Das Jahr 1995 war tubulent. Spektakuläre Firmenübernahmen, millionenverschlingende Produkteinführungen, radikale Strategieänderungen, überraschende Management-Revirements, übliche Absichtserklärungen, schmerzhafte Massenentlassungen, aufsehenerregende Schließung von Produktionsstätten und und und. Eine Sensationsmeldung jagte die andere. Sicherlich ergeht es Ihnen wie uns: Vieles ist schon wieder in Vergessenheit geraten. Daher haben wir für Sie noch einmal die wichtigsten Ereignisses des letzten Jahres zusammengestellt. Unser Fazit: Die IT Branche ist noch immer nicht zur Ruhe gekommen. Und auch im taufrischen Jahr 1996 wird das Branchengeschehen uns alle weiterhin in Atem halten.Januar
- Philippe Kahn streicht als CEO bei Borland die Segel.
- Die erste Ausgabe der COMPUTER BUSINESS erscheint.
Februar
- Actebis meldet neuen Umsatzrekord von 1,6 Milliarden Mark für 1994. 1995 will der Soester Distributor die Marke von mindestens zwei Milliarden Mark erreichen.
- Dagegen bleibt Konkurrent Macrotron mit 800 Millionen Mark Umsatz hinter den gesteckten Erwartungen zurück. Zudem müssen die Münchener einen Fehlbetrag von 11,5 Millionen Mark ausweisen. Für 1995 nimmt sich Macrotron den Sprung über die Umsatzmilliarde vor.
März
- Computer 2000 kündigt an, eine eigene PC-Linie auf den Markt zu bringen.
- In Hannover findet die CeBIT statt. Rund 750.000 Besucher sorgen für einen neuen Rekord und chaotische Verhältnisse in den Hallen.
- Actebis übernimmt von der Magirus Datentechnik die Massendistribution. Magirus will sich auf das Workstation-Geschäft konzentrieren.
- Die Distributoren Frank & Walter und CHS erklären auf der CeBIT, daß die beiden Unternehmen fusionieren wollen. Doch der Deal kommt nicht zustande.
- Nach der Übernahme des bankrotten Münchener Unternehmens Finkenzeller 1994 gerät Vollsortimenter Althoff in Bad Oeynhausen selbst ins Schlingern und meldet Vergleich an.
- Neuer Coup von Microsoft-Chef Bill Gates: Zusammen mit den Hollywood-Größen Steven Spielberg, Jeffrey Katzenberg und David Geffen gründet er die Multimedia-Firma Dreamworks Interaktive. Unternehmenszweck: Herstellung und Vertrieb von Multimedia-Software für Familien.
April
- Der neue japanische Sony-Chef Nobuyuki Idei will weitreichende strategische Allianzen mit Unternehmen aus der IT-Branche eingehen. Das Ziel: Sony soll in der Multimedia-Industrie eine führende Rolle einnehmen.
- Hewlett Packard stellt eine neue Workstation-Linie vor. Mit ihr und den nachfolgenden Produkten will HP bis zur Jahrtausendwende die Führungsrolle im weltweiten Serverbusiness übernehmen.
- Schlappe für Microsoft: Der Münchener Fachhändler Seemüller siegt vor Gericht gegen den Software-Giganten. Microsoft hatte Seemüller wegen angeblicher unseriöser Geschäftspraktiken vor den Kadi gezerrt.
- Auch Compaq und Packard Bell schlagen sich vor Gericht. Compaq beschuldigt seinen Konkurrenten, bei "neuen" PCs gebrauchte Komponenten einzubauen. Packard Bell weist die Vorwürfe zurück und beschuldigt einige Monate später Compaq desselben Vergehens.
- HP steigt mit Pentium-PCs in den amerikanischen Home-Markt ein. In den folgenden Monaten explodieren die Verkäufe, und HP klettert in der Rangliste immer weiter nach oben. Gleichzeitig sickern Gerüchte durch, daß HP bis zur Jahrtausendwende zum größten PC-Anbieter der Welt avancieren will.
- Die Escom AG kauft sämtliche Rechte der Commodore-Gruppe. Schon wenige Monate später nimmt Escom die Vermarktung der Commodore-Rechner auf, die preislich noch unter der Escom-Linie positioniert sind.
- Der ehemalige Toshiba-Geschäftsführer Hans-Jürgen Mammitzsch übernimmt die Chefposition bei Dell in Langen.
