Händler gebrauchter Softwarelizenzen sehen sich durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom vergangenen Jahr in ihrem Geschäft bestätigt. Die ChannelPartner-Schwesterpublikation Computerwoche stellt die verschiedenen Standpunkte einander gegenüber. So argumentieren die Befürworter des Second-Hand-Handels unter den Rechtsexperten.
"Der EuGH hat mit dem Usedsoft-Urteil die IT-Branche nachhaltig geschockt", sagen Thomas Hoeren, Direktor der zivilrechtlichen Abteilung des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) an der Wilhelms-Universität in Münster, und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Matthias Försterling. Zwar entsprächen die Ergebnisse des Urteils in weiten Teilen dem, was deutsche Gerichte bereits vertreten hätte, jedoch sei gerade die Begründung des Urteils "explosiv". In einem Beitrag der Ausgabe 10/2012 von MMR - MultiMedia und Recht, einer Zeitschrift für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht des Verlags C.H. Beck, analysieren die Rechtsexperten die wesentlichen Entscheidungsgründe sowie deren Auswirkungen auf Volumenlizenzen und Pflegeverträge.
Darum dreht sich der Streit
Der Streit, der am 17. Juli abschließend vom Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt werden soll, dreht sich in erster Linie um die Frage, inwieweit sich der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz auch für den Onlinebezug von Software anwenden lässt. Ein Grundsatz der EU-Softwareschutz-Richtlinie besage, dass eine einmal vom Rechteinhaber innerhalb der EU in Verkehr gebrachte Software vom Käufer frei weiterveräußert werden kann, schreibt Hoeren. Hintergrund sei, das Produkte im Warenverkehr frei zirkulieren können sollen.
Der Urheber solle nachfolgende Vertriebsmärkte nicht mit seinem urheberrechtlichen Verbreitungsrecht blockieren können. Umstritten war allerdings, ob dieses Prinzip auch gilt, wenn keine physischen Kopien der Software weitergegeben werden, dem Kunden jedoch mit Zustimmung des Urheberrechtsinhabers der Zugriff auf die Software via Internet-Download ermöglicht wird. Der Streit zwischen dem Softwarehersteller Oracle und dem Second-Hand-Händler Usedsoft landete nach einem jahrelangen Gang durch sämtliche Instanzen schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof - auch weil sich die Richter am Bundesgerichtshof wegen Auslegungsfragen hinsichtlich der EU-Richtlinie außerstande sahen, ein eigenes Urteil ohne Antworten seitens des EuGH zu fällen.
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