Beim Stichwort "Inkasso" wird so mancher spontan an das aus Film und Fernsehen bekannte Bild des Lederjacke tragenden Finsterlings denken, der sich drohend vor der Haustür des Schuldners aufbaut und vehement auf Zahlung der offenen Forderungen pocht. Mit der Realität hat dieses Klischee –zumindest in der Regel – wenig gemein. Denn tatsächlich sind die Inkassounternehmen an strenge gesetzliche Vorgaben gebunden. Die Arag-Experten informieren über das, was Inkassofirmen dürfen und was nicht erlaubt ist.
Inkasso ist eine Rechtsdienstleistung
Laut Rechtsdienstleistungsgesetz (kurz: RDG) ist die gewerbsmäßige Inkassotätigkeit eine sogenannte Rechtsdienstleistung – egal, ob das Inkassobüro fremde Forderungen seiner Kunden einzieht oder vom Gläubiger abgetretene Forderungen auf fremde Rechnung oder im eigenen Interesse geltend macht. Rechtsdienstleistungen aber hat der Gesetzgeber im RDG an strenge Auflagen geknüpft: Wer als Inkassodienstleister tätig werden will, muss zunächst einmal einen Antrag auf Registrierung beim örtlich zuständigen Amts- oder Landgericht stellen. Dabei muss nicht nur die theoretische und praktische Sachkunde in den relevanten Rechtsgebieten – unter anderem im Bürgerlichen Recht, Handelsrecht und Zivilprozessrecht – nachgewiesen werden. Auch wer einschlägig vorbestraft ist oder selbst in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt, darf keine Inkassodienstleistungen anbieten.
Praxistipp: Register einsehen
Gibt die Behörde dem Antrag statt, wird die Registrierung im Rechtsdienstleistungsregister bekannt gemacht. Dieses Register ist unter www.rechtsdienstleistungsregister.de für jeden unentgeltlich einsehbar. Haben Sie Post vom Inkassobüro bekommen, können Sie sich hier also zunächst vergewissern, ob Sie es mit einem seriösen Dienstleister zu tun haben. Das lohnt auch deshalb, weil im Register auch diejenigen Anbieter bekannt gemacht werden, denen die Erbringung von Inkassodienstleistungen bestandskräftig untersagt wurde!
Was darf das Inkassobüro?
Seriöse Inkassounternehmen, die vom Gläubiger beauftragt wurden, eine fällige Forderung beizutreiben, werden den Schuldner im ersten Schritt telefonisch oder schriftlich zur Zahlung auffordern. Dabei ist das Inkassobüro auch berechtigt, den Schuldner auf die möglichen rechtlichen Folgen seines Zahlungsverzugs – gerichtliche Durchsetzung der Forderung und anschließende Zwangsvollstreckung – hinzuweisen. In diesem Zusammenhang soll übrigens ein neues Gesetz, das voraussichtlich zum 1. November 2014 in Kraft tritt, in Zukunft für mehr Transparenz sorgen und es den "schwarzen Schafen" auf dem Markt schwer machen: Die Unternehmen müssen dann im Inkassoschreiben detailliert angeben, wer ihr Auftraggeber ist, woraus sich die Forderung ergibt und wie die Inkassokosten berechnet werden.
Erkennt der Schuldner die Forderung grundsätzlich als berechtigt an, ist aber momentan nicht zahlungsfähig, kann das Inkassobüro unter Umständen eine Stundungs- oder Ratenzahlungsvereinbarung mit ihm aushandeln. Die Abwicklung dieser Vereinbarung ist dann in der Regel gleichfalls Sache der Inkassofirma. Hilft das alles nichts, kann sie bei entsprechendem Auftrag des Gläubigers ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Ergeht an dessen Ende ein rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid, kann daraus mit Hilfe des Gerichtsvollziehers beim Schuldner gepfändet werden.
Keine rechtswidrigen Methoden
Auch wer Forderungen eintreibt, muss sich dabei an Recht und Gesetz halten! Unzulässig sind deshalb zunächst all diejenigen Praktiken, die schon für sich genommen einen Straftatbestand erfüllen. Darunter fällt selbstverständlich jede Form von Nötigung oder Zwang, so etwa durch die Drohung mit einer Strafanzeige. Auch nächtliche Anrufe oder das Befragen von Nachbarn sind tabu. Genauso wenig darf der Mitarbeiter der Inkassofirma – anders als ein Gerichtsvollzieher – einfach die Wohnung oder das Grundstück des Schuldners betreten, denn das wäre ein strafbarer Hausfriedensbruch.
Gerade die "schwarzen Schafe" der Branche nutzen gerne auch die Angst vor einem negativen Schufa-Eintrag, um den Schuldner zur Zahlung zu bewegen. Was viele nicht wissen: Nicht jede vermeintliche Forderung darf einfach der Schufa gemeldet werden. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) setzt hier nämlich klare Grenzen: Nach § 28a dürfen nur Forderungen gemeldet werden, die entweder durch ein Gericht rechtskräftig festgestellt, ausdrücklich durch den Schuldner anerkannt oder trotz zweifacher Mahnung nicht bestritten wurden oder die zur außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses durch den Gläubiger berechtigen. Wer sich mit solch rechtswidrigen Praktiken einer Inkassofirma konfrontiert sieht, sollte das dem zuständigen Amts- oder Landgericht melden. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, Strafanzeige gegen die Inkassofirma zu erstatten.
