Lotus-Chef erklärt Vulcan
Alistair Rennie, General Manager von Lotus Software, im Gespräch mit COMPUTERWOCHE. Das Interview führte Markus Strehlitz.
COMPUTERWOCHE: Lotus bietet ein großes Portfolio an Collaboration- und Web-2.0-Techniken. Aber Konkurrent Microsoft hat mit SharePoint eine kompakte und anwenderfreundliche Lösung, die viele Grundanforderungen der Unternehmen erfüllt. Wie reagiert Lotus auf den Erfolg von SharePoint und die neue Version 2010?
RENNIE: SharePoint hat ein paar nette Funktionen. Aber es ist hauptsächlich ein Werkzeug, um Teamräume für den Austausch von Dokumenten zu schaffen. Es ist als Content-Repository entstanden. Die heutige Arbeitswelt funktioniert aber immer weniger dokumentenzentriert. Vielmehr dreht sie sich um Personen und deren Kommunikation. Dafür braucht man Web-2.0-Funktionen. Und in diesem Bereich ist etwa unsere Social-Software-Plattform Lotus Connections den Möglichkeiten von SharePoint weit überlegen. Außerdem beträgt der Release-Zyklus von SharePoint zwei bis vier Jahre. Das ist viel zu lange. So kann Microsoft mit der schnellen Entwicklung der Technik nicht mithalten.
COMPUTERWOCHE: Gibt es trotzdem Pläne, die vielfältigen Lotus-Techniken ein bisschen zu vereinheitlichen?
RENNIE: Wir arbeiten daran, Teamräume in Connections einfacher einzubinden und mit Workflow-Funktionen zu integrieren. Dem werden dann noch Features unserer Dokumentenplattform Quickr hinzugefügt. Und diese gesamte Lösung soll sich dann auch intuitiver nutzen lassen.
COMPUTERWOCHE: Große Pläne hat IBM Lotus auch mit seinem Projekt Vulcan, das die verschiedenen Produkte tiefer miteinander integrieren und den Desktop zu einem aktiven Assistenten machen soll. Wie ist hier der Stand der Entwicklung? Wann wird es konkrete Lösungen geben?
RENNIE: Gegen Ende dieses Jahres werden wir erste Services veröffentlichen, auf deren Basis Entwickler entsprechende Lösungen bauen können. Ich denke, auf der nächsten Lotusphere Ende Januar 2011 wird man erste konkrete Beispiele sehen können. Aber wir nehmen uns Zeit, um es richtig zu machen.
COMPUTERWOCHE: Analysten warnen davor, dass Vulcan die Anwender ähnlich irritieren könnte, wie es IBM Lotus mit seinem Workplace-Konzept vor ein paar Jahren getan hat.
RENNIE: Die Gefahr sehe ich nicht. Bei Workplace ging es darum, andere Produkte zu ersetzen - wie zum Beispiel Lotus Domino. Aber bei Vulcan steht Kontinuität im Mittelpunkt. Die E-Mail-Services für Vulcan kommen von Domino. Der Rich Client basiert auf Notes. Der Server für Unified Communications ist Lotus Sametime. Und so weiter. Die Produkte, in die die Anwender investiert haben, sind die Elemente, aus denen sich Vulcan zusammensetzt. Vulcan ist das Rahmenwerk, um diese Techniken miteinander zu verknüpfen.
COMPUTERWOCHE: Vor zwei Jahren gab Lotus die Zusammenarbeit mit SAP bekannt. Doch in der vergangenen Zeit ist es um das Projekt Alloy ziemlich ruhig geworden. Wie weit ist die Kooperation gediehen?
RENNIE: Es läuft gut. Die Idee, Informationen aus dem ERP-System in eine Collaboration-Umgebung einzubinden, war richtig. Aber Unternehmen nehmen nicht ständig ein Update ihrer Standardsoftware vor. Daher braucht es Zeit, bis sich Anwendungen auf Basis von Alloy in den Firmen verbreiten. (ue)