Der Anfang August bekannt gegebene Ausstieg aus dem Geschäft mit PCs und Notebooks in Europa kam für die Fujitsu-Mitarbeiter und -Partner nicht völlig unerwartet, aber zu dem Zeitpunkt dennoch überraschend. Nicht unerwartet, weil das Geschäft sich nicht mehr lohnte und die Aussichten für das gesamte Segment - nicht nur für Fujitsu - alles andere als rosig sind. Dennoch überraschend, weil Fujitsu in den Monaten zuvor erst noch neue und durchaus anspruchsvolle Business-Produkte vorgestellt hatte (etwa die Mobile Workstation Celsius H7513 und das Tablet Stylistic Q7312) und auch bei den Bemühungen um den Channel kein "Schleifenlassen" zu erkennen war.
Gegenüber ChannelPartner erklärte Channel-Chef Santosh Wadwa den Ausstieg aus dem Client-Geschäft auf Anfage nun noch einmal damit, dass das Geschäft in Europa defizitär gewesen sei und die Aussichten für das Marktsegment generell schlecht sind. Der Ausstieg ist gut vorbereitet: Alle Support-Verträge für Client-Devices und Peripheriegeräte werden erfüllt, Produkte aus dem Geschäftsbereich werden noch bis April 2024 ausgeliefert. Garantieleistungen und Wartungsverträge wird Fujitsu ebenfalls erfüllen. Dabei hilft dem Unternehmen sicher auch, dass der Ausstieg (vorerst) nur Europa betrifft.
Partner zeigen Verständnis
In Europa ist aber Deutschland eines der am stärksten betroffenen Länder, da die Position aufgrund der gemeinsamen Historie mit Siemens hierzulande ebenfalls besonders gut ist. Dennoch hatten auch viele Partner den Braten schon gerochen. Für sie waren 2018 das Fujitsu-Lenovo-Joint-Venture und das Ende der Fertigung in Augsburg erste Vorzeichen der aktuellen Entwicklung.
Dennoch sind die meisten eher traurig als ärgerlich und glauben, den Abschied durch andere Hersteller ersetzen zu können. Context-Analystin Marie-Christine Pygott geht davon aus, dass vor allem "renommierte Anbieter" davon profitieren, sich der Prozess aber noch eine Weile hinzieht - gerade weil Fujitsu mit seiner Client-Sparte in Deutschland besonders gut im Behördengeschäft vertreten ist, wo die Austauschzyklen durchaus länger sind.
Wadwa bemüht sich nun, bei der Transformation zur Datacenter-Company möglichst viele Partner, die mit Fujitsu bisher vor allem durch das Client-Geschäft zu tun hatten, auf die Reise mitzunehmen. Schließlich hätten die im Grunde dasselbe Problem wie Fujitsu: Sinkende Marge, sinkendes Volumen und hohe Vergleichbarkeit machten auch für sie den Verkauf von Notebooks und PCs immer uninteressanter.
Er räumt aber auch ein, dass sicher nicht alle den Weg mitgehen können. Das wird vor allem die kleinsten Partner treffen. Die, die den Weg mitgehen wollen und können, kommen in ein gut funktionierendes Ökosystem. Bei den Channel Excellence Awards 2023 lag Fujitsu im Bereich "Storage Komplettsysteme" auf Rang zwei (hinter Synology und vor HPE und Dell), in der Kategorie "Server & (Hyper) Converged Systems" erhielt es als Bestplatzierter den "Channel Excellence Award". Die Partnerbetreuung auch in diesen Bereichen funktioniert also - sie muss nun "nur" noch auf die neuen Gegebenheiten angepasst werden.
So viel Partner wie möglich, so viel Distributoren wie nötig
Grundsätzlich will Wadwa so viele Partner wie möglich für die neuen Möglichkeiten begeistern. Dazu wird gerade ein Transformationsplan ausgearbeitet. Er soll spätestens zu den Partnertagen, die Anfang November in Garching bei München stattfinden, vorgelegt werden. Dann soll auch klar sein, mit welchen Distributoren Fujitsu hierzulande künftig zusammenarbeitet.
