Michael Dressen, Tech Data

"Jeder verkauft an jeden"

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.

Avnet-Integration schreitet voran

Zurück zu den Fortschritten bei der Integration von Technology Solutions. Haben Sie denn nach der Bekanntgabe der Übernahme im September 2016 nicht schon etwas mehr vorbereiten können?

Dressen: Nur sehr wenig, da unterliegen wir starken Einschränkungen seitens der Behörden, weil beide Unternehmen an der Börse gelistet sind. So war beispielsweise der Datenaustausch zwischen beiden Organisationen extrem restriktiv. Ich hätte mir da schon mehr Austausch gewünscht. Man hat natürlich schon vorher darüber gesprochen, wer in Zukunft was macht. So war es beispielsweise für uns schon vorher klar, dass Barbara Koch Azlan TS in Deutschland führen würde. Mehr haben wir leider nicht machen können. Mit der Abgleichung de Händler haben wir erst Ende Februar 2017 beginnen dürfen.

Können wir nach der Übernahme von Azlan Tech Data noch überhaupt als Broadline-Distributor bezeichnen?

Dressen: Wir waren schon vor dieser Akquisition kein reiner Broadliner sondern mit vielen Facetten ausgestattet. Neben dem Broadline-Business betreiben wir schon seit längerem erfolgreich unser Value-Add-Geschäft. Darüber hinaus sind wir auch im Mobile-Segment, im CAD- und Design- sowie im AV-Markt tätig. Hinzu kommen unsere Cloud- und IoT-Aktivitäten. Insofern finde ich die Bezeichnung "Broadliner" etwas irreführend.

Welchen Anteil an ihrem Geschäft nimmt noch das Broadline-Business ein?

Dressen: Deutlich weniger als die Hälfte.

Und welche Broadliner gibt es noch in Deutschland?

Dressen: Ich denke zwei: Also und Ingram Micro.

Und wie positioniert sich nun Tech Data in diesem Umfeld?

Dressen: Im Broadline-Bereich sehe ich Also Ingram Micro als unsere Wettbewerber, im Value-Umfeld gibt es eine ganze Reihe von VADs, speziell im Bereich Security, in den wir noch investieren wollen.

Bei den Security-VADs gab es in der jüngsten Vergangenheit viele Akquisitionen …..

Dressen: Die gesamte IT-Industrie konsolidiert weiter, da sie nun einen gewissen Reifegrad erreicht hat. Das war auch für uns der Grund, Avnet zu übernehmen. Die Fusionen auf der Herstellerseite gehen mit großen Schritten voran, das Beispiel Dell-EMC belegt es eindeutig.

Weitere Fusionen und Akquisitionen werden folgen, die Anzahl von Herstellern und Distributoren wird schrumpfen. Der Markt, in dem wir vor 30 Jahren groß geworden sind - Broadline-Distribution, PCs und Server, Drucker und Supplies - dieser traditionelle IT-Markt wächst nicht mehr. Das ist auch der Grund dafür, weshalb viele der in diesem Markt agierenden Hersteller vor großen Herausforderungen stehen, fusionieren oder verkaufen - genauso in der Distribution.

Das Ziel lautet nun nicht, sich Marktanteile einzuverleiben und größer zu werden, sondern in neue Märkte vorzustoßen. Für uns ist das eindeutig der High-Value- und Service-Bereich, dort sind Themen wie IoT, Cloud und Analytics verortet.

Also hat sich - soweit ich das verstanden habe - für Volumengeschäft und Logistikdienste entschieden. Wir wollen uns da breiter aufstellen - mit Lösungen vom Wohnzimmer bis zum Data Center.

Ich darf da mal kurz nachhaken, ist es nicht so, dass das Server-Geschäft immer stärker an der Distribution vorbeiläuft?

Dressen: Ja, wenn die großen Rechenzentrumsbetreiber mehrere Tausende neue Server ordern, dann tun sie das direkt bei den Herstellern.

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Und es gibt auch Wachstumsfelder bei den Clients, Stichwort Microsoft Surface.

Dressen: Ja, natürlich, auch bei den Clients gibt es Wachstum, aber immer auf Kosten von schrumpfenden Segmenten. Hier verlassen Hersteller bestimmten Märkte, wie zum Beispiel die Aufgabe der Notebookherstellung von Samsung. Dieser Trend wird sich fortsetzen, insgesamt wächst auch der Client-Markt nicht mehr.

Deswegen ist man als Distributor gut beraten, nicht mehr auf diese alten IT-Märkte als Wachstumsmotor zu setzen. Diese machen heute noch einen Großteil unseres Business aus, aber sie besitzen kein Wachstumspotential und das bei geringen Margen. Deswegen ist es wichtig, in neue Bereiche zu investieren.

Viele Hersteller, auch die aus der "alten IT", wollen möglichst global gültige Distributionsabkommen abschließen. Befeuert das die "Fusionitis" unter den Distributoren nicht noch zusätzlich?

Dressen: Ja, diese Tendenz gibt es. Hersteller wollen mit weniger aber dafür schlagkräftigeren Partnern zusammenarbeiten. Deswegen ist es gut, dass wir nun weltweit aufgestellt sind, wobei wir in Asien sicherlich noch wachsen können. Wir müssen schließlich auch global agierende Kunden bedienen, da ist es von Vorteil, selbst global aufgestellt zu sein. Und das nicht nur virtuell, wie das manche versuchen (Also, Anm. d. Red.), sondern wirklich physisch vor Ort präsent zu sein.

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