen nicht zu den Geschäftszeiten der Kunden
Außen-, Kundendienst, Buchhaltung, Innendienst sind schlecht erreichbar
bei Anfragen werden Kunden zwischen den Abteilungen "herumgereicht"
der Rechnungsaufbau ist unklar, das Format passt nicht zum elektronischen Verarbeitungsprozess des Kunden
Reklamationen werden nicht zeitnah bearbeitet, Kunden erhalten keinen Zwischenstand
Meist werden nur Teilbereiche der Servicekette untersucht. Doch auch nachgelagerte Kontaktpunkte wie die Logistik (passen Servicelevel und Erscheinungsbild der beauftragten Spedition zum Portfolio, sind die Lieferinformationen eindeutig?) oder die Rechnungsstellung (sind alle Rechnungsposten nachvollziehbar?) beeinflussen das Kundenerlebnis und werden von Geschäftskunden auch so bewertet.
Kundenkontakte: Basis für Wachstum und Profitabilität
Unternehmen sollten Kundenerfahrungen regelmäßig erfassen. Rückschlüsse aus vorhandenen, alten Analysen reichen für eine aktuelle Bewertung nicht aus. Kundenkontakte sind eine Goldmine - aus ihnen lassen sich Qualitäts- und Produktverbesserungen ableiten und neue Angebotsvarianten identifizieren. So wird die Vielzahl an Kontakten, die Unternehmen zu ihren Kunden haben, zur Basis für künftige Wachstumsimpulse. Womit erreichen wir die höchste Weiterempfehlungsrate? Womit haben wir bei unseren Kunden den größten Erfolg? Diese Fragen gilt es immer wieder zu beantworten.
In dieses Innovations-Scouting sollten alle Mitarbeiter im Kundenkontakt einbezogen werden und bei jedem Kontakt auf Optimierungspotentiale achten. Das Ziel: "Das, was Kunden fordern, und was wir heute noch nicht leisten, wollen wir künftig anbieten."
Attraktive Serviceleistungen sind wichtige Unterscheidungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb und garantieren profitable Zusatzgeschäfte. Erfolgreiche Beispiele sind:
Lagermanagement mit Bestückungsservice für Industriekunden
Finanzierungsangebote für den Geschäftsaufbau kombiniert mit Lieferverpflichtungen
Training und Weiterbildung von Kunden (Technik/Verkaufsakademien)
Vertriebspartnerschaften ("Alles aus einer Hand")
umfassende Problemlösung (Systemintegration)
Leasing, Objektplanung, Beratung
Marketingleistungen und Verkaufs-Promotionen für Handelspartner
Verkaufsunterstützung gegenüber Endkunden (Terminvereinbarungen, Betreuung im After-Sales)
Gebrauchtmaschinen-Vertrieb und -Wartung
Wartungsservices und Logistikdienstleistungen
Kontaktpunkt-Analyse: So gehen Sie vor
Bei einer Kundenkontaktpunkt-Analyse werden alle Kontaktpunkte chronologisch und abteilungsübergreifend aufgelistet. Die Grundfrage lautet: Wie gut sind wir an den Berührungspunkten aus Sicht unserer Kunden? Und wie gut sollten wir aus ihrer Sicht dort sein?
Status Quo
Wann, wo und wie nehmen Kunden mit uns Kontakt auf?
Wie unterscheiden sich hierbei die verschiedenen Kundengruppen/Ansprechpartner?
Welche Anliegen haben sie an welchem Kontaktpunkt? Warum nehmen sie Kontakt auf?
Was erleben Kunden an den Kontaktpunkten heute? (Kundenbefragung!)
Welche Service-Leistungen bieten wir aktuell in jeder Stufe?
Erwartungen
Welche Erwartungen haben Kunden in der jeweiligen Kontaktstufe? (Kundenbefragung!)
Mit welchen Maßnahmen lassen sich die Kundenerwartungen erfüllen/überbieten?
Welche Maßnahmen betreffen welche Abteilungen und Kontaktkanäle?
Welche neuen Service Standards/Levels definieren wir für welchen Kontaktkanal?
Ausblick
Welche weiteren Service-Erlebnisse können unseren Kunden das Leben erleichtern?
Was tun Kunden in den drei bis fünf Minuten vor und nach der Kontaktaufnahme und wie können wir sie dabei unterstützen?
Was könnte für sie darüber hinaus hilfreich und attraktiv sein? (Befragung!)
Entscheidend für die Kundenzufriedenheit ist eine eindeutige und verlässliche Kommunikation. Kunden, die zutreffende Lieferinformationen erhalten, die alle Rechnungs- und Angebotsposten verstehen, die sich auf zugesagte Termine verlassen können, rechtzeitig über Änderungen informiert werden, die auf Rückfragen umgehend Antwort erhalten, haben kaum Grund zur Beanstandung.
Auch ein effektives Schriftlichkeits-Management ist wichtig. Das bedeutet: Was passiert mit Anfragen per E-Mail, über Web-Kontaktformulare, Anfragen, die beim Außendienst eingehen oder die beim Innendienst auflaufen? Auch hierfür brauchen Unternehmen festgelegte Prozesse, die genau definieren, wer für welche Anfragenart verantwortlich ist und bis wann eine Rückmeldung/Lösung für den Kunden erfolgen sollte (Definition Service Level).
Greifen alle Maßnahmen ineinander und überzeugt die Servicekette als Ganzes, entsteht eine konsistente und nachhaltige Kundenwahrnehmung und damit die Basis für ein dauerhaftes und profitables Wachstum.