Im September 2017 wurde ohne großes Aufsehen ein Riese geboren. Sein Name: Hitachi Vantara. Jahresumsatz: 4 Milliarden Dollar. Mitarbeiter: 7000. Die glücklichen Eltern: Hitachi Data Systems und Hitachi Insight Group. Mit zur Familie gehört der 2015 von Hitachi übernommene Business-Intelligence-Spezialist Pentaho. Jetzt wurde das Kind erstmals Freunden und Verwandten in Deutschland vorgestellt: Auf dem Hitachi Vantara Forum in der BMW Welt in München, präsentierte der Konzern seine neue Ausrichtung.
Aber wie das so ist bei Neugeborenen, sind zwar die Anlagen schon gut zu sehen, erkennt man auch Ähnlichkeiten mit den Eltern, ist sich aber noch nicht ganz sicher, wie sich alles einmal entwickeln wird. Klar ist jedoch: Kindergarten und Grundschule werden übersprungen, der Neuzugang wird gleich höher einsteigen. Denn die wesentlichen Voraussetzungen bringt er mit. Da sich das Geschäftsfeld nicht komplett ändern, sondern lediglich erweitern und - aus Sicht des Anbieters wenigstens - logisch weiterentwickeln wird, kann er auf der breiten Kundenbasis und den langjährigen Partnerschaften der zusammengeführten Unternehmen aufbauen.
Traditionell beginnt das neue Geschäftsjahr bei japanischen Firmen am 1. April. Das ist auch bei Hitachi Vantara so. Daher werden ab dann viele Neuerungen greifen. Beispielsweise tritt dann das Ende Januar bennante neue Führungsteam, sein Amt an: Brian Householder übernimmt dann als Chief Executive Officer und Scott Kelly als Chief Operating Officer. Beide waren bei dem Unternehmen schon bisher in Führungspositionen tätig.
Auch die Beziehungen zu den Partnern werden dann neu geordnet. Allerdings verspricht Daniel Dalle Carbonare, der bei Hitachi Vantara als Vice President Central Region auch für das Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig ist, den bisherigen Vertriebspartnern weitgehend Kontinuität.
Partnerstrategie von Hitachi Vantara
Die Anzahl der Partner soll ungefähr gleich groß bleiben. Ziel ist es, zwar spezielle Partner für bestimmte Bereiche zu haben, generell aber die Partner zu ermutigen, künftig einen größeren Teil der ganzen Bandbreite aus dem Portfolio von Hitachi Vantara anzubieten. In den USA hat Hitachi Vantara die Kooperation mit Tech Data vertieft. Der Distributor soll dort auch für den Ausbau der Partnerlandschaft sowie deren Unterstützung sorgen. Wem diese Aufgaben in Deutschland übertragen werden, steht voraussichtlich erst im Sommer fest.
"Unser Portfolio wächst und unser Geschäftsfeld wächst. Das ermöglicht es Partnern, nicht mehr nur Produkt A, B oder C anzubieten, sondern sich besser zu positionieren. Unsere Partner bekommen so neue Möglichkeiten, sich Geschäftsfelder in ganz neuen Bereichen zu erschließen" so Dalle Carbonare gegenüber ChannelPartner. Und diese neuen Bereiche seien margenträchtiger als das reine Geschäft mit Hardware oder Software.
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Auch bisher haben die meisten Hitachi-Partner - sofern sie nicht auf das ebenfalls erforderliche Transaktionsgeschäft spezialisiert sind - bereits "Lösungen" auf Basis von Hitachi-Produkten angeboten. Allerdings war der Begriff "Lösungen" im Vergleich zum neuen Ansatz dennoch relativ eng gefasst. Es ging - wie bei anderen Anbietern aus dem Storage-Umfeld auch - um die Lösung begrenzter Probleme in Bezug auf Speicherung und Behandlung von Daten. Künftig soll die Frage mehr in den Vordergrund rücken, wie die Daten auch im täglichen Geschäft genutzt werden können.