Quelle: www.arag.de
- Inkassounternehmen als Partner an die Seite holen
Inkassounternehmen beraten Unternehmer auch schon im Vorfeld gern und kompetent. Es muss nicht erst aus einem Kunden ein Schuldner geworden sein, bevor man die Dienste eines Inkassounternehmens in Anspruch nehmen kann. Die umfassende Beratung durch ein Inkassounternehmen kann helfen, das Forderungsausfallrisiko zu verringern und/oder die Buchhaltung, das Forderungsmanagement zu optimieren. - Keinen Alleingang starten
Ist es trotz aller Mühe und Vorsicht nicht gelungen, außergerichtlich an das ausstehende Geld zu kommen, bleibt der Weg zum Gericht. Ein Alleingang kann hierbei allerdings zu kostspieligen Fehlern führen. Spätestens beim Gang durch den "Gesetzesdschungel" sollte man sich einen Fachmann an die Seite holen. Qualifizierte Ansprechpartner sind da Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte. - Kompetente Hilfe holen
Damit der Forderungseinzug nicht zur "Schwerstarbeit" wird, sollte man sich Hilfe vom Fachmann holen. In der Regel hat der Schuldner die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen, als Verzugsschaden zu tragen. Dass Inkassokosten grundsätzlich als Verzugsschaden vom Schuldner zu ersetzen sind, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich herausgestellt. - Forderungen verzinsen lassen
Ab Beginn des Zahlungsverzuges können Zinsen auf die Forderung verlangt werden. Der flexible Basiszinssatz, der von der Europäischen Zentralbank in Abständen neu festgelegt wird, gilt dafür als Richtwert. Der Verbraucher hat bei Verzug einen Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem flexiblen Basiszinssatz zu entrichten, der von einem Unternehmer zu entrichtende Zinssatz beträgt sogar acht Prozentpunkte. - Unbedingt Mahngebühren verlangen
Bei Zahlungsverzug werden in der Regel von den Gerichten pro Mahnung 5,- Euro anerkannt. Sie dürfen mit der zweiten Mahnung erhoben werden. Ist der Kunde aber schon vor der ersten ausgehenden Mahnung in Verzug, dürfen jetzt schon Gebühren verlangt werden. - Den Kunden in Zahlungsverzug setzen
Das heißt: Der Zahlungsverzug tritt spätestens mit dem Zugang der ersten Mahnung nach Fälligkeit ein. Wenn der Schuldner Unternehmer ist, kommt er aber auf jeden Fall (lt. § 286 Abs. 3 BGB) automatisch 30 Tage nach Zugang und Fälligkeit der Rechnung in Zahlungsverzug. Zahlungsverzug ist eine Voraussetzung, um beim Kunden Ersatz für Verzugsschaden geltend machen zu können. - Sofort handeln, sobald eine Kundenrechnung fällig ist
Den Kunden sollte man in höflichem, bestimmtem, aber unmissverständlichem Ton zur Zahlung auffordern. Kaufmännisch üblich sind hierbei im Abstand von sieben bis zehn Tagen zwei bis drei schriftliche Zahlungsaufforderungen. Dabei sollte die eindeutig definierte Zahlungsfrist "Zahlung bis zum …. bei uns eingehend" Bestandteil der letzten Mahnung sein. - Lieferschein unterzeichnen lassen
Ein unterzeichneter Lieferschein sowie die schriftliche Bestätigung des Auftraggebers nach Beendigung des Auftrages, dass alle Arbeiten zu seiner Zufriedenheit erledigt wurden, gehören zwingend mit zur Vertragsdokumentation. Bedingung für die Fälligkeit der Rechnung ist gerade bei Handwerksleistungen deren "Abnahme" durch den Kunden. - Vorabversand der Rechnung per Fax oder E-Mail
Bevor die Rechnung per Post an den Kunden geschickt wird, sendet man sie ihm am sichersten auch auf elektronischem Wege zu. Sollte der Kunde nämlich ggf. behaupten, er habe keine Rechnung bekommen, ist man als Unternehmer in der Beweispflicht, dies mit Fakten zu widerlegen. Auch eine Rechnungszustellung per Einschreiben kann u. U. sinnvoll sein. - Sofortige Rechnungsstellung
Sobald die Lieferung oder Leistung erbracht wurde, sollte man dem Kunden die Rechnung mit konkretem Zahlungsziel, also einem genauen Datum wie "zahlbar bis zum xx.yy.20zz" stellen. Das vermeidet Missverständnisse und lässt keinen Raum für Interpretationen über vielleicht "branchenübliche Zahlungsziele". - Eigene Geschäftsbedingungen mit einbeziehen
Eigene Geschäftsbedingungen sind ein MUSS für jeden Unternehmer. Diese sollten unbedingt Regelungen über den normalen und verlängerten Eigentumsvorbehalt enthalten (Formulierungen, die bei späterer Kundeninsolvenz bares Geld wert sein können). Sowohl im Angebot als auch in der Auftragsbestätigung sollte der Hinweis nicht fehlen, dass die Leistung oder Lieferung auf Basis "beigefügter" Geschäftsbedingungen erbracht wird. - Alle Schritte schriftlich festhalten
Alten Zeiten, wo ein Handschlag noch galt, hinterherzutrauern ist heute leider müßig. Von der Erstellung des Angebots über die Bestellung/Auftragserteilung sowie deren Bestätigung! bis hin zur Rechnung und Mahnungen sollte alles schriftlich festgehalten werden.