Es mag in diese bewegten ökologisch aufgeheizten Zeiten fast schon wie ein Anachronismus klingen, aber Unternehmen sollten wachsen. Oliver Wegner formuliert es noch schärfer: "Wachstum unterliegt keinem Wahlrecht!"
Was er darunter versteht, erklärt der Entrepreneur von evolutionplan in seiner Wachstumsformel. Der zur Folge wächst das Unternehmen erstmals über die Anzahl der Menschen im Unternehmen. Als Multiplikatoren kommen hinzu die Organisationsstruktur und die Führungskultur hinzu. Eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, aber Wegner versteht es auf seine unnachahmlich überzeugende Weise die Zusammenhänge aufzuzeigen. Anhand von Beispielen von Unternehmen, die er zum Teil persönlich beraten hat, verdeutlicht er, was eine zeitgemäße Organisationsstruktur und vorbildlich gelebte Führungskultur so alles bewirken können.
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Als weiteres Mitglied der Wegnerschen Wachstumsformel kommt noch der Unternehmer selbst als Exponent dazu. Das mag übertrieben erscheinen, schließlich kann die Vision eines Unternehmers allein kaum zum exponentiellen Wachstum beitragen, auch wenn dahinter die richtige Strategie steckt. Aber Wegner möchte damit die Bedeutung des Unternehmers als Leitwolf dem Leser vor die Augen führen.
Wachstum kommt laut Wegner sowohl von innen als auch von außen. Das heißt, es gibt konkret eine steigende Nachfrage nach den Lösungen und Services des Unternehmens ("außen") und die betriebswirtschaftlichen Parameter zeigen eine Steigerung von Umsatz und Ertrag. Das ist aber noch kein Zeichen dafür, dass das Unternehmen wirklich gesund wächst. Im Unternehmen braucht es beispielsweise auch Mitarbeiter, um diese steigende Nachfrage zur vollsten Zufriedenheit der Kunden zu bewältigen ("innen"). Um dieses Konzept zu untermauern, stellt Wegner anhand von konkreten Beispielen vor, was passiert, wenn ein Unternehmen nur von außen getriggert ("krankes Wachstum") oder innen viel mitbringt, die wirtschaftlichen Erfolge sich aber nicht einstellen („gehemmtes Wachstum“).
Anschließend "dreht" der Autor virtuell an den Stellschrauben (Mitarbeiter, Organisation, Führungskultur und die Unternehmensstrategie), um darzulegen, wie sich "gesundes Wachstum" (von innen und von außen angetrieben) gestaltet. Das Buch bietet neben einem Modell („dem Wachstumsquadranten“), um herauszufinden, auf welchem Wachstumsweg das eigene Unternehmen aktuell steht, konkrete Hilfestellungen für den Unternehmensalltag.
Anschließen geht Wegner auch auf moderne Persönlichkeitsmodelle ein, um Mitarbeiter zu charakterisieren. Für viele mag das ein alter Hut sein, aber angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels schlagkräftige Teams adäquat zu besetzen und die besten Talente zu halten, da bekommt das Thema "Persönlichkeitsmodell" eine hohe Relevanz.
Auch das von Wegner oft zitierte Bespiel von Franck Ribéry, der als Spieler nur beim FC Bayern und das auch nur bei bestimmten Trainern sein volles Potential abrufen konnte, mag abgedroschen klingen, wahr ist es trotzdem. Dass man Mitarbeiter individuell behandelt und deren Stärken fördert, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Denn für ein gesundes Wachstum ist das Umfeld in einem Unternehmen entscheidend.
Authentisch und überzeugend
Wegner versucht dabei stets, ein neues Wachstumsbewusstsein zu etablieren und scheut dabei auch nicht aus eigener leidvollen Erfahrung zu berichten, dass man - um gesund zu wachsen - zunächst einmal unter Umständen schrumpfen muss.
Über elf sogenannte "Weg.WEISER" gibt Wegner dem interessierten Leser eine klare Struktur in Verbindung mit konkreten Wachstumsimpulsen und stellt ihm dabei Fragen, deren Beantwortung ihm helfen soll, das gesunde Wachstum seines Unternehmens zu halten oder voranzutreiben.
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An wen wendet sich das Buch von Wegner? Natürlich an alle Firmenlenker, die irgendwann mit dem Gedanken spielen, ihr Unternehmen möglichst gewinnbringend zu veräußern. Angesprochen vom Wegnerschen Werk dürfen sich aber auch alle Führungskräfte fühlen, die ihre Aufgabe als "Leader" ernst nehmen und sich nicht nur als "Manager" des Tagesgeschäfts sehen. Aber auch alle Mitarbeiter mit einem gewissen Maß an Eigenverantwortung können aus der Wachstumsformel viele interessante Erkenntnisse ziehen, und seien es nur welche, um die Leistungen des eigenen Chefs angemessen und wertneutral zu beurteilen.
Auf jeden Fall ist das Erstlingswerk von Oliver Wegner fast immer kurzweilig zu lesen. Legt man es einmal bei Seite, gelingt der Wiedereinstieg überraschend schnell.
Buchautor: Oliver Wegner
Titel: "Die Wachstumsformel. Wie Unternehmen florieren statt einfach nur größer zu werden; Wiley-VCH Verlag, Weinheim 2018; 252 Seiten, 24,99 Euro, ISBN: 978-3-527-50923-2
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