Gute PR ist in mittelständischen Systemhäusern noch die Ausnahme

06.09.2001
In einem zunehmend schwierigen Markt wird es für den IT-Handel immer wichtiger, sich vom Wettbewerb zu differenzieren. Dennoch spielen Public Relations in der Kommunikationsstrategie mittelständischer Systemhäuser nach wie vor eine untergeordnete Rolle. Dieter Keil* und Gerhard Pleil* haben den Status quo analysiert und erläutern die Grundlagen einer effizienten Öffentlichkeitsarbeit.

Natürlich machen wir PR. Wer sich persönlich darum kümmert? Die Geschäftsleitung, wer sonst? PR-Konzept, -Planung und -Budget? Brauchen wir nicht, wir machen das situationsbezogen." Erkennen Sie sich da wieder? Dann Sind sie im Kreise der IT-Systemhäuser in Deutschland in guter Gesellschaft. Allerdings verschenken Sie dann auch eine der wenigen Chancen zur Differenzierung, die es in diesem nivellierenden Markt überhaupt noch gibt.

Wer sich mit dem IT-Markt und seinen Protagonisten näher auseinander setzt, könnte leicht zu der Schlussfolgerung kommen, dass nicht zu wenig, sondern eher zu viel PR-Theater betrieben wird. Und richtig ist auch, dass es immer schwerer wird, zwischen Schein und Sein zu unterscheiden. Da werden Newcomer mit viel Marketinggetöse hochgejubelt, während etablierte IT-Unternehmen in vornehmer Zurückhaltung verharren und gleichzeitig Defizite hinsichtlich Image und Bekanntheitsgrad beklagen.

Die von einigen IT-Egomanen im Dauereinsatz praktizierten und mitunter schon peinlichen Selbstdarstellungen haben die Neigung der traditionell konservativ geprägten Systemhauschefs zu einer intensiven PR nicht gerade gefördert. Man überlässt den anderen kampflos die Bühne. Das dabei häufig verwandte Argument "Unsere PR ist die Qualität unserer Arbeit" trifft nur einen Teil der Wahrheit. Denn was nützt es, wenn dieser Sachverhalt nur wenigen Insidern bekannt ist?

Es ist nicht ungefährlich: Weil Verpackung und Inhalt häufig nicht mehr übereinstimmen, entsteht auch für Kunden, Interessenten, Kreditgeber, Bewerber und die als Informationsvermittler tätige Presse ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Wie glaubhaft sind die Mitteilungen eines Unternehmens eigentlich? Was ist Information, was ist Werbung? Wie seriös sind das Unternehmen und die dahinter stehenden Menschen?

Nimmt man das Kriterium "Glaubwürdigkeit" zum Maßstab der Bewertung der in der IT-Branche praktizierten PR, so lässt sich das Urteil auf einen schlichten Nenner bringen: Es gibt sicher viel PR, es gibt aber zu wenig gute PR. Für viele Systemhauschefs ist eine detaillierte Nutzenbetrachtung zu Recht das Maß aller Dinge. Umso erstaunlicher ist, dass der mit einer systematischen PR-Arbeit verbundene PR-Nutzen nur einer Minderheit bekannt ist. Daher sei nochmals mit aller Eindringlichkeit darauf hingewiesen: Durch eine wahrheitsgemäße und systematische PR, zum Beispiel in Form einer laufenden Berichterstattung über ein Unternehmen, seine Produkte und Leistungen, wird auf Dauer ein Klima des Vertrauens erzeugt, dessen Vorteile allen Beteiligten zugute kommen:

-dem Unternehmen, weil es an Ansehen und Glaubwürdigkeit gewinnt,

-den Kunden, weil sie sich in ihrer Kundenbeziehung bestätigt fühlen,

-den Interessenten, weil sie auf die Leistungen des Unternehmens aufmerksam gemacht werden,

-den Mitarbeitern, weil dies die Beziehung zu "ihrem" Unternehmen stärkt,

-den Aktionären und Kreditgebern, weil sie sich in ihrem Investment bestärkt fühlen, und

-der Presse, weil sie qualifiziertere Beiträge erhält.

