Fortwährende Unruhe im Grafikkartenmarkt

09.09.1999

MÜNCHEN: Der Lebenszyklus von Grafikkarten wird stetig kürzer, immer schneller kommen neue Produkte auf den Markt. Der Anwender hat dies mit einer zunehmenden Kaufunlust quittiert. Dennoch erwartet die Distribution zum Jahresendgeschäft steigende Umsätze.Der Grafikkartenmarkt gehört nach wie vor zu den Sorgenkindern der Komponentenbranche. Beispielsweise haben die Geschäfte mit 3D-Beschleunigern nachgelassen. "Mit Voodoo ging ein Run auf 3D-Karten los und wurde von Voodoo II und Riva TNT fortgesetzt", erklärt Walter Marx, Produktmanager bei Computer 2000. "Mittlerweile sind alle Rechner standardmäßig mit 3D ausgerüstet. Zudem verwirren die vielen Neuankündigungen den Anwender."

In der Tat scheint der innovative Fortschritt den Grafikkartenmarkt mehr zu bremsen, als daß er ihn voranbringt.

"Die Produktzyklen werden immer kürzer, alle zwei bis drei Wochen erscheint ein neues Produkt auf dem Markt", klagt Marx. Hinzukommt, daß im ersten Halbjahr ein Merger nach dem anderen vonstatten ging, was im Handel für zusätzliche Unruhe und Verunsicherung gesorgt hat.

Schlechte Verfügbarkeit bremst den Absatz

P&T-Produktmanager Karsten Tinnemann bewertet das erste Halbjahr insgesamt als positiv. "Teilweise war das Grafikkartengeschäft sehr gut, weil wir unsere Umsätze stetig steigern konnten. Andererseits wurde das Geschäft durch die zunächst schlechte Verfügbarkeit der TNT-2- und Voodoo-III-Karten gebremst." Damit spricht Tinnemann einen weiteren Punkt an, der vielen Distributoren und Wiederverkäufern sauer aufstößt: die Verfügbarkeit. Gängige Karten sind zum Teil schlecht oder gar nicht lieferbar.

Siehe Matrox. "Der G400 ist bisher nur in kleinen Mengen erhältlich", sagt Marx. Angeblich soll sich das schnell ändern. Laut Matrox soll der Backlog noch im September komplett abgebaut werden. Insider hegen daran jedoch berechtigte Zweifel, denn sie sehen den kanadischen Hersteller schon seit längerem im Dauertief.

Davon will Matrox aber nichts wissen. Fakt ist, daß der Hersteller im OEM-Geschäft immer noch gut vertreten ist. Darunter leidet jedoch das Distributionsgeschäft. "Bei uns war der G200 so gut wie nicht verfügbar, Matrox hat nur OEMs beliefert", klagt ein Distributor gegenüber ComputerPartner.

Marktführer bei den Grafikkarten ist mit ATI ein Unternehmen, das so gut wie nie die Schlagzeilen der Presse bestimmt. "ATI hat das Einstiegssegment im ersten Halbjahr deutlich beherrscht", sagt Tinnemann. "Der Absatz der Fury-Karten mit dem Rage-128-Chip ist aber noch ausbaubar. Ich erwarte speziell bei ATI und auch bei den TNT-2 Karten noch deutliches Potential im Jahresendgeschäft." Mit jenem TNT-2-Grafikchip ist Nvidia ein großer Wurf gelungen. "Derzeit der beste in Stückzahlen lieferbare Chip", sagt Marx.

Pressetestberichte mit Auswirkungen

Zu den Verlierern gehört bisher S3. Karten mit dem Savage-4-Chipsatz liegen wie Blei in den Regalen. Entsprechende Tests waren in der Presse nicht gut für S3 gelaufen. Allerdings wurde hier oft ein Golf mit der S-Klasse verglichen. Schuld ist aber auch die Preispolitik von S3.

Erst eine radikale Preissenkung konnte den Absatz der Savage-4-Boards ankurbeln. "Ich gehe davon aus, daß sich die Karten im zweiten Halbjahr noch gut verkaufen werden", hofft Marx. "Aufgrund der DVD-Hardware-Unterstützung ist der Savage 4 in Verbindung mit einem Pentium III und einem DVD-Laufwerk eine sehr gute Lösung." Sorgen bereitet dem Markt aber auch der Zusammenschluß von S3 und Diamond. Experten behaupten, daß es Diamond ohne Spezialprodukte wie Rio und Home-Free nicht mehr geben würde. Die letzten großen Erfolge hatte der Hersteller mit den alten Voodoo-Karten.

Gewinner und Verlierer

Ein weiterer Verlierer ist eindeutig Hercules. Die Präsenz dieses Herstellers am Markt ist gegen Null gegangen, da keine aktuellen Produkte plaziert wurden. Nvidia hat große Marktanteile im Spiele-Segment erobert und wird seine Position noch ausbauen. Dieser Erfolg geht vor allem zu Lasten von 3dfx, "das sicher ein gutes und solides Produkt hat, aber aus Marketinggründen bald eine erschwingliche 32-MB-Karte bringen muß", fordern Händler gegenüber ComputerPartner. Wie zu hören ist, sind die Lager bei 3dfx voll. (kfr)

Creative Labs hat sich, gemessen an den Distributionszahlen, als Nummer zwei im Markt etabliert.

"Das meiste Geld läßt sich mit Massenware oder sehr teuren Produkten verdienen", erklärt Walter Marx.

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