Mai
- Nach kräftigen Marktanteilsverlusten im Textverarbeitungsmarkt 1994 bläst Lotus mit dem neuen Programm WordPro zur Attacke auf Marktführer Microsoft.
- Nach der Entscheidung der Münchener Messegesellschaft für eine Konsumerverkaufsschau (bits & fun) kündigt auch die Deutsche Messe AG in Hannover eine vergleichbare Veranstaltung an. Die CeBIT-Home soll erstmals im Sommer 1996 stattfinden.
- Das amerikanische IT-Beratungshaus Gartner Group übernimmt die deutsche Gesellschaft MZ Projekte.
- Mit einem neuen Partnerprogramm will SCO Santa Cruz Operation 300 bis 500 zusätzliche Vertriebspartner in Deutschland gewinnen.
- Auch Netzwerkspezialist Cisco plant einen starken Ausbau des Handelskanals, um vor allem den SOHO-Markt aggressiver anzugehen.
- Die Bull AG in Köln hat ebenfalls ihr Herz für die Vertriebspartner entdeckt. Die Abteilung Open Systems & Software will bereits 1995 rund 20 Prozent des Umsatzes von 120 Millionen Mark im indirekten Vertrieb erzielen.
- Die geplante Übernahme des Finanzsoftware-Anbieters Intuit durch Microsoft kommt nicht zustande.
Juni
- IBM kauft für rund 5 Milliarden Mark Software-Hersteller Lotus Development. Lotus-Chef Jim Manzi bleibt zwar vorerst an Bord, scheidet ein paar Wochen später aber dann doch aus.
- Der zum japanischen Fujitsu-Konzern gehörende PC-Hersteller Fujitsu/ICL übernimmt die Mehrheit an der Aquarius Robotron Systems GmbH in Sömmerda.
- Der private TV-Sender SAT 1 kündigt seinen Einstieg in das PC-Geschäft an. Zunächst ist Escom als Vertriebspartner vorgesehen, doch dann kommt Konkurrent Vobis zum Zuge.
- Der ehemalige AT&T-Chef Rainer Liebich wird neuer Vorstandsvorsitzender der Bull AG in Köln. Sein Ex-Kollege Siegfried Grabowski, ehemals Leiter der AT&T-Produktion in Augsburg, heuert bei Miro in Braunschweig an.
Juli
- Der Hamburger Otto-Versand beteiligt sich mit 45 Prozent an der Actebis-Muttergesellschaft Computer Elektronik Dresden GmbH.
- Werner Sülzer wechselt von Olivetti als neuer Chef zur AT&T Holding GmbH nach Frankfurt. Sein Nachfolger auf dem Olivetti-Chefsessel wird Edmund Bernardi.
- Der ehemalige Borland-Geschäftsführer Leo Merkel übernimmt nach einem kurzen Gastspiel beim Druckmaschinenhersteller Linotype-Hell die Geschäftsführung bei der Gupta GmbH in München.
- Macrotron-Chef Michael A. Kaack kündigt an, mit einem eigenen Händler-PC auf den Markt zu kommen. Die Rechner sollen Anfang 1996 zur Verfügung stehen.
- Verwirrung um neuen Digital-PC-Chef: Wird er's oder wird er's nicht? Trotz anfänglichen Dementis von allen Seiten folgt kurz darauf die Bestätigung: Peter Kaiser übernimmt im September die Verantwortlung für Digitals PC-Geschäft in Deutschland.
- Symantec und Delrina fusionieren.
August
- Computer 2000 übernimmt die Mehrheit an dem amerikanischen Distributor Ameriquest. Neuer Marketingvorstand bei C 2000 und damit Nachfolger von Steve De Windt, der den Chefposten bei Ameriquest übernimmt, wird der Finne Perrti Ervi.
- Siemens Nixdorf auf neuen Wegen: Gemeinsam mit der Schwestergesellschaft Siemens Electrogeräte GmbH startet SNI zum Angriff auf den Consumer-Markt. Gleichzeitig weitet SNI damit das Vertriebsnetz aus. Neue Vertriebspartner: Rundfunkfachhändler!
- Nach der Gründung der Amiga Technologies GmbH durch die Escom AG
soll Ex-Commodore-Manager Rolf Wiehe mit seiner Firma M.V.S. den Handelskanal aufbauen.