Kombination von IT und OT als Trumpfkarte
Um sich dabei von der Konkurrenz abzuheben, wirft Hitachi Vantara die Erfahrungen des Mutterkonzerns im Bereich Operational Technology - also dem Bau und Betrieb von Maschinen und Anlagen, von Bergwerken über Energieversorger bis Eisenbahngesellschaften, in die Waagschale. Hier müssen die traditionellen Wettbewerber aus dem Storage-Umfeld wie Dell EMC, Hewlett Packard Enterprise (HPE), IBM und Lenovo passen.
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Stark in diesem Bereich sind dagegen Firmen wie Siemens und General Electric, die in den vergangenen zwei Jahren ihre Bemühungen im Bereich IoT erheblich ausgebaut haben. Allerdings liegt deren Schwerpunkt auf Projekten im Industriebereich. Bei Hitachi Vantara solle er auf den Bereichen Infrastruktur und Verkehr, Energieversorgern und Smart City liegen. Diese Felder haben zwar auch Unternehmen wie IBM, HPE, Huawei und ZTE ins Visier genommen, die sich mit IT und Netzwerken gut auskennen. Ihnen fehlt aber eben die Erfahrung mit dem Betrieb der Anlagen und Geräte, die letztlich über IoT-Szenarien gesteuert werden sollen.
Genau die Integration von Informationstechnik (IT) und Operational Technology (OT) auf allen Stufen der Wertschöpfungskette sehen Experten aber als unabdingbare Voraussetzung für Industrie 4.0. Wichtig sei es, Silos aufzulösen und Interoperabilität zu fördern. Damit gehen auch Domain-übergreifendes Datenmanagement, Abstraktion der Daten von Altsystemen und proprietären Schnittstellen, integrierte Governance-Strukturen sowie die Sorge um die Sicherheit der Daten einher.
Auf den richtigen Zug aufgesprungen
Hitachi hat den ersten Schritt dazu 2016 gemacht. Damals wurde die Hitachi Insight Group ins Leben gerufen, um die Bemühungen des Unternehmens im Bereich Internet of Things weltweit zu steuern und zu koordinieren. Die Zusammenführung mit Hitachi Data Systems und Pentaho unter dem Dach von Hitachi Vantara ist der nächste Schritt. Offenbar hat man erkannt, dass IoT kein Selbstzweck sein kann, sondern nur als Teil einer gesamten Transformation des Geschäfts im Zuge der Digitalisierung erfolgreich sein kann.
Alleine bewältigen kann das bei den Kunden selbst ein großes Unternehmen nicht. Daher ist Hitachi Vantara einerseits für Technologiepartnerschaften offen, andererseits aber auch für die Kooperation mit Vertriebspartnern und Dienstleistern. Derzeit wird etwa die Hälfte des Geschäfts über Partner abgewickelt. Das liegt auch daran, dass große Konzerne, die einen wesentliche Anteil an den Hitachi-Kunden ausmachen, traditionell den Kontakt zum Hersteller direkt suchen.
Mittelfristig soll sich der Anteil erhöhen. Das gilt insbesondere für das Geschäft im Mittelstand. "Die exakte Form der Zusammenarbeit wird immer auf Projektbasis und anhand der Anforderungen der Kunden entschieden", so Dalle Carbonare.
Partner sehen Neuaufstellung von Hitachi Vantara positiv
Nach Ansicht von Holger Fröhlich, bei SVA System Vertrieb Alexander zuständig für Strategic Alliances, trifft Hitachi Vantara mit der Neuaufstellung auf alle Fälle den Nerv der Zeit. SVA kommt aus dem Infrastrukturbereich, ist aber in den vergangenen Jahren auch deshalb stark gewachsen, weil sie sich immer wieder in neuen Bereichen engagiert hat. Dazu gehören etwa End User Computing, Cloud Computing, Business Continuity, IT-Security und Service Management, aber auch Big Data & Analytics.
Letzteres wurde seit der Übernahme von Pentaho durch Hitachi im Jahr 2015 auch bei der SVA erweitert. Der Schwerpunkt liegt nicht nur auf der Analyse von Geschäftsdaten, sondern auch darauf, wie sich aus Geschäftsdaten neue Erkenntnisse gewinnen lassen. Bedarf dafür gibt es nicht nur in Szenarien, bei denen es um eine verbesserte Kundenbetreuung geht. Auch die derzeit überall anlaufenden IoT-Projekte sind in der Regel erst zusammen mit einer umfassenden Datenerhebung und -auswertung sinnvoll.
In dem Bereich unterstützt SVA seine Kunden derzeit mit einem Team von rund 30 Personen, die sich auf IoT und Big Data Analytics konzentrieren. Für Holger Fröhlich ist die Kombination des IoT-Hintergrundwissens der Hitachi Insight Group mit Pentaho daher ein Glücksfall. "Das passt gut und wir stimmen uns gerade in diesen Projekten mit Hitachi Vantara eng ab", erklärt er gegenüber ChannelPartner.
Die langjährige Branchenerfahrungen von Hitachi - von Klimaanlagen über Bagger bis hin zu Bahnanlagen - weiß Fröhlich zu schätzen. SVA hat sogar selbst bereits Mitarbeiter aus anderen Branchen als der IT in ihr IoT-Team geholt, um Prozesse und Anforderungen besser zu verstehen und deren Branchen-Know-how in das Design der IT-Lösung einfließen zu lassen. Das funktioniert auch beim Herstellerpartner besser: Seit der als Hitachi Vantara auftritt, funktioniere die Abstimmung unter den drei Teilbereichen naturgemäß besser als damals, als diese noch als eigene Firmen agiert haben.
Auch Stefan Müller, Director Big Data Analytics, beim langjährigen Pentaho-Partner it-novum ist zuversichtlich. Sein Fazit Hitachi -Veranstaltung lautet: "Aus dem Zusammenschluss von Pentaho und Hitachi Data Systems im letzten Jahr ist einer der innovativsten Player auf dem Markt für Big Data und IoT Analytics entstanden."
Nach Ansicht von Müller ist die Verschmelzung der Produkte und Technologien von Hitachi und Pentaho zügig vorangegangen. In den letzten Monaten sei deutlich zu spüren gewesen, wie Hitachi Vantara sein traditionell hardware-betontes Portfolio um die Themen Big Data, IoT und Machine Learning erweitert hat und auch die Big Data Integrations- und Analytics-Plattform Pentaho habe in Bezug auf IoT- und Analytics-Funktionen "einen großen Entwicklungsschub" erfahren.
"Hier merkt man, dass mit Hitachi Vantara ein starker Investor hinter der Technologie steht, der vor allem die Analytics-Themen energisch pusht. Pentaho war schon immer extrem stark im Datenintegrationsbereich, aber jetzt wächst dieser Bereich mit IoT und Big Data Analytics sowie Machine Learning zusammen. Hitachi Vantara hat sich also durch Pentaho einen wichtigen Platz auf dem Markt der IT-Hochtechnologien gesichert", so Müller weiter.
Seiner Ansicht nach werden Unternehmen, die ihre Daten nicht nutzen, also auswerten und sinnvoll zueinander in Beziehung setzen können, bald nicht mehr am Markt sein. "Auf dem Hitachi Information Forum wurde klar, dass Hitachi Vantara mit der Pentaho-Plattform genau das Portfolio bieten kann, das Unternehmen hilft, zukunftsfähig zu bleiben: starke Hardware und hochflexible, innovative Software, die einen datengetriebenen Geschäftsansatz unterstützt."
Laut Müller ist es Hitachi Vantara in den Monaten seit der Fusion gelungen, "ein Jahrhundert operativer Technologiekompetenz mit den besten Technologien zu kombinieren, die derzeit für IoT und Big Data Analytics sowie Machine Learning auf dem Markt sind." Für die nächsten Monate erwartet er eine stärkere Ausrichtung auf diese Themen und eine vertiefte Integration in das Hitachi-Vantara-Portfolio. Das ist auch das, was der Hersteller in Aussicht gestellt hat. Jetzt gilt es, die eigenen Aussagen und die Erwartungen der Partner zu erfüllen.