Über 40 Millionen regelmäßig wiederkehrende Kunden, allein in Deutschland, verschafften Amazon 2018 hierzulande einen Umsatz von rund 17,4 Milliarden Euro. Und mit einem Marktanteil von fast 50 Prozent am gesamten deutschen Online-Handel 2018 kann es sich kaum ein Händler leisten, seine Waren nicht auf „Amazon Marketplace“ zu verkaufen. Doch die eigenen Produkte einfach nur einzustellen, reicht nicht, um auch wirklich erfolgreich zu sein – schließlich ist die Konkurrenz groß.
Beachten Online-Shop-Betreiber allerdings einige einfache Regeln und verstehen sie erst einmal das Amazon-Verkaufssystem, dann erhöhen sich die Chancen für den Erfolg deutlich. Die folgenden Tipps zu den Themen Konto, Visualisierung und Preisgestaltung zeigen, worauf es zu achten gilt.
Konto ist nicht gleich Konto
Ein Händler, der sich zum ersten Mal dafür entscheidet, sich als Verkäufer bei Amazon anzumelden, muss zwischen zwei Optionen wählen: Basiskonto oder professionelles Anbieterkonto. Wer plant, mehr als 40 Artikel im Monat zu verkaufen, sollte sich auf alle Fälle für ein professionelles Konto entscheiden – denn bereits ab dem 40. Artikel lohnt es sich.
So bezahlt der Händler mit dem Professional Account eine monatliche Grundgebühr von 39,00 Euro statt 0,99 Euro pro Artikel. Auch hat er hier die Möglichkeit, Sonder- oder Aktionsangebote einzustellen, mit denen er sich zusätzliche Aufmerksamkeit verschafft.
Mehr Beachtung gelingt ebenfalls durch eine Platzierung in der sogenannten „BuyBox“. Sie erscheint prominent bei den Suchergebnissen und lässt so einzelne Händler hervorstechen. Es gibt eine Handvoll Faktoren, die darüber entscheiden, wer in die Box aufgenommen wird oder nicht: unter anderem
ein zur Konkurrenz wettbewerbsfähiger Preis,
die hohe Verfügbarkeit des Sortiments,
ein vielfältiges Versandangebot sowie
ein umfangreicher Kundenservice – FBA (Fulfillment by Amazon)
können hier hilfreich sein. Doch auch möglichst positive - das heißt seltene - Retouren haben ihren Einfluss. Somit fließt ein derart positives Feedback der Kunden entsprechend mit ein.
Grundvoraussetzung für gute Bewertungen von Kunden und Amazon gleichermaßen sind
lückenlose und umfangreiche Kontoeinstellungen
stets aktuelle Kontaktdaten,
das Aktivieren von Benachrichtigungen bei Bestellungen,
Retouren sowie Statusberichte.
Damit die unterschiedlichen Hinweise in die richtigen Kanäle geleitet werden, sollten Händler die E-Mail-Weiterleitung eingestellt haben und mit verschiedenen Mail-Adressen arbeiten. Das verhindert Spam und als Händler verliert man nicht so leicht die Übersicht.
Sichtbarkeit erhöhen und Optik verbessern
Wer als Händler auf Amazon gefunden werden will, muss einige Punkte beachten. So gilt ein vorbildliches Produktdatenblatt als Garant für mehr Kunden. Dazu gehört etwa, dass wirklich nur produktrelevante Informationen genannt werden – keine Links zum eigenen Shop oder zusätzliche Informationen zum Preis.
Stattdessen kommt es auch beim Platzhirsch der Marktplätze auf eine ordentliche SEO-Optimierung der Produkttitel und –beschreibungen an. Für die Länge gilt:
maximal 500 Zeichen für den Titel und
maximal 2.000 Zeichen für die Beschreibung
In der Überschrift möglichst alle Wörter groß schreiben.
Schlüsselinformationen wie Größe oder Farbe des Produkts bereits in der Überschrift enthalten
Beim Thema Textstruktur sind die Keywords entscheidend. Mindestens fünf Begriffe sollten stets genannt werden. Welche die richtigen, und damit entsprechend relevant sind, lässt sich beispielsweise durch die Auto-Suggest-Angaben bei ähnlichen Produkten im Suchfeld herausfinden: Das Wort „Kissen“ wird zumeist mit einer Größenangabe kombiniert; wer nach „Kaffeemaschine“ sucht, dem erscheinen Begriffe wie „thermo“, „Kapsel“ oder „Kinder“.
Sich hier inspirieren zu lassen, sollte jeder Händler auf Amazon beherzigen. Ganz ähnlich verläuft es bei der Kategorisierung: denn je genauer, desto besser! Kunden wissen in der Regel ganz genau, wonach sie suchen. Und eine zu grobe Kategorisierung lässt das eigene Produkt letztlich in der Masse untergehen.