- Schulterschluß zwischen Digital Equipment und Microsoft. Mit gemeinsamen Anstrengungen wollen die beiden Unternehmen die Sorgenkinder Alpha-Rechner und Windows NT nach vorne bringen.
- Bernhard Auer, bei Digital Equipment weltweit für das PC-Geschäft verantwortlich, wird überraschend vor die Tür gesetzt. Kurz darauf taucht er bei Olivetti in Italien wieder auf.
- Der Stuttgarter PC-Filialist Schadt schließt ein Abkommen mit Karstadt über den Vertrieb der Schadt-PCs (Markename "Proline"). Schadt plant für 1995 einen Absatz von insgesamt 100.000 Rechnern.
- IBM zieht sich aus dem Markt für magneto-optische Speichermedien zurück.
- Der kalifornische Netzwerkanbieter 3Com übernimmt Konkurrenten Chipcom. Dadurch entsteht hinter Cabletron der zweitgrößte Hub-Anbieter der Welt.
- Die ab Januar 1996 geltende EMV-Gesetzgebung und ihre Konsequenzen für PC-Assemblierer schlägt nach einem COMPUTER BUSINESS-Bericht in der Branche hohe Wellen. COMPUTER BUSINESS bietet den Betroffenen Seminare an, um sich auf die geänderte Situation vorzubereiten.
September
- Microsofts Betriebssystem Windows 95 kommt auf den deutschen Markt. Im Gegensatz zu den USA ist hierzulande von einem Run auf die neue Software wenig zu spüren. Bei vielen enttäuschten Händlern stapeln sich die Pakete. Das Wort vom "Flop" macht die Runde.
- Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin drängeln sich die PC-Hersteller. Die vorausgesagte Verschmelzung von Informationstechnologie und Unterhaltungselektronik (Multimedia) will keiner verschlafen.
- NEC startet mit den GDI-Centern eine neue Fachhandelsoffensive, um den Marktanteil im Drucker-Markt zu erhöhen. Einige Wochen später folgt die Erweiterung dieses Konzeptes auf den Notebook-Bereich (Versa-Center).
- Computer 2000 läßt die Katze aus dem Sack: Produzent der neuen Eigenlinie PC 2000 wird die Acer GmbH in Hamburg. Auf der Systems im Oktober werden die neuen Rechner erstmals vorgestellt.
- Wieder einmal strukturiert Olivetti die Organisation um und gründet zum 1. Januar 1996 eine eigene PC-Gesellschaft. Olivetti-Chef Carlo de Benedetti gibt der PC-Division noch eine letzte Chance bis Ende 1996. Wenn dann keine schwarze Zahlen vorliegen, soll Schluß sein.
- AT&T beschließt den Rückzug aus dem defizitären PC-Geschäft. Das Werk in Augsburg soll Ende 1995 geschlossen werden. In Deutschland sind rund 750 AT&T-Mitarbeiter von dieser Entscheidung betroffen. In den folgenden Wochen bemüht man sich intensiv um eine Lösung, wie man den Betrieb dennoch aufrechterhalten kann.
- Ausverkauf bei Spea: Nach der Mehrheitsübernahme von Speas 3D-Grafik-Prozessorentwicklungsabteilung durch die Philips GmbH schlüpft der deutsche Grafik-Spezialist wenig später bei Diamond Multimedia unter.
- Management-Revirement bei Lotus Deutschland: Geschäftsführer Dieter Giesbrecht geht, Gerhard Rumpff kommt. Rumpff war bis datot Chef der australischen Lotus-Organisation.
- Novell verkauft das UNIX-Geschäft an SCO Santa Cruz Operation. Hewlett Packard will UNIX mit der Entwicklung einer offenen 64 Bit-Plattform bis 1998 unterstützen.
- Festplattenhersteller Seagate kündigt an, den Konkurrenten Conner übernehmen zu wollen. Damit entsteht der größte Harddisk-Produzent der Welt.
- Der amerikanische Shooting-Star Netscape gründet Deutschland-Dependance in Hallbergmoos bei München.
- Dr. Horst Nasko, Ex-Vorstandsvorsitzender der Nixdorf AG und in den letzten Jahren Vorstandsvize bei SNI, geht von Bord. Auch SNI-Vertriebsvorstand Robert F. Hoogstraten verläßt das Unternehmen. Im Geschäftsjahr 1994/95 (30. 9.) schreibt SNI erstmals seit Bestehen schwarze Zahlen.
