Damit, dass Heribert Schmitz im November 2002 das Amt des Vorstandsvorsitzenden bei HP frei-willig niederlegen würde, hatten Branchenbeobachter insgeheim gerechnet. Als eigentliche Sensation entpuppte sich die Nachfolge-regelung: Ex-Chef Jörg Menno Harms kehrte überraschend aus dem Aufsichtsrat zurück und zieht als Vorsitzender der Geschäftsführung seit nunmehr sechs Monaten wieder die Fäden in der deutschen Zentrale. Er habe lange über das Angebot nachgedacht, sagt Harms im Rückblick. Doch im Grunde genommen habe eine Absage nie wirklich zur Debatte gestanden: "Ich habe über 30 Jahre mit viel Freude bei HP gearbeitet, viel gelernt und mich immer wohl gefühlt. Da verwehrt man einen solchen Ruf nicht." Sein Vertrag ist auf drei Jahre ausgelegt, so Harms, danach werde man weitersehen.
Die Konzernleitung holte Harms wohl nicht nur wegen seiner Erfahrung zurück. Man wollte der Belegschaft in einer Zeit des Umbruchs nicht auch noch ein neues Gesicht an der Spitze präsentieren. Denn während Harms’ erster Amtszeit, 1993 bis 2000, standen die Zeichen noch auf Wachstum und Expansion, heute kämpft auch der einst so erfolgsverwöhnte HP-Konzern mit schrumpfenden Märken. Hinzu kam der Compaq-Merger, dessen praktische Umsetzung erst mit der rechtlichen Vereinigung der beiden Firmen im November 2002 angelaufen ist: "2003 werden wir die restlichen Prozesse zusammenführen und vor allem die Niederlassungen zusammenlegen", sagt Harms.
Sparkurs schlägt bereits zu Buche
In vielen Fällen bedeutet "Zusammenlegung" allerdings auch "Schließung" der aus Konzernsicht überflüssigen Filialen. Betroffen ist beispielsweise die bisherige Compaq-Geschäftsstelle in Hannover. Auch die Münchner Compaq-Zentralbereiche werden im Laufe dieses Jahres nach Böblingen und Ratingen verlagert, die Münchner Aktivitäten sollen an einem einzigen Standort gebündelt werden. Betroffen sind insgesamt mehr als 600 Mitarbeiter, nicht alle werden nach Böblingen wollen und können. Laut Harms sind Stellenabbau und Zusammenlegung eine voraussehbare und logische Konsequenz der Übernahme: "Das war ein Konsolidierungsmerger."
HP hatte bereits im Juli 2002 den Wegfall von 1.100 Stellen in Deutschland angekündigt. Rund 750 Stellen wurden inzwischen abgebaut. Der Rest wird wahrscheinlich über die Zusammenlegung der Filialen erreicht. Man sei "gut unterwegs", was den Merger angeht, sagt Harms: "Die Ersparnisse sind bereits sichtbar." Der Sparkurs bleibt auf der Agenda: "IT ist eine wettbewerbsintensive Branche, unsere Kostenstrukturen stehen jeden Tag auf dem Prüfstand", so der HP-Chef.
Obwohl die ersten sechs Monate seiner zweiten Amtszeit offenbar recht turbulent waren, zieht Harms eine grundsätzlich positive Bilanz. Und ärgert sich über Gerüchte und Berichte, die besagen, dass es HP Deutschland derzeit nicht besonders gut gehen soll: "HP wird seine Ziele erreichen - was in unserem Markt derzeit sicher nicht einfach ist." Harms spricht lieber von wachsendem Optimismus: "Vieles liegt bereits hinter uns, und wir gewinnen stetig an Zuversicht." Und: "Wir werden aggressiver und intelligenter im deutschen Markt agieren." Mit Preiskampf habe das nichts zu tun: Der Konzern wolle künftig nicht nur durch günstige Produkte, sondern vor allem durch intelligente Lösungen punkten, so der Manager. "Um im Geschäft zu bleiben, muss man Lösungen anbieten. Das tun wir in allen Geschäftsfeldern, auch in den Bereichen Imaging und Printing und im PC-Business." Was nicht heißen soll, dass Masse ausgerechnet bei HP plötzlich keine Rolle mehr spielt: "Das Volumengeschäft ist wichtig - wer im Volumengeschäft nicht profitabel ist, schafft es auch nicht im Lösungsgeschäft."
HP Deutschland: Ohne Partner geht es nicht
Beim Thema Zukunft kommt man an Dell nicht vorbei. Während das USA-Management auf den Vorstoß des Konkurrenten in den Druckermarkt bereits mit aggressiven Kampfansagen reagiert (ComputerPartner 8/03, Seite 12) gibt sich Harms betont gelassen: "Es gibt immer wieder Wettbewerber - neue wie alte -, die uns herausfordern. Man nehme alle ernst und beobachte die Entwicklung, doch gerade auf dem deutschen Markt müsse man mehr bieten als nur billige Produkte. Man muss die gesamte Wertschöpfungskette verstehen, bis hin zum Partnermanagement. Wir machen das seit 20 Jahren und haben die entsprechende Erfahrung", meint Harms. Direktvertrieb sei bei HP Deutschland deshalb kein Thema: "Partner spielen bei uns seit Jahren eine große Rolle, daran wird sich auch weiterhin nichts ändern." Also alles im grünen Bereich? Nicht ganz, gibt Harms zu: "Wir erwarten, dass der Markt in diesem Jahr nicht schrumpft, sondern sich konstant entwickelt. Ich bin verhalten optimistisch. Die Betonung liegt dabei auf 'verhalten'."
www.hewlett-packard.de
ComputerPartner-Meinung
Zu der Entscheidung, Harms zurückzuholen, kann man die Konzernspitze nur beglückwünschen: Unter seiner Leitung erlebte HP seine bislang bes-ten Jahre, jetzt sorgt er in turbulenten Zeiten für die nötige Stabilität. Nach den Debatten um einen möglichen, von den USA angeordneten, Direktvertrieb, dürfte sein aktuelles Statement nun auch die Partner beruhigen. (mf)