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07.10.2004

Von: Andreas Dürst, agmd1@bluewin.ch

An: Herrn Damian Sicking, Chefredakteur, Computer Partner

Rotkreuz, 22. September 2004

Sehr geehrter Herr Sicking,

in Ihrem offenen Brief an mich werfen Sie eine bedeutsame Frage auf, welche in der Wirtschaft wie auch im Leben zu wenig gestellt wird: Es ist die Frage nach der Rolle, Bedeutung und Berechtigung von Ethik in unserer modernen Leistungsgesellschaft.

Mit einem Schmunzeln im Gesicht las ich Ihre Zeilen - gestatten Sie mir dazu noch zwei persönliche Bemerkungen:

- Manager, Geschäftsführer und Vorstände legen Ihre menschlichen Qualitäten und gesellschaftlichen Werte frühmorgens beim Eintritt in die Firma nicht ab, um sich diese am Abend vor dem Nachhause-gehen wieder überzustreifen.

- Sie haben Recht: durch Nettsein gewinnt man keine Marktanteile. Allerdings hindert einem nichts daran, beim Gewinnen von Marktanteilen nett zu sein. Nett sein, heisst nicht automatisch weich sein. Man kann eine harte Linie verfolgen und trotzdem anständig bleiben. Es gibt viele menschlich wertvolle Manager, die gleichzeitig erfolgreich sind. Gerade auch in Deutschland. Erfolg und Ethik schliessen sich nicht aus.

Sicher müssen wir eine zunehmende Verrohung der Wirtschaft - wie übrigens auch anderer gesellschaftlicher Systeme - feststellen. Den Grund dafür sehe ich zum Einen im Aussterben des Unternehmertums und der damit verbundenen ?Entpersonalisierung' der Wirtschaft, zum Anderen in der durch den Kapitalmarkt erzwungenen Ausrichtung von Unternehmensstrategien auf kurzfristige Börsengewinne. Die meisten Firmen sind heute in den Händen von institutionellen Anlegern, welche immer weniger einzelne Menschen vertreten. In dem von uns allen geförderten Börsensystem regieren nicht Moral und Ethik sondern einzig und allein der schnöde Mammon.

Ich bin kein sehr religiöser Mensch. Trotzdem, Matthäus 6,24 sagt: Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. Und genau hier schliesst sich der Kreis mit Konstanz, Gradlinigkeit, Offenheit und Ehrlichkeit in Chefetagen. Gerade in einer ?mammonistischen' Wirtschaft (und Gesellschaft!) kommt der Integrität der Führungsspitze eines Unternehmens wieder eine besondere Bedeutung zu. Denn wie im Märchen der kleine Däumling den bösen Wolf führt, so kann auch ein Top-Manager die Kräfte des Mammons steuern. Vielleicht wird er dabei manchmal gezwungen, gegen persönliche Interessen zu handeln und Zeichen zu setzen.

Mich würde es besonders freuen, wenn sich das von Ihnen beschriebene Weltbild über schweinische Manager ändern würde. Man braucht kein Prediger oder buddhistischer Mönch zu sein um zu erkennen, dass es auch im Management viele gute und erfolgreiche Menschen gibt. Sie werden uns helfen, aus der derzeitigen moralischen und wirtschaftlichen Krise zu finden.

Die Welt ist nur so schlecht, wie wir sie uns selber machen.

In diesem Sinne und noch immer etwas schmunzelnd,

Ihr Andreas Dürst

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