Auch in Sachen Optik gilt: Wer gesehen werden will, muss sich präsentieren. Doch statt möglichst bunt und ausgefallen, sollten Produktbilder sachlich und aussagekräftig sein. Das wirkt professionell und lenkt die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche. Diesen Effekt erreichen Händler auf vielfältige Weise:
vor einem weißen Hintergrund hebt sich ein Produkt am ehesten ab,
die Bildgröße sollte mindestens 1.000 x 1.000 Pixel betragen und
in den Formaten .jpg/.png/.gif/.tif gespeichert sein.
Absolute No Gos sind Beschriftungen im Bild oder Leerzeichen bei den Dateinamen.
Geiz ist nicht geil: die richtige Preisgestaltung
Es gibt nicht den einen richtigen Preis. Händler müssen sich zwar zwangsläufig mit dem Thema auseinandersetzen, aber zu viel Energie sollte man nicht darauf verwenden. Vielmehr kommt es darauf an, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, die auch den Preis einschließt.
Grundsätzlich sollte jeder Händler bei der Gestaltung seiner Preise zwei Punkte im Blick haben: Discount-Angebote und die Marge. Erstere dienen dazu, durch zeitlich begrenzte, besonders niedrige Preise zusätzliche Aufmerksamkeit zu gewinnen. Doch müssen am Ende die Margen stimmen: Wer gute Produkte von hoher Qualität anbietet, diese ordentlich präsentiert und die Konkurrenz nicht aus dem Auge verliert, sollte auch angemessene Preise verlangen. Niemand sollte unter Wert verkaufen.
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen: Feiertage wie Weihnachten oder erkennbare Trends – wie derzeit beispielsweise das Thema Einhörner – sorgen für einen zusätzlichen Kundenandrang – aber auch für erhöhten Wettbewerb. Das führt dazu, dass der Preis für die Kunden möglicherweise zum Alleinstellungsmerkmal wird und Händler an dieser Stelle sehr schnell auf taktische Veränderungen reagieren müssen.
Amazons Tool der automatischen Preisanpassung kann jedoch genau diesen Druck deutlich verringern. Denn hier lassen sich unter anderem für eingestellte Artikel Preisparameter definieren, um automatisch auf Angebote von Wettbewerbern zu reagieren. Parallel dazu können aber auch untere sowie obere Preisgrenzen festgelegt werden. Das stellt sicher, dass weder Wucher- noch Spottpreise entstehen.
Auf ähnliche Weise funktioniert der sogenannte „Preishit-Vergleich“ bei Amazon. Abhängig von den Eigenschaften „Artikelzustand“, „Versandprogramm“, „Feedback-Bewertungen“ sowie „Bearbeitungszeit“ wird der Preis automatisch angepasst. Aber auch hier gilt: Wer Discount-Preise anbietet, muss parallel immer die Marge im Auge behalten.
Gerade für Händler, die noch am Anfang ihrer Marketplace-Karriere stehen, und leicht den Überblick verlieren können, gibt es ein zusätzliches Hilfstool von Amazon: der Amazon Verkaufscoach. Dieser informiert unter anderem darüber, wenn es in jüngster Zeit für bestimmte Produkte eine besonders hohe Nachfrage gab oder der eigene Artikelbestand im Lager aufgestockt werden sollte. Und selbstverständlich können solche Hinweishilfen auch erfahrenen Händlern ihren Arbeitstag deutlich erleichtern.
Versand kundennah gestalten
Kaum etwas ärgert Kunden mehr, als wenn sie nach einem erfolgreichen Kaufabschluss zu lange - oder im schlimmsten Fall vergeblich- auf ihre Bestellung warten müssen. Auch für einen Händler ist das eine Katastrophe. Schließlich ist die Kundenbindung im Online-Handel extrem volatil und schon kleinste Fehler können dafür sorgen, dass ein Shop-Besucher nicht wiederkommt. Damit genau das nicht passiert, sollten Händler ganz besonders gewissenhaft auf die Versand-Templates (Versand-Scheine) achten.
Die aktuell von Amazon gestellten Templates sind nicht nur sehr ausführlich, sondern bieten auch vielfältige Versandmöglichkeiten. Zuvor waren die Vorgaben auf globaler Ebene immer gleich - individuelle Kundenwünsche beim Versand konnten also gar nicht berücksichtigt werden. Die neuen Templates hingegen ermöglichen es den Händlern, den Versand für ihre Kunden sehr viel individueller zu gestalten. Zur Einfachheit lassen sich bestimmte "Versand-Profile" vordefinieren, die dann den Produkten zugeschrieben werden. Außerdem verringert ein vollständig ausgefüllter Versand-Schein mögliche Fehler. Einfache Beispiele:
Frankfurt am Main ist nicht Frankfurt an der Oder - selbst wenn die korrekte Postleitzahl eingetragen wurde, kann es unter Umständen doch noch zu einem Fehler kommen und die Sendung geht wohlmöglich an die falsche Adresse.