Gute PR schafft also nicht nur Vertrauen, sondern bildet eine positive Plattform für den gesamten Kommunikations- und Marketing-Mix eines Unternehmens. Das ist absolut legitim, setzt jedoch eine entscheidende Prämisse voraus: Die Substanz muss stimmen!

Auch die beste PR kann schlechte Leistungen und Inhalte nicht verbessern. Der Versuch, "heiße Luft" zu verkaufen, ist auf Dauer zum Scheitern verurteilt und wird von seriösen PR-Beratern abgelehnt. Schönfärberei zahlt sich unter dem Strich nicht aus. Ehrlichkeit hat zwar weniger Glamour, dafür aber eine ganz andere Breiten- und Tiefenwirkung.

Wie sieht es in der Praxis aus?

Bei einer von Infotei/PMI durchgeführten Studie über die "Situation der PR im IT-Handel" wurden die eingangs genannten Einschätzungen bestätigt. Basis der Studie bildeten zirka 80 Systemhäuser, die zu ihrer PR-Einstellung und -Situation befragt wurden und als repräsentativ für die Systemhausszene gelten dürften. Das ernüchternde Ergebnis: Die überwiegende Mehrheit der IT-Systemhäuser verzichtet auf den herausragenden Mehrfachnutzen einer planmäßigen PRArbeit und beschränkt sich auf gelegentliche PR-Ad-hoc-Aktionen!

Als Gründe für die bedenkliche Abstinenz wurden genannt:

-Zeitmangel

-Know-how-Probleme

-Personalprobleme

-fehlendes Gesamtkonzept.

Interessant ist jedoch, daß die IT-Systemhauschefs den grundsätzlichen Wert einer systematischen PR zunehmend höher gewichten. Dies unterstreicht auch durch eine Studie von Capital und der Universität Siegen, die den steigenden Stellenwert der PR dokumentiert. So stuften im Jahre 1990 nur neun Prozent der Befragten die PR-Bedeutung als "sehr hoch" ein. 1997 votierten bereits 16 Prozent für "sehr hoch" und 56 Prozent für "hoch". Heute dürfte dieser Prozentsatz noch deutlich höher liegen. Das bedeutet: Man will schon, weiß aber nicht, wie.

PR ist nicht nur Pressearbeit

Keine Frage: Die Königsdisziplin der PR ist und bleibt die Pressearbeit. Pressegespräche, Presseinformationen, Pressekonferenzen, Fall- und Praxisstudien - all diese Aktivitäten erfordern die Einhaltung bestimmter Regeln im Umgang mit der Presse. Der immer wieder zu beobachtende Versuch, die Presse als Trojanisches Pferd der Produktwerbung einseitig zu missbrauchen, ist ein Schuss, der meist nach hinten losgeht.

PR ist jedoch nicht nur Pressearbeit, sondern schließt den gesamten Kommunikations-Mix des Unternehmens ein. Dazu gehören beispielsweise auch Haus- und Kundenzeitschriften, Kundenbriefe, Selbstdarstellungen, Firmenveranstaltungen, Sponsoring oder der Firmenauftritt im Internet. So hat sich die PR in den vergangenen Jahren von der reinen Pressearbeit immer mehr zu einer integrierten Strategieaufgabe gewandelt, die eng mit der allgemeinen Unternehmensstrategie verknüpft ist. Dass Erfolge bei Einhaltung bestimmter Grundregeln erzielbar sind, wird durch die praktischen Erfahrungen vieler Systemhauschefs unterstrichen. Gerade bei nicht an der Börse notierten Unternehmen, bei denen ja keine Publizitätspflicht besteht, ist ein PR-Engagement besonders wertvoll. Manche Chefs machen auch kein Hehl daraus, dass sie der PR zunächst sehr reserviert gegenüber standen.

