Nein, bescheiden ist das, was Cesare Capobianco, HPs Softwareboss für EMEA, seinen rund 200 Partnern auf den Weg mitgab, nicht. Mit "Wir wollen die Umsätze in den nächsten zwölf Monaten verdoppeln!" machte er in Maltas Hauptstadt Valletta unmissverständlich klar, dass HP den Verkauf seiner Systemmanagement-Software "Openview" sowie der Telko-Lösung "Opencall" bei Partnern nicht als Nebenbeschäftigung angesiedelt haben will.
Zwar versuchte sein HP-Kollege Michael Bückle, immerhin weltweiter Software-Field-Marketingchef, dieser Aussage ein wenig die Vollzugsgeschwindigkeit zu nehmen: Die Umsatzverdoppelung solle erst bis Ende des Geschäftsjahres 2003/04 (Ende Oktober) stattgefunden habe.
Doch auch er ließ daran keinen Zweifel aufkommen, dass die Softwareabteilung HPs derzeit Oberwasser spürt und darauf baut, dass sie demnächst in mehr Unternehmen als bisher vertreten sein wird.
Die Zeiten, als seine Systemmanagement-Software "Openview" allein als ebenso unvermeidliches wie zähneknirschend in Kauf genommenes Verwaltungswerkzeug für Client-Unix-Server-Netze ab zwei- bis dreitausend Arbeitsplätzen installiert wurde, sind nach Ansicht HPs vorbei.
Jetzt geht die Softwareabteilung, beflügelt von der aktuell zentralen Frage nach den wirklichen, ökonomischen Geschäftsvorteilen ihres Portfolios auch Unix-Netze ab 500 Arbeitplätze an.
Und wer angesichts des Vormarsches von Windows-NT-, 2000- und jetzt wohl 2003-Servern schon dabei war, "Openview" in die weniger bedeutsame Unix- beziehungsweise Client-Server-Nische zu drängen, sieht sich des Gegenteils belehrt. Auch im Management von Windows-Plattformen ab 20 Servern hat sich HP ehrgeizige Ziele gesetzt: Es wolle binnen der nächsten 18 Monate neben IBM, CA und Microsoft Marktführer werden, erfuhren die von der Botschaft keineswegs erstaunten Partner.
Die 2-Milliarden-Abteilung
Allein im vergangenen Jahr strich HP mit purer Software zirka zwei Milliarden Dollar ein; aus Europa, der wichtigsten Region, kam rund ein Drittel des Geldes, und der Löwenanteil entfiel traditionell auf "Openview".
Das macht die Manager um Capobianco selbstbewusst - ebenso die Partner. "Mittlerweile kann ich bei Ausschreibungen damit rechnen, gegenüber IBMs Tivoli-Angebot die besseren Karten zu haben - selbst wenn deren gesamte Global-Solutions-Abteilung zur Stelle ist", sagt Erwin Buga, dem das Münchener Systemhaus Netage GmbH gehört.
Dass er, ein langjähriger Gold-Partner HPs, gerade "Openview" bei einer Münchener Großbank gegen die seit Jahren installierte Managementsoftware "Unicenter" des Konkurrenten Computer Associates (CA) austauschen konnte, rechnet er auch HP als Verdienst an. "Die Abteilung hat dafür gesorgt, dass Openview heute besser und billiger ist."
HP selbst propagiert diese Sicht selbstverständlich auch. "Ich habe noch keinen Kunden getroffen, der mit Unicenter oder Tivoli zufrieden gewesen wäre", polemisiert Peter van der Fluit, Vice President Software Sales, vor einer eng bedruckten Folie mit "Openview"-Vorteilen.
Immerhin konkurrieren die Software-Boliden IBM und CA mit ihren Systemmanagement-Tools "Tivoli" und "Unicenter", BMC ist mit "Patrol" ebenfalls keine Kleinigkeit, und Anbieter wie zum Beispiel Micromuse und Microsoft versuchen, Marktanteile im längst nicht aufgeteilten Windows-Umfeld zu gewinnen. Trotzdem zeigt sich van der Fluit davon überzeugt, dass die jahrelange Anstrengung seiner Company, Openview zu einem Werkzeug zu machen, mit dem "Unternehmen ab 250 Arbeitsplätzen" Netzkomponenten, Ports, Speicher und jetzt auch geschäftskritische Applikationen steuern kann, erst jetzt die eigentlichen Früchte tragen wird. "Der Openview-Erfolg hängt davon ab, dass wir zeigen können, wie wir in Echtzeit das Geschäft unserer Kunden wirklich verbessern können. Wenn für den Kunden deutlich wird, dass seine Investition in unsere Software ihm binnen kurzer Zeit einen deutlichen Gewinn bringt - dann haben Sie und wir schon fast gewonnen", trommelte er im Halbdunkel des Partner-Konferenzsaales.
