Helpdesk und Technischer Service nur unzureichend abgedeckt

12.10.1998

MÜNCHEN: Ein genauer Überblick über die wichtigsten Unternehmenskennzahlen ist für Systemhäuser und Computershops wichtiger denn je. ComputerPartner ermittelte in einer Umfrage, wie es um betriebswirtschaftliche Software im IT-Handel steht.Welche Schuhe trägt der Schuster selbst? Oder anders gefragt: Auf welche Software verläßt sich der IT-Handel, wenn es um die Steuerung des eigenen Betriebs geht? Auf diese Frage gibt es kaum verläßliche Antworten, geschweige denn eine fundierte Studie. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat ComputerPartner mit Hilfe des Marktforschungsinstituts Techconsult in Kassel bei Computerhändlern nachgefragt, auf welche Lösungen sie zählen. Die Umfrage zeigt, daß fast 60 Prozent aller Befragten keine speziell auf den IT-Handel zugeschnittene betriebswirtschaftliche Komplettlösung oder eine eigens für den Computerhandel entwickelte Warenwirtschaft einsetzen. Der Rest vertraut einer branchenspezifischen Software. Die überwiegende Mehrheit davon (79 Prozent) hat sich eine Individuallösung "zusammengeschustert", um sie auf ihre Bedürfnisse abzustimmen.

Branchenbeobachter halten die Implementierung einer solchen speziellen Lösung für IT-Händler aber für dringender denn je. Schließlich zwingen die stetig sinkenden Margen jedes Unternehmen der Branche, alle Tätigkeiten bis auf Heller und Pfennig durchzurechnen, um zu vermeiden, daß trotz hoher Umsatzkalkulation am Ende kein Gewinn mehr übrig bleibt.

Welche Anforderungen muß eine betriebswirtschaftliche Lösung speziell für Systemhäuser erfüllen? "Die Auftragsabwicklung, die Buchhaltung und der Einkauf müssen ineinandergreifen, sonst kostet das zuviel Zeit", empfiehlt Josef Böck, Geschäftsführer der Singhammer IT Consulting, der selbst zehn Jahre lang beim Münchener Systemhaus Singhammer gearbeitet hat. "Ich erwarte gute Auswertemöglichkeiten für das Management, um die Unternehmenskennzahlen leicht und zeitgenau einsehen zu können. Dazu zählen Auftragsvolumen, Dienstleistungsaufträge, Cashflow, Umsatz und Außenstände", zählt der Inhaber eines baden-württembergischen Systemhauses auf. Für sein Unternehmen als Dienstleister sind integrierte Möglichkeiten zum Ressourcenmanagement und zur Projektzeiterfassung ebenfalls nötig.

Anforderungen an die Lösung

Grundsätzlich sollten betriebswirtschaftliche Komplettlösungen die folgenden Anforderungen erfüllen: Der Vertrieb muß eine Übersicht darüber haben, welche Hard- und Software bereits beim Kunden installiert ist, denn das meiste Geschäft wird über Nachkäufe generiert. Die Software muß also ein "Kundenprofil" zur Verfügung stellen. Eine auftragsbezogene Abwicklung und Bestellung ist ein weiteres Muß. Das System sollte zusätzlich zu jeder Zeit auflisten können, welche Verpflichtungen gegenüber einem Kunden bestehen - zum Beispiel, wie lange er einen Garantieverlängerungsvertrag oder einen Supportvertrag für ein bestimmtes Produkt abgeschlossen hat - und welche Rechte das Systemhaus gegenüber dem Lieferanten hat.

Mit den Bereichen "Vertrieb" und "Auftragsabwicklung" ihrer Lösung waren die von ComputerPartner Befragten durchweg zufrieden (siehe Grafik). Die Schwächen ihrer Lösungen sahen sie in den Punkten "technischer Service", "Vertragswesen" und vor allem in der Erfassung und Kalkulation von "Helpdesk"-Tätigkeiten.

Systemhäuser stellen zwar naturgemäß etwas andere Anforderungen an eine betriebswirtschaftliche Komplettlösung als Computershops - mit drei anstehenden Neuerungen sind aber beide Gruppen konfrontiert: der Einführung des Euro, der Jahrtausend-Umstellung und der Anbindung ans Internet. Diese Aufgaben müssen von einer "selbstgestrickten" Lösung erst einmal gestemmt werden, und genau daran scheitern viele. Daß immerhin noch ein Viertel aller Lösungen der befragten Händler unter Dos läuft, deutet daraufhin, daß viele alte Programme eingesetzt werden, die die kommenden Neuerungen nur schwer packen dürften. Deshalb hoffen derzeit alle Anbieter von Warenwirtschaftssystemen auf das große Ablösungsgeschäft.

Auf welche Lösungen setzt der IT-Handel?

Neben den Individualentwicklungen setzen zehn Prozent der Befragten auf eine Lösung, die auf Microsofts SQL Server beruht, sechs Prozent auf SAP und vier Prozent auf ein Navision-basiertes Programm. Nur ein Prozent nimmt Oracle als Basis für die betriebswirtschaftliche Lösung her.

Die Lösungen laufen auf den unterschiedlichsten Software-Plattformen: Windows 3.x/95/98 führt mit 31 Prozent. Nach Dos liegt Windows NT an dritter Stelle (21 Prozent).

Die Mehrheit der Programme (71 Prozent) läuft auf PCs. Workstations werden als Hardware-Plattform von 21 Prozent der Befragten eingesetzt, Midrange-Systeme von acht Prozent.

Am häufigsten arbeiten bis zu fünf Personen mit einer Lösung, nur bei zwölf Prozent der befragten Unternehmen gehen mehr als 20 Mitarbeiter mit dem Programm um.

Der Markt für Warenwirtschaftssysteme ist unübersichtlich, weil neben den ganz großen Anbietern viele kleinere Softwarehäuser versuchen, dort den Fuß in die Tür zu kriegen. Allein auf der Systems 1998 stellten 44 Anbieter von Warenwirtschaftssystemen aus.

In den folgenden Beiträgen werden einige Warenwirtschaftssysteme und betriebswirtschaftliche Komplettlösungen vorgestellt, die für den IT-Handel gut geeignet oder dort relativ häufig verbreitet sind. Nicht berücksichtigt sind die großen "Enterprise-Resource-Planning"-Systeme von SAP, Baan, JBA oder Peoplesoft, weil sie in der Regel zu funktionsmächtig und zu teuer für Computerhändler und Systemhäuser sind. (is)

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