Exemplarisch dafür sind die Erfahrungen von Heinrich Straub, Inhaber des Nürnberger Systemhauses Sandata, zu werten: "Unser Prinzip war eigentlich immer Understatement, weil es nicht unsere Art ist, auf den Putz zu hauen. Gute Leis-tungen und zufriedene Kunden - warum sollte man das an die große Glocke hängen? In Diskussionen mit Kunden und Mitarbeitern wurde uns jedoch klar, dass unser Bekanntheitsgrad durchaus steigerungsfähig war und der Mitbewerb mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatte. Gerade im Neukundengeschäft kann der Bekanntheitsgrad den Ausschlag geben. Und auch bestehende Kunden lesen gerne etwas über ihren Lieferanten, weil sie sich damit in ihrer Partnerschaft bestätigt fühlen." Vor diesem Hintergrund betreibt Sandata heute eine kontinuierliche PR-Arbeit, ohne dabei, was Straub besonders wichtig ist, "das Grundprinzip, gute Leistung - zufriedene Kunden" um ein Jota zu verändern".

Dass PR kein Privileg großer Häuser ist, kann auch Martin Eickelschulte, Inhaber des gleichnamigen Systemhauses in Starnberg, bestätigen. Das besonders im Dienstleistungsbereich engagierte Unternehmen (14 Mitarbeiter) wurde erst 1991 gegründet, damals freilich nicht mit Venture-Capital-Spritzen, sondern mit der klassischen, auf Sicherheitsleistungen basierenden Bankfinanzierung. Hier wurde PR von Anfang an als wesentliches Element der Kommunikationspolitik gesehen und mit bescheidenem Aufwand, aber viel Phantasie praktiziert. Eickelschulte hat dabei gute Erfahrungen gesammelt: "Wir haben uns zunächst auf die regionalen Tages-zeitungen und die IHK-Blätter konzentriert, weil diese die Zielgruppenmedien unserer Kunden darstellen. Im Laufe der Zeit haben wir neben der Pressearbeit flankierende PR-Aktionen wie Newsletter und Kundenveranstaltungen aufgebaut. Die PR hat sich bezahlt gemacht, wir haben darüber sogar Neukunden gewonnen. Wichtig ist, dass man statt Schnellschüssen eine mittelfristige Linie verfolgt."

Auch Klaus Toczek, Inhaber von DWM, einem Systemhaus für Dokumentenmanagement sowie Linux-Software im hessischen Braunfels, hat den vor fünf Jahren erfolgten Sprung vom Bankmanager zum Systemhauschef rasch mit gezielter PR ergänzt und ist gut damit gefahren: "Wenn man in relativ kurzer Zeit und besonders in schwieriger Konjunktur einen Bekanntheitsgrad aufbauen will, kommt man an einem PR-Konzept nicht vorbei. Ich sehe das als Chefsache an und kooperiere mit einem externen PR-Berater. Ein schöner Erfolg war vor kurzem ein Interview mit dem Hessischen Rundfunk, das uns viel Aufmerksamkeit gebracht hat." Toczek hat sich ein neuartiges Spendensystem zugunsten krebskranker Kinder ausgedacht. Dabei werden seine Kunden zu deren Paten. Der Start des Spendenkonzepts wurde durch mehrere Presseveröffentlichungen begleitet. Der Faktor "Menschlichkeit" ist für Toczek ein aufrichtiges Anliegen nach innen und außen. Seine Kunden schätzen offenbar auch diese Seite der Geschäftsbeziehung, denn DWM ist einer der erfolgreichsten Docuware-Partner.

Wie steht es um Ihre PR?

Es ist sicher kein Zufall, dass besonders erfolgreiche IT-Systemhäuser eine systematische PR betreiben. Wo dies nicht der Fall ist, sind noch erhebliche Reserven vorhanden, die man nutzen kann und sollte. Den ersten Ansatz dazu bildet eine selbstkritische Bestandsaufnahme in Form eines PR-Status-Checks. Unsere Checkliste ist dazu als kleine Hilfestellung gedacht und basiert auf langjährigen persönlichen Erfahrungen. Die anschließende Bewertung können Sie als erste Standortbestimmung nutzen.

