Mit dem richtigen Standort und der passenden Kühltechnologie können Unternehmen beim Betrieb eines Rechenzentrums viel Energie und Geld sparen. Länder im Norden mit gemäßigten Temperaturen – beispielsweise Irland oder Schweden – liegen gut im Rennen. Doch der grüne Server in Norwegen, wie ihn etwa Fjord IT oder Green Mountain anbieten, ist nicht für jede Organisation eine passende Lösung. Oft sollen eigene Rechenzentren oder gehostete Infrastruktur wenigstens einigermaßen in der Nähe stehen, zumindest aber im deutschen Rechtsraum. Und weil hiesige Unternehmen bei Kühl- und Klimatechnik weltweit führend sind, kommen aus ihren Ideenschmieden immer wieder neue Konzepte, die optimale Kühlung garantieren sollen. Sie werden nicht nur auf der IT-Leitmesse CeBIT vorgestellt, sondern finden sich auch auf sehr spezialisierten Veranstaltungen wie der Sanitär- und Klimamesse ISH, die jährlich in Frankfurt stattfindet.
Einen schnellen Überblick über die vorgestellten Kühlsysteme bietet unsere Bilderstrecke:
Kühlung im Rechenzentrum mit Kühlrad
Ein Beispiel für moderne Kühlkonzepte ist das neue Kollokations-Rechenzentrum der Noris Network in Nürnberg. Sein PUE-Wert(Power Usage Effectiveness) lag 2012 bei 1,3, 2013 soll er wegen der besseren Auslastung 1,2 betragen, die Stromdichte 2,5 kW pro Quadratmeter. Gekühlt wird mit einem Kühlrad von Kyoto Cooling. Solche Räder werden seit Jahrzehnten zur Gebäudekühlung verwendet, existieren allerdings erst kurz auch für Rechenzentren. Noris kombiniert aktuell zwei Kyoto-Cooling-Zellen mit je einem Rad von sechs Metern Durchmessern und drei Tonnen Gewicht. Sie bestehen aus Alu-Wärmetauschern und drehen sich je nach Kühllast und Außentemperatur mit 1-6 U/min. Geplant sind bis zu achtzehn Kühlzellen – jedes Jahr eine mehr. Die Einlasstemperatur der Rechner liegt bei 22 Grad. Wenn die Außenluft über 19 Grad warm ist, setzt Noris zusätzlich Kompressoren ein. „Wir könnten am Rechner auch mit höheren Einlasstemperaturen arbeiten, aber die Kunden wollen es anders“, erklärt Florian Zippel, verantwortlicher Projektleiter für Rechenzentrumsbau bei Noris Network. Die Kühllast, also das Verhältnis von IT- zu Kühlenergie, betrage bis zu einer Außentemperatur von 19 Grad nur 7 Prozent.
Heißluft ab nach oben
Auch der Rechenzentrumsbetreiber Hetzner Online, für sein nachhaltiges RZ-Konzept bereits ausgezeichnet, verwendet Luft als Kühlmittel. Hetzner nutzt ein standardisiertes RZ-Design. Jedes RZ hat 1.600 KVA (Kilovoltampere) USV-Leistung und einen Soll-Arbeitspunkt von 1.200 KW (Kilowatt) Wärmelast. Die Nennkühlleistung jedes RZ liegt bei 1.600 KW und wird auf 16 Anlagen zu 100 KW aufgeteilt. Die Stromdichte beträgt je nach RZ zwischen knapp 1 und 2,7 kW/qm. Der PUE-Wert wurde vom TÜV Süd mit 1,124 im Jahresmittel berechnet. Marketing-Manager Christian Fitz erläutert: „Gegenüber einem RZ mit PUE 2,0 sparen wir jährlich 8,75 Millionen kWh (Kilowattstunden) pro Rechenzentrumseinheit. Neun davon laufen derzeit. Das entspricht bei Hetzner jährlich einer Einsparung von etwas über neun Millionen Euro jährlich.“
Hinsichtlich der Anlagen-Betriebsführung weist Fitz auf die bei Kälte draußen sehr geringe Luftfeuchtigkeit an den Servern hin.
Mittelfristig will Hetzner auf Warmgangeinhausung umsteigen, um höhere Ablufttemperaturen ohne Beeinträchtigung der Mitarbeiter zu ermöglichen. "Außerdem sollte man insgesamt weg von Kühlung und hin zur Nutzung der erzeugten Wärme gehen", fordert der Manager. Einsatzbereiche der Abwärme wären beispielsweise die Trocknung von Holzpellets, Klärschlamm oder das Aufladen von Wärmeakkus.
Direkte oder indirekte Freiluftkühlung
In puncto Kühltechniken gilt es zu unterscheiden zwischen direkter und indirekter freier Kühlung. Die direkte freie Kühlung kühlt die Rechner direkt mit der kühlen Außenluft, die indirekte freie Kühlung nutzt zusätzlich zur Wärme/Kälteübertragung ein Wasser-Glykolgemisch und Wärmetauscher. Die energetischen Unterschiede zwischen reiner und indirekter Freikühlung fallen knapp aus – zumindest bei der Kühltechnik-Simulation eines Rechenzentrums der Swisscom in Zürich: Während die simulierten Gesamt-Energieeinsparungen bei indirekter Freikühlung bei 54 bis 55 Prozent lagen, bewegten sie sich bei direkter Freikühlung im Bereich von 56 Prozent. Höhere Temperaturen am Servereingang brachten dabei nur einstellige zusätzliche Einsparungen. Der größere apparative Aufwand bei indirekter Freikühlung wurde in die Überlegungen nicht einbezogen. Beteiligt waren daran Forscher der Fachhochschule Nordwestschweiz, der Swisscom und der R+B Engineering. Die Wissenschaftler betonen, dass es sich hier um die Simulation eines individuellen Rechenzentrums handele, dass also die Ergebnisse für andere RZs durchaus anders aussehen können.
