Zurück aus dem Urlaub lauert ein unangenehmer Brief im Postkasten: Das Schreiben eines Inkassobüros fordert den Empfänger auf, eine offene Rechnung zu begleichen. Fast jeder hat schon mal so einen Brief, gespickt mit Gebühren und Verzugszinsen, erhalten.
Ärgerlich. Zumal nicht jedes Inkassoschreiben gerechtfertigt ist. Und der Ruf der Geldeintreiber ist angekratzt. Nicht erst, seitdem ein falscher Mausklick Abzocke-Abos im Internet Türen öffnet. Schwarze Schafe treiben mit ungerechtfertigten Drohungen Empfänger in die Zahlungsecke.
In den Briefen ist die Rede von Lohnpfändungen oder dem Besuch des Gerichtsvollziehers, wenn der Säumige nicht bezahlt. Doch die Einschüchterungen sind haltlos. Ein Gerichtsvollzieher klopft nur dann an, wenn er einen gerichtlichen Titel in der Tasche hat. Ein Inkassobüro muss hierzu ein Klageverfahren gewonnen haben beziehungsweise es muss einen Vollstreckungsbescheid erhalten haben. Gleiches gilt für Lohnpfändungen.
Wer unsicher ist und klären will, ob der Absender des Briefs seriös und der geforderte Inhalt vor allem gerechtfertigt ist, dem hilft ein Blick auf den Briefkopf. "Dort steht die Zulassung des Inkassounternehmens", sagt Tilman Renz, Wirtschaftsprüfer bei Binder, Hillebrecht & Partner (BHP) in Stuttgart. Eine solche Zulassung erteilt das zuständige Amts- oder Landgericht. Auch im Netz unter www.rechtsdienstleistungsregister.de kann sie jeder überprüfen.
Helfen kann ebenso der Bundesverband der Deutschen Inkasso-Unternehmen (BDIU) mit Sitz in Berlin, bei dem 560 der rund 750 deutschen Inkassounternehmen Mitglied sind. Auch die Verbraucherzentralen geben Auskunft zu Inkassobriefen. Grundsätzlich gilt: "Ohne gültige Zulassung darf nicht kassiert werden", bestätigt Renz. Das Problem ist allerdings: Ist diese erst einmal erteilt, wird sie so schnell nicht wieder entzogen.
- Inkassounternehmen als Partner an die Seite holen
Inkassounternehmen beraten Unternehmer auch schon im Vorfeld gern und kompetent. Es muss nicht erst aus einem Kunden ein Schuldner geworden sein, bevor man die Dienste eines Inkassounternehmens in Anspruch nehmen kann. Die umfassende Beratung durch ein Inkassounternehmen kann helfen, das Forderungsausfallrisiko zu verringern und/oder die Buchhaltung, das Forderungsmanagement zu optimieren. - Keinen Alleingang starten
Ist es trotz aller Mühe und Vorsicht nicht gelungen, außergerichtlich an das ausstehende Geld zu kommen, bleibt der Weg zum Gericht. Ein Alleingang kann hierbei allerdings zu kostspieligen Fehlern führen. Spätestens beim Gang durch den "Gesetzesdschungel" sollte man sich einen Fachmann an die Seite holen. Qualifizierte Ansprechpartner sind da Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte. - Kompetente Hilfe holen
Damit der Forderungseinzug nicht zur "Schwerstarbeit" wird, sollte man sich Hilfe vom Fachmann holen. In der Regel hat der Schuldner die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen, als Verzugsschaden zu tragen. Dass Inkassokosten grundsätzlich als Verzugsschaden vom Schuldner zu ersetzen sind, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich herausgestellt. - Forderungen verzinsen lassen
Ab Beginn des Zahlungsverzuges können Zinsen auf die Forderung verlangt werden. Der flexible Basiszinssatz, der von der Europäischen Zentralbank in Abständen neu festgelegt wird, gilt dafür als Richtwert. Der Verbraucher hat bei Verzug einen Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem flexiblen Basiszinssatz zu entrichten, der von einem Unternehmer zu entrichtende Zinssatz beträgt sogar acht Prozentpunkte. - Unbedingt Mahngebühren verlangen
Bei Zahlungsverzug werden in der Regel von den Gerichten pro Mahnung 5,- Euro anerkannt. Sie dürfen mit der zweiten Mahnung erhoben werden. Ist der Kunde aber schon vor der ersten ausgehenden Mahnung in Verzug, dürfen jetzt schon Gebühren verlangt werden. - Den Kunden in Zahlungsverzug setzen
Das heißt: Der Zahlungsverzug tritt spätestens mit dem Zugang der ersten Mahnung nach Fälligkeit ein. Wenn der Schuldner Unternehmer ist, kommt er aber auf jeden Fall (lt. § 286 Abs. 3 BGB) automatisch 30 Tage nach Zugang und Fälligkeit der Rechnung in Zahlungsverzug. Zahlungsverzug ist eine Voraussetzung, um beim Kunden Ersatz für Verzugsschaden geltend machen zu können. - Sofort handeln, sobald eine Kundenrechnung fällig ist
Den Kunden sollte man in höflichem, bestimmtem, aber unmissverständlichem Ton zur Zahlung auffordern. Kaufmännisch üblich sind hierbei im Abstand von sieben bis zehn Tagen zwei bis drei schriftliche Zahlungsaufforderungen. Dabei sollte die eindeutig definierte Zahlungsfrist "Zahlung bis zum …. bei uns eingehend" Bestandteil der letzten Mahnung sein. - Lieferschein unterzeichnen lassen
