Mittelständische Unternehmen müssen ihre Bilanzen künftig auch gegen ihren Willen veröffentlichen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil (Az.: C-435/02) entschieden.
Die Konsequenz: Familiengeführte Unternehmen müssen wie Kapitalgesellschaften Bilanzen veröffentlichen. Damit erklärt das Gericht der in Deutschland meist übliche Praxis für ungültig, wonach familiengeführte Unternehmen Bilanzen nicht veröffentlichen.
Der EuGH hatte, wie die "Financial Times Deutschland" berichtet, den Fall des Medienkonzerns Axel Springer zu entscheiden. Dieser hatte die Bilanzen des kleineren Wettbewerbers Zeitungsverlag Niederrhein einsehen wollen. Der Zeitungsverlag wehrte sich und zog vor Gericht. Das Gericht entschied, dass die Offenlegung der Jahresabschlüsse "keinen unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff" für die Unternehmen darstelle.
Laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst Young veröffentlichen in Deutschland weniger als 15 Prozent der betroffenen Unternehmen ihre Bilanzen. Gerichte würden fehlende Bilanzen nur selten eintreiben. In Deutschland sind neben Kapitalgesellschaf-ten auch GmbHs zur Veröffentlichung ihres Jahresabschlusses gezwungen. Aber auch hier ist gängige Praxis, dass GmbHs die Bilanzver-öffentlichung vermeiden und, so es auf einen oft jahrelangen Rechststreit um die Bilanzen ankommen lassen. (wl)