"Den ROI können wir sehr genau darstellen"
Da aber, ganz im Gegensatz zu der vormaligen Methodik der Systemmanagement-Anbieter, allein mit der Keule "Produktivitätszuwachs" Projekte zu gewinnen, heute allein der in Zahlen und Monaten ausdrückbare "Return on Investment" Unternehmen veranlasse, in Software zu investieren, müsse der Partner dieses auch darstellen können. "Dazu brauchen wir nicht nur Software-Know-how, sondern auch betriebswirtschaftliche und Prozesskenntnisse."
HP selbst habe in den vergangenen vier Jahren seine Techniker, vor allem aber seine Vertriebsmitarbeiter, auf diesen Kurs gebracht. Nun seien auch die Partner aufgefordert, sich dieses Wissen anzueignen. "Wer nur Technik verkauft, macht keinen Stich" (van der Fluit), lautete die wenig kaschierte Drohung an die Partner.
Man müsse den Kunden den für sie zutreffenden Wert der angebotenen Lösung unmissverständlich zeigen können, hatte Vertriebsspezialistin Margie Offereins zu Beginn der drei Tage die Partner beschworen. Wer seinem Kunden nur erkläre, was Openview alles könne, werde bestimmt kein Geschäft machen. "Der Kunde hat ein Problem", - "Business Pain" nannte Offereins die Ausgangssituation - "das müssen Sie zuerst lösen."
Dazu gehöre auch, die konkreten Probleme, die eine installierte Systemmanagement-Software eines Konkurrenten verursache, in Griff zu bekommen. "Wenn der Kunde das will, nützt es Ihnen nichts, demonstrieren zu können, was Openview alles noch kann. In dieser Situation will der Kunde das von Ihnen nicht wissen", erklärte die Vertriebsspezialistin den von ihr zunehmend beeindruckten Partnern.
"Try to find a Pain"
Zwar unterschrieben diese nach dem Vortrag nicht sofort entsprechende Trainingsprogramme, doch unbestritten war bei ihnen, dass HP mit dem Trainingsschwerpunkt "Darstellung des Werts für den Kunden" statt "Funktionalitätsvielfalt" den richtigen Ansatz gewählt hatte.
Und ebenso, dass in Zeiten manifester Investitionszurückhaltung nur solche Partner gefragt sind, die sich mit Openview intensiv beschäftigen. "HP hat Zug", befand ein deutscher Partner abends in Valletta, "und das müssen die Partner jetzt umsetzen." Allein die Vorgabe, den Umsatz zu verdoppeln, sah er ausgesprochen gelassen. "Das muss konkret besprochen werden. Erst dann ist es mehr wert als das Papier, auf dem das stand."
Dessen ist man sich bei HP bewusst. "Wir alle sind in einem Lernprozess. Dazu gehört nicht nur Ziele zu formulieren, sondern mit Partnern umzusetzen", versprach HP-Manager Bückle.
www.hpsoftware-europe.com.
ComputerPartner-Meinung
Systemmanagement-Software ist nicht mehr der tote Hund, als der sie jahrelang gehandelt wurde. In Zeiten massiv ausgedünnter IT-Etats kann sie aufzeigen, welche Anwendungen, Geschäftsprozesse und welche IT-Infrastruktur für ein Unternehmen wertvoll sind.
Das hat HPs Softwareabteilung begriffen - weshalb sie in einem langen Lernprozess der technikverliebten Funktionalitätsecke Ade gesagt hat. Die Darstellung des problemlösenden und des längerfristigen Nutzens von Systemmanagement-Tools für Unternehmen hat sie ins Zentrum ihrer Verkaufsbemühungen gestellt. Diese neue Sichtweise auf Openview machen die Softwarepartner nicht nur mit, sondern sie begrüßen sie als echte Chance.
HP habe für seine Software jenen Dreh gefunden, den diese brauche, um gegenüber der Konkurrenz Marktanteile und Projekte gewinnen zu können, "HP hat Zug" - dieser Eindruck ist derzeit bei Partner unbestritten. (wl)