Im Osten nichts Neues

17.06.1999

TAIPEH: "Die Bedeutung der Computex als drittwichtigste Computermesse der Welt liegt nicht so sehr in der Innovation als vielmehr in der Umsetzung von anderswo gemachten Entwicklungen in kommerzialisierbare Produkte." David PK Huang, Executive Vice President des Grafiktablettherstellers Wintime brachte es auf den Punkt. Auf der Messe im Taipeher World Trade Center waren auch dieses Jahr keine wirklichen Neuheiten zu sehen.Mitte der 90er Jahre war die Computex noch kaum von den Multimedia-Hallen der Cebit zu unterscheiden. Da krachte und wummerte es aus allen Ecken. Angenehm still ging es dagegen auf der diesjährigen Auflage der größten Computermesse Asiens zu. Beim Rundgang durch die Haupthalle, die in der Grundfläche allemal so groß ist wie zwei Hallen der Cebit in Hannover, überraschte, daß manche Lautsprecher-hersteller noch nicht mal eine Box angeschaltet hatten.

Mit über 910 Ausstellern platzte das World Trade Center aus allen Nähten. Schon müssen viele auf das nahegelegene Grand Hyatt und das TICC im Nebengebäude ausweichen. Wie die Taipei Computer Association (TCA), neben dem Chinesischen Außenhandelsrat (CETRA) Mitorganisator, ankündigte, soll in den nächsten zwei Jahren ein weiteres Gebäude zur Verfügung stehen.

Laut TCA waren nach 16.000 ausländischen Einkäufern in diesem Jahr rund zehn Prozent mehr erwartet worden. Offiziell hieß es jedoch nach den ersten zwei Tagen, daß die Zahl der ausländischen Einkäufer von knapp 8.200 auf über 10.230 angestiegen sei. Tatsächlich waren auf der diesjährigen Computex weniger europäische Gesichter zu sehen als noch vor drei Jahren. Das hat sicherlich mehrere Gründe. Einmal waren auf der Taipeher Computermesse damals noch neben den vielen Taiwanern alle Branchengrößen wie Microsoft, Epson, Canon und IBM vertreten, während es diesmal hauptsächlich eine Taiwan-Show war. Andererseits haben viele taiwanische Hersteller mittlerweile überall auf der Welt Niederlassungen gegründet. Die lange Anreise lohnt sich also vor allem für Einkäufer, die auf der Suche nach weniger bekannten Herstellern und absoluten Niedrigpreisangeboten sind. So etwa Alfred Hammermeister, Geschäftsführer des USB-Spezialisten und Distributoren Twocom: "Die Messe ist für uns wichtig, weil wir den in Deutschland noch nicht so weit entwickelten Markt mit Preisknüllern von unten aufrollen wollen."

Ausstellungsleitung wie Hersteller waren sich einig, daß die hohe Zahl asiatischer Besucher auf eine Gesundung der Wirtschaft in der Region hindeutet. Allein aus Japan sollen 45 Prozent mehr Einkäufer angereist sein. Die Zahl der amerikanischen Besucher ist zwar etwas zurückgegangen, lag dennoch abermals an der Spitze der ausländischen Gäste. An dritter Stelle kamen die Koreaner, gefolgt von Einkäufern aus Hongkong und Deutschland.

PC 133 oder Rambus?

Alles überragend war auf der Taiwan-Messe das Thema, welche Technologie in Zukunft den Mainboardmarkt anführen wird. Während Intel als führender und quasi dikatorisch herrschender Chipanbieter für Rambus plädiert, halten die meisten Boardhersteller den von AMD geförderten Weg, auf 133 MHz Fontside-Bus zu gehen, zumindest für eine elegante Zwischenlösung. Denn wie es aussieht, kommt Intel nicht rechtzeitig in die Gänge, den Rambus mit potentiellen 800 MHz hervorzubringen. Es ist aber allen klar, daß der jetzige 100-MHz-Frontside-Bus bald abgelöst werden muß, wenn die Taktung der Prozessoren weiter so schnell ansteigt. Wenn es nach Intel geht, soll als Nachfolger gleich Rambus einspringen. Die nächste Prozessorgeneration des Chipkrösus, Codename Coppermine, soll schon mit diesem Speicher arbeiten. Motherboards für den Coppermine haben fast alle Hersteller schon in der Schublade liegen - es fehlen aber noch die Rambus-Speicher. Deren Produktion ist schwierig, immer wieder treten Fehlfunktionen bei den ersten Mustern auf, ließen sich die Hersteller auf der Computex entlocken.

Deshalb geben die Hersteller einer Zwischenlösung mit einem Front-side-Bus von 133 MHz den Vorzug. Dafür nötige Speicherbausteine sind bereits erhältlich. Es ist klar, daß Intel darüber nicht glücklich ist. Aus Furcht vor Intel-Sanktionen in der Form von längeren Lieferzeiten hält sich die erste Liga der Mainboardhersteller sehr bedeckt, was ihre Pläne in Richtung PC133 angeht. Manche von ihnen gehen in ihrer Angst vor dem Monopolisten sogar soweit, die Tatsache, daß sie auch PC133-Mainboards produzieren, hinter Begriffen wie "100 Mhz +" zu verbergen. Die kleineren Hersteller scheren sich dagegen weniger um die Empfindlichkeiten Intels, waren sie es doch gewohnt, bei der Vergabe der Chipsätze hinten angestellt zu werden.

Die Slotfrage

Alle sind sich indes einig, daß Slot 1 und BX in der ersten Welt zumindest absolut präferiert werden. Super (Sockel) 7 hat dagegen sein Totenlied schon so oft gehört, daß er es selbst nicht mehr hören mag. Schon Ende 1998 sollte diese Sockelvariante ihr Leben ausgehaucht haben, und so waren selbst Insider von den großen Auftragszahlen überrascht, die nicht nur aus China und anderen Drittweltländern kamen, sondern auch aus Amerika und Europa. So gehen manche der taiwanischen Hersteller davon aus, daß sich Sockel 7 sogar über das Jahr 2000 halten könnte. Hauptmärkte werden natürlich die Drittweltländer sein. Die Lieferschwierigkeiten von AMD und die hohen Kosten des Rambus vor Augen, zweifeln die meisten Taiwaner nicht daran, daß auch Intel dem Markt folgen wird und PC133 als Übergangs- oder längerfristige Lösung akzeptieren wird.

Innovation und Marketing

Im Mittelpunkt des Interesses standen verschiedene Themen. So etwa die Notwendigkeit, von der Hardwarelastigkeit der meisten taiwanischen Hersteller einen Weg zu finden, einen Mehrwert in ihre Produkte zu bringen. Acer-Chef Stan Shi brachte dies auf den Punkt, als er in seiner Keynote den Begriff "Innovalue" als Schlüssel der Zukunftssicherung von Taiwans IT-Industrie aufwarf. Dahinter verbirgt sich für die meisten Taiwaner nicht nur das Credo, mehr in Richtung Forschung und Entwicklung zu tun, sondern auch die Bedeutung des Marketing zu erkennen, ein Thema, das viele im Bad des Erfolgs lange Zeit vernachlässigt haben. FIC hat erkannt, daß die vornehmliche Ausrichtung auf OEM langfristig keine Früchte trägt. (kh)

Wenn die chinesischen Schriftzeichen nicht wären, könnte man meinen, auf der Cebit zu sein.

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