RZ-Kühlung mit Wasser in der Tür
Wasser leitet Wärme bis zu 4000-mal besser als Luft. Das machen sich immer mehr Anbieter zunutze. Beispielsweise eCube Computing: Das Unternehmen hat seine Wasserkühlungstechnologie zuerst im Rechenzentrum des Teilchenbeschleunigers CERN implementiert und jetzt in einem RZ der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH. Ein Referenzrechenzentrum befindet sich am Loewe CSC (Center for Scientific Computing) der Universität. Erfunden hat die Technologie der Firmengründer Prof. Dr. Volker Lindenstruth, der den Lehrstuhl für die Architektur von Hochleistungsrechnern an der Goethe Uni in Frankfurt innehat. eCube kühlt mit wasserdurchströmten Wärmetauschertüren an den Racks.
"Diese Türen benötigten zunächst noch Ventilatoren, sind aber inzwischen so weit optimiert, dass sie ohne diese Ventilatoren auskommen und also als einziges Kühlsystem im RZ verwendet werden können.“ Nötig sind nur noch Pumpen, die laut eCube-Geschäftsführer Alexander Hauser rund drei Prozent der Energie des gesamten RZ verbrauchen, und Kühltürme für die indirekte freie Kühlung des Wassers. Die Server im Referenzrechenzentrum werden mit 30 Grad Eingangstemperatur betrieben. Ein Doppelboden entfällt. Die Stromdichte kann bis zu 6 kW pro Kubikmeter oder 35 kW pro Rack betragen. Als PUE-Wert für das Rechenzentrum in Frankfurt gibt Hauser 1,1 an. An den Systemen müssten über die Türen hinaus keine Veränderungen vorgenommen werden.
"Die Türen sind heute mit 2.200 Euro etwas teuer", räumt Hauser ein. Leichtere und daher auch billigere Typen seien in der Entwicklung. Außerdem entwickelt eCube ein Konzept für freistehende Rechner, wie sie bei Kollokationsrechenzentren die Regel sind.
BT setzt auf Regenwasser zur Kühlung im Data Center
Der Telekommunikationsanbieter BT betreibt zur Kühlung in einem Frankfurter Rechenzentrum ein Regenwassersammelbecken. Der unterirdische 240000-Liter-Tank sammelt Wasser für die Rückkühlung der RZ-Fläche. Vor dem Einsatz wird es entkeimt und gefiltert. Im Kaltgang herrschen maximal 24 Grad. Pro Rack beträgt die Strombelastung 15 bis 20 kW, pro Quadratmeter 2 kW. Die Leistungen der Kühlanlage liegen bei 9660 kW, dazu kommen 11200 kW maschinelle Kühlmöglichkeiten.
Bei der freien Kühlung wird das Wasser durch den Rückkühler auf dem Dach geführt, der das Wasser mittels Außenluft kühlt. Ist es wärmer, wird der Rückkühler mit Regenwasser bespritzt, was einen weiteren Kühleffekt hat, so dass die freie Kühlung bis zu einer Außentemperatur von 16 bis 17 Grad ausreicht. Bei höheren Temperaturen unterstützen die Kältemaschinen. Das überschüssige, nicht verdunstete Wasser wird anschließend ins System zurückgeführt. „Reicht das Regenwasser nicht aus, verwendet BT Waser aus städtischen Leitungen“, sagt Oliver Henkel, Head of BT Compute bei BT Germany. Der PUE der Anlage liegt bei 1,3.
Kaltes Wasser aus dem Brunnen kühlt das RZ
Der RZ-Betreiber IGN aus München ist eines der Unternehmen, die Wasser aus Brunnen verwenden, um die Abwärme aus dem Rechenzentrum zu entfernen. Weil Grundwasser immer eine Temperatur von 11,5 Grad hat, braucht man keinerlei Kühlgeräte, lediglich Energie für Pumpen, die pro Pumpe 1,8 kW Leistung haben. „Auch wenn sich das Klima erwärmt, gehen wir davon aus, dass das Grundwasser seine Temperatur hält“, erläutert Dr. Andreas Thomas, Leiter Vertrieb bei IGN. Die Anlage soll 40 Jahre lang halten. Das RZ darf über zwei 15 Meter tiefe Brunnen bis zu 90 m3 Wasser täglich aus dem Aquifer (Fachwort für Grundwasserschicht) entnehmen. Das Wasser wird gefiltert und an primären Wärmetauschern vorbeigeführt, es kommt also nicht mit Stoffen in Berührung und wird nicht verunreinigt. Zwei weitere Brunnen führen das Wasser fünf Grad wärmer zurück. Gekühlt werden können damit 230 Racks mit 2,5 kW Leistung. Der PUE-Wert liegt ab einer Auslastung von 60 Prozent bei 1,2, das spart den Angaben zufolge 4,2 Millionen kWh ein. Interessant ist, dass sich IGN die Kalt- respektive Warmgangeinhausung sparen kann, weil die Temperatur des Kühlmediums dadurch nicht beeinflusst wird - es kommt ja mit der richtigen Temperatur aus dem Boden.