Verspätungen können zudem dadurch entstehen, dass ein Händler nicht zwischen Lieferzeiten und Bearbeitungszeiten unterschiedet und hier verkehrte Angaben macht.
Das gilt ebenfalls für die Funktion "Sie verreisen?", durch die die eigenen Angebote auf "inaktiv" gesetzt werden. So verhindern Händler während eigener Abwesenheit, dass Kunden "umsonst" auf ihre Bestellung warten.
Erhalten Kunden Trackingnummern, ist es für sie deutlich einfacher, den Status ihrer Bestellung nachzuvollziehen. Doch auch wenn die Bestellung pünktlich ankommt, gilt: Eine unansehnliche Verpackung, mit der zudem nicht pfleglich umgegangen wurde oder die ihren Inhalt nicht ausreichend schützt, kommt bei Kunden zurecht nicht gut an. Die Verpackung sollte daher stets einem hohen Standard entsprechen.
Um sich zusätzlich von der Masse abzuheben, sollten Händler bei den Produkt Feeds die Option "Geschenkverpackung" aktivieren. Die Verpackung eröffnet damit einen zusätzlichen Spielraum für individuellere Kundenbetreuung - derlei Art von Personalisierung bleibt in Erinnerung.
Um Problemen beim Versand möglichst aus dem Weg zu gehen, nutzen einige Händler bei so ziemlich jeder Gelegenheit FBA - Fulfillment bei Amazon. Der Dienst bietet zwar viele Vorteile, wie die Übernahme der gesamten Logistik (Lager, Verpackung, Versand), hat aber auch Nachteile:
Es kostet extra.
Ein personalisierter Versand ist nicht möglich.
Das Branding des eigenen Shops fällt weg, da Amazon das Verpackungsmaterial komplett selbst stellt.
Daher ist es besser, FBA nur bei den eigenen Top-Sellern zu bevorzugen: Die Masse lässt sich dadurch besser abarbeiten und die zusätzlichen Kosten halten sich im Rahmen.
Leistungsindikatoren im Auge behalten
Wer seinen Laden im Griff hat, sollte das auch mit Zahlen untermauern können. Denn selbst wenn die Umsätze und die Gewinnmarge auf den ersten Blick gut aussehen, kann dennoch viel Potenzial vergeben werden. Um das zu verhindern, sollten Händler bestimmte Indikatoren vor Augen haben, nach denen sie ihre Performance bei Amazon evaluieren können. Dazu zählen unter anderem:
Die Zahl fehlerhafter Bestellungen sollte unter einem Prozent liegen.
Die Stornierungsrate vor der Auftragsbearbeitung sollte weniger als 2,5 Prozent betragen.
Der Anteil verzögerter Absendungen sollte weniger als vier Prozent ausmachen.
Amazon selbst gibt Händlern bereits ausreichend Tools an die Hand, um diese Leistungsindikatoren im Blick zu behalten. Fallen die Zahlen unter einen bestimmten Wert, wird der Händler außerdem gewarnt. Dann könnte es allerdings schon zu spät sein. Besser ist es, die Performance in der eigenen Verkaufszentrale bei Amazon im Auge zu haben, um nach Möglichkeit frühzeitig zu reagieren.
Obwohl ein Händler jeden der genannten Indikatoren einzeln angehen sollte, gibt es einen gemeinsamen Aspekt, der sie alle beeinflusst: der Umgang mit Kunden-Feedback. Noch ist der stationäre Handel dem Online-Handel bei der direkten Begegnung von Auge zu Auge mit dem Käufer voraus. Doch gerade deswegen sollten Online-Shop-Betreiber, die den Marktplatz von Amazon nutzen, schnellstmöglich auf Kunden-Feedback reagieren. Denn wird dies vernachlässigt, wechseln vormals potenzielle Interessenten ganz schnell den Anbieter. Daher sollte der Kontakt zum Kunden für jeden Händler ganz oben auf der Agenda stehen.
Fazit: Erfolg ist beeinflussbar
Wenn Amazon-Chef Jeff Bezos von seinen Raumfahrtplänen schwärmt, dann sollten Händler nicht gleich darauf hoffen, ihre Produkte demnächst auf den Mars verkaufen zu können. Die Erde reicht völlig aus. Und Amazons Kunden von der Erde glücklich zu machen, ist auch keine Herausforderung wie das Rennen ins Weltall. Die vorgestellten Tipps sollten Händlern bereits einen guten Überblick darüber geben, auf was zu achten ist, um auf dem größten deutschen Online-Marktplatz erfolgreich zu sein.
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