Oktober
- Der Wuppertaler Distributor Pluscom stellt Konkursantrag.
- Unruhe bei Apple: Nach dem Ausscheiden von Finanzchef Joseph A. Graziano steht auch Apple-Chef Michael Spindler in der Diskussion. Kurze Zeit später legt Apple die Geschäftszahlen für 1994/95 vor: Rund elf Milliarden Dollar Umsatz und 424 Millionen Dollar Gewinn.
- Microsoft ändert die Online-Strategie: Microsoft will mit msn keinen eigenen Dienst mehr, sondern nur noch eine Auffahrtrampe fürs Internet anbieten.
- Halbleiter-Hersteller AMD übernimmt für 1,2 Milliarden Mark seinen Konkurrenten NexGen.
- Vobis gründet die Software-Firma WitchDesk Inc. in den USA. WitchDesk ist ein Betriebssystemaufsatz für Windows 95 und OS/2.
- In München findet die Systems 95 statt. Rund 1.700 Aussteller kämpfen um die Aufmerksamkeit von etwa 116.000 Besuchern. Das erstmals in Halle 25 eingerichtete Fachhandelszentrum erweist sich als Flop. Die Münchener Messegesellschaft will in diesem Jahr mit einem geänderten Konzept für den Fachhandel auftreten.
- Actebis kündigt die Gründung einer neuen Gesellschaft an. Ab Januar übernimmt die Actebis International Distributiopn GmbH die weltweite Produktbeschaffung und die Verteilung der Ware innerhalb der Länderorganisationen. Zudem plant der Soester Distributor die Gründung einer Actebis Deutschland GmbH.
- Die beiden langjährigen IBM-Manager Bernhard Dorn und Wolfram Staiger scheiden aus dem Unternehmen aus.
November
- Neuer Chef der deutschen PC-Division von IBM wird Helmut Jost. Der ehemalige Commodore-Geschäftsführer und Escom-Vorstand soll die Marktführerschaft wieder zurückgewinnen.
- Intel stellt offiziell den neuen Prozessor Pentium Pro vor.
- Im Zuge der weltweiten Umstrukturierungen bei Apple wirft Sven Kielgas, Marketingdirektor Zentraleuropa, das Handtuch. Seine Position wurde wegrationalisiert.
- Nach dem Verkauf des UNIX-Geschäftes will Novell auch WordPerfect wieder abstoßen.
- Der koreanische Konzern Hyundai übernimmt den kalifornischen Festplattenhersteller Maxtor.
- Die Escom-Tochter Amiga Technologies in Bensheim plant, die Amiga-Rechner mit PowerPC-Prozessoren auszurüsten.
- Die Claris Corp. übernimmt den alleinigen Software-Vertrieb von Muttergesellschaft Apple.
- Computer 2000 weiht das neue Logistik-Zentrum in Moers ein und freut sich über eine Umsatzsteigerung im Geschäftsjahr 1994/95 auf fast 5 Milliarden Mark.
Dezember
- Apple-Händler Gravis in Berlin bringt einen eigenen "Gravis-Mac"
auf den Markt.
- Das taiwanesische Unternehmen Umax wird im 1. Quartal 1996 einen eigenen PC mit dem Macintosh-Betriebssystem auf den Markt bringen.
- Burkhard Vogel wird neuer Chef bei der Strässle. Er löst Wolfganf Dietrich ab, der nach 22jähriger Betriebszugehörigkeit seinen PC ausschaltet.
- Der amerikanische Chip-Hersteller AMD entschließt sich nach langen Verhandlungen, in Dresden eine neue Fabrik zu bauen. Die Fertigungsanlage (Investitionsvolumen: 2,8 Milliarden Mark) soll 1998 fertig sein und 1.400 Menschen beschäftigen.
- Microsoft und die Fernshegesellschaft NBC wollen zwei Joint-Venture-Unternehmen gründen, die einen 24-Stunden-Nachrichtenkanal und einen Online-Dienst anbieten werden.
- Hewlett Packard kündigt den Bau einer PC-Produktionsstätte in Herrenberg an.
- IBM freut sich über eine Millionen verkaufte OS/2-Pakete in Deutschland.
- COMPUTER BUSINESS erscheint in einem neuen Kleid und mit neuem Namen. ComputerPartner - lesen und lesen lassen.