Die wichtigste Empfehlung, die wir geben können, lautet: Handeln statt abwarten - gleichgültig, ob Sie sich dabei fachkundiger PR-Profis bedienen oder die Sache selbst in die Hand nehmen wollen. Externe Hilfe kann vor allem in der Anfangsphase sinnvoll sein, setzt jedoch voraus, dass der PR-Dienstleister über Erfahrungen in der IT-Szene und am besten auch mit mittelständischen Systemhäusern verfügt. Denn die PR für einen großen IT-Hersteller ist mit der erforderlichen PR für ein mittelständisches Systemhaus nicht in allen Punkten deckungsgleich.

In guten wie in schlechten Zeiten

Ein guter PR-Berater wird Ihnen klarmachen, dass PR kurzfristig keine Wunder vollbringen kann und auch von Ihrer Seite bestimmte Prämissen erfordert: Zum Beispiel eine positive PR-Einstellung der Führung, die Bereitschaft, ein Mindestmaß an sinnvollen Informationen in guten und in schlechten Zeiten publizieren zu wollen, sowie Langfristigkeit und Systematik. Nur wenn hier ein grundsätzlicher Konsens besteht, ist eine solche Zusammenarbeit sinnvoll und erfolgversprechend. Ansonsten sollte man lieber die Finger lieber davon lassen und sein Glück selber versuchen.

Man mag es als Paradoxon oder Ironie des Schicksals bezeichnen, dass die gegenwär-tige IT-Krise die Bereitschaft, sich näher mit den Chancen und Möglichkeiten einer qualifizierten PR zu beschäftigen, spürbar gefördert hat. Wichtig ist nur, dass man neben der theoretischen Einsicht auch die Kraft zur operativen Umsetzung aufbringt.

*Dieter Keil ist Inhaber von Infotei - PR und Marketing - in Hüttenberg/Hessen.

www.infotei.de

*Gerhard Pleil ist Inhaber von PMI - Pleil Marketing für Informationstechnologien - in Buchenberg/Allgäu.

www.t-online.de/home/pmi.consult

PR für Systemhäuser

Zwei Berater, die auch ausführen

Seit 30 Jahren sind Gerhard Pleil und Dieter Keil in der IT-Branche tätig, als Manager (Pleil war in den achtziger Jahren Marketingleiter bei Apple), als Softwareentwickler (Keil) und seit 16 beziehungsweise 20 Jahren als Unternehmensberater mit Schwerpunkt mittelständische IT-Unternehmen vor allem aus dem Software- und Systemhausbereich. Bei dieser Tätigkeit ist ihnen aufgefallen, dass viele dieser Unternehmen ein wirksames Kommunikationsinstrument völlig ungenutzt lassen: Kaum ein Software- oder Systemhaus betreibt Public Relations (PR/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit). Damit vergeben diese Firmen viele Chancen: auf eine Unterstützung der Kundenbindung und Neukundengewinnung, eine größere Bekanntheit bei den Lieferanten, ein stärkeres Vertrauen auf Seiten der Banken, eine leichtere Gewinnung neuer Mitarbeiter und nicht zuletzt auch eine bessere Identikation der eigenen Mitarbeiter mit dem Unternehmen. Hier setzt das neue Dienstleistungsangebot der beiden Berater an. Pleil und Keil sind zwar keine "klassischen" PR-Spezialisten, aber ihnen kommt zugute, dass sie die Verhältnisse und Probleme der Software- und Systemhäuser aus eigener Beratungspraxis kennen. Pleil und Keil wollen die Unternehmen in Bezug auf die PR nicht nur beraten, sondern bieten auch die Ausführung bis zum Schreiben und Versenden von Pressemitteilungen an. (sic)

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