Recht im E-Commerce

Die neue Geoblocking-Verordnung

18.12.2018
Von    und Sandra Saling
Dr. Michael Rath ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Informationstechnologie-Recht und Partner der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Köln. Zudem ist er Certified ISO/IEC 27001 Lead Auditor. Seine Beratungsschwerpunkte sind das IT-Recht, Datenschutzrecht und der Gewerbliche Rechtsschutz. Dr. Michael Rath ist u.a. Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik e.V. (DGRI) und akkreditierter Schlichter für IT-Streitigkeiten bei der Schlichtungsstelle der DGRI.
Maßnahmen, durch die Onlineshops Nutzer aus bestimmten Ländern ablehnen oder auf andere Seiten umleiten, werden durch die Geoblocking Verordnung verboten. Die EU will dadurch Diskriminierungen im Online-Handel aufgrund des Wohnorts abschaffen und einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt fördern.

Die Geoblocking-Verordnung der EU soll pünktlich zur Weihnachtzeit das so genannte Geoblocking im Online-Handel abschaffen. Unter Geoblocking versteht man technische Verfahren, die verhindern, dass User aus bestimmten Ländern auf eine Webseite zugreifen.

Weltweit, Handel, shipping, Supply chain 16:9
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Foto: AlexLMX - shutterstock.com

Die User werden anhand bestimmter Informationen wie Adresse, Zahlungsdetails, Wohnsitzland, IP-Adresse, Telefonnummer oder Sprache, einem Land zugeordnet. Die Verfahren schließen daraus auf einen bestimmten geografischen Standort und leiten den User dann entweder auf die für sein Land lokalisierte Webseite um oder verbieten dem User den Zugriff. Die Geoblocking-Verordnung stellt andere Verfahren dem technischen Geoblocking gleich: hierzu zählen auch unterschiedliche AGB für Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten. Die Betreiber von Onlineshops verfolgen ganz unterschiedliche Ziele: andere Preisstrukturen, andere Rechtsregelungen und eine fehlende Geschäftsaktivität in einem Land. Die EU möchte diese Verfahren zum großen Teil ausschließen. Ziel ist es, innerhalb der EU einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, in dem jeder Nutzer frei ist, dort zu kaufen, wo er möchte.

Anwendungsbereich

Die Verordnung gilt im persönlichen Anwendungsbereich nur für den Vertrieb an Endabnehmer. Nach der Verordnung sind natürliche Personen gemeint, die nicht zu geschäftlichen Zwecken handeln, sowie Vertriebe, die an gewerbliche Abnehmer Waren und Dienstleistungen "zur Endnutzung" verkaufen. Von dem Verbot des Geoblockings nach der neuen Verordnung sind jedoch nicht die Abnehmer betroffen, die Waren und Dienstleistungen zum Weiterverkauf oder zur Weiterverarbeitung erwerben wollen. Ebenso gilt die Verordnung nicht für rein inländische Sachverhalte, bei denen sich alle wesentliche Bestandteile der Transaktion auf einen einzigen Mitgliedsstaat beschränken.

Zudem nimmt die Verordnung ganze Wirtschaftsbereiche aus dem Anwendungsbereich heraus:

  • Finanzdienstleistungen

  • Gesundheitsdienstleistungen

  • audiovisuelle Dienste

  • Leiharbeit

  • Telekommunikation

  • soziale Dienste

  • Glücksspiel

  • Sicherheitsdienste

sind nicht von dem Anwendungsbereich erfasst.

Kern dieser Verordnung

Die Verordnung umfasst drei spezifische Fallkonstellationen, die aufgrund einer Diskriminierung verboten sind.

1. