In vielen Branchen ist es üblich, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern mit Kundenkontakt bestimmte Vorgaben zu ihrem äußeren Erscheinungsbild machen. Oftmals geht es nur darum, dass eine einheitliche Firmenkleidung als Erkennungszeichen vorgegeben wird oder dass ein der Branche angemessenes gepflegtes Äußeres gewährleistet werden soll.
Zunehmend aber versuchen Arbeitgeber gegenüber ihren Mitarbeitern auch weitere Details vorzuschreiben, wie die Farbe und die Länge von Fingernägeln, die Farbe der Unterwäsche oder die Farbe der Haare etc. Da solche Vorgaben das Persönlichkeitsrecht der einzelnen Mitarbeiter tangieren, sind solche Regelungsbereiche nicht selten Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite.
So steht es im Gesetz
Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber Regelungen zu einer Kleider- oder Trageordnung in seinem Unternehmen über das ihm zustehende Direktions- bzw. Weisungsrecht gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO) einführen. Dabei hat er billiges Ermessen auszuüben, was bedeutet, dass der Arbeitgeber die Grundrechte seiner Mitarbeiter und hier vor allem die bestehenden Persönlichkeitsrechte beachten muss.
Er muss also darauf achten, dass die jeweiligen Bestimmungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Diese müssen im Hinblick auf den mit einer solchen Vorgabe verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein. Besteht in einem Unternehmen ein Betriebsrat, so hat dieser bei der Einführung einer Kleider- oder Trageordnung über den § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht. Eine ohne die Zustimmung des Betriebsrats erlassene Kleider- oder Trageordnung ist rechtsunwirksam.
Anweisungen für weibliche und männliche Mitarbeiter
Streitig sind natürlich oftmals die Details, also die genaue Reichweite dieses Weisungsrechts. Das LAG Köln hatte vor ein paar Jahren (18.8.2010) hierüber zu entscheiden. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Sicherheitsunternehmen, welches unter anderem im Auftrag der Bundespolizei die Kontrollen der Flugpassagiere am Köln-Bonner Flughafen durchführte, vereinbarte mit dem Gesamtbetriebsrat gegenüber den Mitarbeiterinnen folgende Anordnungen:
"Das Tragen von BHs, Bustiers bzw. eines Unterhemdes ist vorgeschrieben."
"Diese Unterwäsche ist in Weiß oder in Hautfarbe ohne Muster / Beschriftungen / Embleme etc. zu tragen beziehungsweise andersfarbige Unterwäsche darf in keiner Form durchscheinen."
"Feinstrumpfhosen sowie Socken dürfen keinerlei Muster, Nähte oder Laufmaschen aufweisen. Grundsätzlich sind Socken oder Feinstrumpfhosen zu tragen."
"Fingernägel dürfen in maximaler Länge von 0,5 cm über der Fingerkuppe getragen werden."
"Fingernägel dürfen nur einfarbig lackiert sein."
Für die männlichen Mitarbeiter wurden folgende Anordnungen erlassen:
"Grundsätzlich sind Haare immer sauber, niemals ungewaschen oder fettig wirkend zu tragen."
"Eine gründliche Komplettgesichtsrasur bei Dienstantritt ist Voraussetzung; alternativ ist ein gepflegter Bart gestattet."
"Bei Haarfärbungen sind lediglich natürlich wirkende Haarfarben gestattet."
"Das Tragen von künstlichen Haaren oder Einflechtungen ist grundsätzlich nicht gestattet, wenn es die Natürlichkeit der Haarpracht beeinträchtigt."
Die Rolle des Betriebsrats
Der Betriebsrat am Standort Köln-Bonner Flughafen war bei dem Abschluss der vorstehenden Anordnungen nicht mit involviert worden und setzte sich hiergegen vor Gericht zur Wehr. Er monierte in dem Verfahren die Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Mitarbeiter.
Die Richter des LAG Köln stellten in ihrer Urteilsbegründung zunächst grundsätzlich fest, dass Mitarbeiter die Freiheit hätten, so am Arbeitsplatz zu erscheinen, wie es den persönlichen Wünschen und Bedürfnissen entspreche. Einschränkungen von Seiten des Arbeitgebers seien daher nach § 75 Abs. 1 und 2 BetrVG nur dann gerechtfertigt, wenn sie für die Erreichung eines legitimen Anliegens des Arbeitgebers geeignet, erforderlich und angemessen seien, also mit anderen Worten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen.
Fingernägel und Haare
Demzufolge sah das LAG Köln in der Gewährleistung eines einheitlichen Erscheinungsbildes der Mitarbeiter zwar ein anerkennenswertes legitimes Ziel. Dieses würde aber in erster Linie bereits durch eine einheitliche Dienstkleidung erreicht. Darüber hinausgehende Anordnungen müssten daher eine besondere Bedeutung haben, um jeweils rechtswirksam zu sein.
Insoweit hielten die Richter die Vorgabe des Arbeitgebers, die Fingernägel nur einfarbig zu lackieren, als unverhältnismäßig, denn diese Anordnung sei im Ergebnis nicht geeignet, ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Denn hier spiele die Farbe der Fingernägel nach Ansicht der Richter nur eine untergeordnete Rolle.
Gleichermaßen kippten die Richter auch die Regelung für die männlichen Mitarbeiter im Hinblick auf die Färbung ihrer Haare und das Tragen von Toupets. Insoweit wiesen sie darauf hin, dass die Mitarbeiter ohnehin unterschiedliche Frisuren und Haarfarben hätten, so dass mit dieser Regelung ein einheitliches Erscheinungsbild nicht gefördert werden könnte. Außerdem greife das Verbot eines Toupets viel zur sehr in das Selbstwertgefühl und damit in das Persönlichkeitsrecht von Männern ein, welche unter einem frühen Haarverlust leiden.
Unterwäsche und Rasur
Demgegenüber bestätigen jedoch die Richter die Regelung zur Länge der Fingernägel, da es auch dazu diene, die Verletzungsgefahr von Flugpassagieren bei der Kontrolle zu vermeiden. Auch die Pflicht zum Tragen von Unterwäsche und die Festlegung der Farbe sowie das Verbot von Mustern auf der Unterwäsche wurde von Seiten der Richter im Hinblick auf ein ordentliches Erscheinungsbild und auf die Langlebigkeit der im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Dienstkleidung für wirksam erachtet.
Mit Bezug auf die Vorgaben zur Rasur sowie zu einer gepflegten Haarfrisur bei den Männern wiesen die Richter ebenfalls auf die Notwendigkeit eines angemessenen Erscheinungsbilds hin und betonten, dass es sich hierbei ohnehin nur um Selbstverständlichkeiten handele, die keine außergewöhnlichen Maßnahmen abverlangten (LAG Köln, Beschluss vom 18.08.2010, Az.: 3 TaBV 15/10).
Mit dem vorstehenden Beschluss haben die Richter des LAG Köln deutlich gemacht, dass die Frage der Zulässigkeit von solchen Anordnungen über das Erscheinungsbild von Mitarbeitern immer eine Frage des Einzelfalls ist. Jede einzelne Anordnung muss hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit betrachtet werden, eine pauschale Sichtweise verbietet sich. Denn was für das eine Unternehmen unzulässig ist, kann für das andere Unternehmen gerechtfertigt sein.
Grundsätzlich zeichnet sich aber eine Tendenz dahingehend ab, dass Regelungen mit Bezug auf die Kleidung des Mitarbeiters (bis hin zur Unterwäsche) eher verhältnismäßig sein werden, als Regelungen, die den Körper selbst betreffen, wie die Farbe der Haare oder die Farbe der Fingernägel. (oe)