Ein unterzeichneter Lieferschein sowie die schriftliche Bestätigung des Auftraggebers nach Beendigung des Auftrages, dass alle Arbeiten zu seiner Zufriedenheit erledigt wurden, gehören zwingend mit zur Vertragsdokumentation. Bedingung für die Fälligkeit der Rechnung ist gerade bei Handwerksleistungen deren "Abnahme" durch den Kunden. - Vorabversand der Rechnung per Fax oder E-Mail
Bevor die Rechnung per Post an den Kunden geschickt wird, sendet man sie ihm am sichersten auch auf elektronischem Wege zu. Sollte der Kunde nämlich ggf. behaupten, er habe keine Rechnung bekommen, ist man als Unternehmer in der Beweispflicht, dies mit Fakten zu widerlegen. Auch eine Rechnungszustellung per Einschreiben kann u. U. sinnvoll sein. - Sofortige Rechnungsstellung
Sobald die Lieferung oder Leistung erbracht wurde, sollte man dem Kunden die Rechnung mit konkretem Zahlungsziel, also einem genauen Datum wie "zahlbar bis zum xx.yy.20zz" stellen. Das vermeidet Missverständnisse und lässt keinen Raum für Interpretationen über vielleicht "branchenübliche Zahlungsziele". - Eigene Geschäftsbedingungen mit einbeziehen
Eigene Geschäftsbedingungen sind ein MUSS für jeden Unternehmer. Diese sollten unbedingt Regelungen über den normalen und verlängerten Eigentumsvorbehalt enthalten (Formulierungen, die bei späterer Kundeninsolvenz bares Geld wert sein können). Sowohl im Angebot als auch in der Auftragsbestätigung sollte der Hinweis nicht fehlen, dass die Leistung oder Lieferung auf Basis "beigefügter" Geschäftsbedingungen erbracht wird. - Alle Schritte schriftlich festhalten
Alten Zeiten, wo ein Handschlag noch galt, hinterherzutrauern ist heute leider müßig. Von der Erstellung des Angebots über die Bestellung/Auftragserteilung sowie deren Bestätigung! bis hin zur Rechnung und Mahnungen sollte alles schriftlich festgehalten werden.
Tipps für Schuldner und Gläubige
Warum Unternehmen auf die Hilfe der Inkassofirmen angewiesen sind, weiß Tilman Renz. Der Wirtschaftsprüfer erklärt, dass Firmen oft zur Ultima Ratio greifen, weil es ihnen an einem gut organisierten Rechnungs- und Mahnwesen mangelt. Zudem fänden in vielen Fällen keine Bonitätsprüfungen statt.
Stehen Zahlungen aus und bleiben Mahnwellen erfolglos, rät der Steuerberater vor dem Schritt zum Inkasso, erst einmal zum Telefonhörer zu greifen. "Im Gespräch mit dem säumigen Zahler sollte eine Tilgungsvereinbarung getroffen werden", sagt Renz. Gekoppelt mit der Ankündigung, noch ausstehende Lieferungen und Leistungen zu stoppen, hätten Firmen gute Chancen, ihr Geld zu erhalten. Ebenso rät er den Betrieben bereits im Vorfeld Abschlagszahlungen anzufordern.
Wer als Betroffener eine Forderung unbegründet findet, muss ihr schriftlich widersprechen. Und dabei begründen, warum er nicht zahlen will. Stammt die Aufforderung von einem seriösen Inkassobüro, kümmert es sich um den Widerspruch und fordert den Auftraggeber zu einer Stellungnahme auf.
Werden sich beide Seiten nicht einig, kann tatsächlich Post vom Gericht kommen. "Dann gilt es allerdings, innerhalb von 14 Tagen zu reagieren und auf dem beiliegenden Formular Widerspruch beim Gericht einzulegen", verdeutlicht Renz. Damit sei das gerichtliche Mahnverfahren beendet. Inkassounternehmen und Auftraggeber können dann entscheiden, ob sie klagen wollen.
Wer das Schreiben des Gerichts ignoriert, dem droht ein Vollstreckungsbescheid. Diesen kann wiederum nur ein Gericht aufheben. Geschieht dies nicht, drohen zu der zu zahlenden Forderung noch Gerichtskosten.
Übrigens: Damit weniger Verbraucher in Internet-Abofallen stolpern, hat der Gesetzgeber reagiert. Seit 1. August 2012 muss jeder Gewerbetreibende auf kostenpflichtige Online-Angebote mit dem sogenannten Internet-Button ("Button-Lösung") hinweisen. Dieser muss mit Formulierungen wie "Zahlungspflichtig bestellen", "Kaufen", "Einkauf abschließen" oder "Zahlungspflichtigen Vertrag abschließen" versehen sein, erläutert Rechtsanwalt Christoph Traub ebenfalls von BHP.
Wenn eine Firma einfach "Bestellen", "Anmeldung" oder "Weiter" auf seine Buttons schreibt, reicht das nicht aus. Ein Kaufvertrag ist dann nicht gültig, sofern der Shop von Deutschland aus betrieben wird. (tö)
- Skrill befragte 1.001 Personen zu ihrem Umgang mit Geld
- 23% der Deutschen glauben an das Ende des Bargelds 2030.
- Männer brauchen mehr Geld als Frauen.
- Die Schwaben geben das meiste Geld aus,
- Beiträge bis zu 10€ würde die Mehrheit via Smartphone bezahlen
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