Denn durch den Wegfall des Client-Business werde nicht nur der zu verteilende Kuchen kleiner, sondern änderten sich auch die Aufgaben, sagt Wadwa. Aktuell arbeitet Fujitsu mit Also, Api, Bytec, Ingram Mirco und Siewert&Kau zusammen. 2024 werden es voraussichtlich nicht mehr fünf Distributoren sein. Aktuell analysiere man noch die jeweiligen Stärken. Dabei hab man weniger den Umsatz in der Vergangenheit, als vielmehr die Aufstellung für die künftigen Aufgaben im Blick. Auch diesbezüglich soll es an den Partnertagen ein Ergebnis geben.
Unklar ist aktuell auch noch, ob und wenn ja wie viele Mitarbeiter Fujitsu durch den Client-Ausstieg verlieren wird. Aktuell laufen noch die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern. Fujitsu will für die, die sich bei dem Konzern auch in anderen Bereichen eine Zukunft vorstellen können, Umschulungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Allerdings rechnet Wadwa auch damit, dass sein Unternehmen einige Mitarbeiter verlieren wird. Große Entlassungswellen scheinen jedoch nicht bevorzustehen.
Auf zu neuen Aufgaben
Im neuen Selbstverständnis als Datacenter-Company will sich Fujitsu künftig auf Daten und digitale Transformation, Hybrid Cloud und Hybrid IT, Infrastruktur für SAP-Landschaften sowie Resiliente Data-Plattformen konzentrieren. Consulting und Beratung - auch für Geschäftsprozesse - bildeen die zugrundeliegende Basis. Der Anteil des Channel-Geschäfts in allen diesen Bereichen soll auf 85 Prozent erhöht werden. Derzeit liegt er bei etwa 50 Prozent. Dafür sind erhebliche Investitionen vorgesehen.
Technisch hat sich Fujitsu ebenfalls schon für die Zukunft gerüstet. Im April wurde die KI-Plattform Kozuchi vorgestellt, mit den für 2027 erwarteten, besonders energieeffizienten Chips, die derzeit unter dem Code-Namen Monaka entwickelt werden, soll Quantencomputing breiter verfügbar werden, beim Supercomputing und dessen Kommerzialisierung ist Fujitsu mit dem Supercomputer Fugaku gut im Rennen und zusammen mit NTT und NTT Docomo bereitet sich der Konzern auf die Einführung von 6G als Mobilfunktechnologie vor. In Deutschland hat sich Fujitsu zudem mit dem Kauf von GK Software als Anbieter von Cloud-Services für den Einzelhandel positioniert.
Mehr UScale und neue Technologiepartnerschaften
Neben diesen eher lang- und mittelfristigen Wetten hat Fujitsu aber auch ganz konkrete Pläne, bestehende Geschäftsbereiche stärker in den Vordergrund zu rücken. Einer davon ist Fujitsu UScale, die nutzungsabhängige Abrechnung von Infrastruktur und Services. Das Angebot gibt es schon länger und es wird auch genutzt, gerade angesichts der wider gestiegenen Zinsen sieht Wadwa jedoch erhebliches Potenzial, es noch prominenter zu positionieren. Außerdem sei es inzwischen auch für den Vertrieb über den Channel ausgelegt - eine Anpassung, die nicht ganz einfach ist, wie auch Mitbewerber in der Vergangenheit feststellen mussten.
Ebenfalls aufgrund der hohen Zinsen sollen auch die von Fujitsu angebotenen Finanzierungsservices noch einmal erweitert und stärker ins Rampenlicht gerückt werden. Und nicht zuletzt will Fujitsu sein Ökosystem im Security-Bereich erweitern. Konkrete Namen kann Wadwa da noch nicht nennen, man dürfe sich die geplanten Aktivitäten ähnlich wie bisher im Storage-Umfeld vorstellen. Hier ist Fujitsu enge Technologiepartnerschaften zum Beispiel mit NetApp, CommVault, Veaam und VMware eingegangen.
Fujitsu stellt das Client-Geschäft ein
Partnerstimmen zum Fujitsu-Ausstieg aus dem PC- und Notebook-Geschäft
Context-Analystin Marie-Christine Pygott zu Fujitsus Ausstieg aus dem Client-Busines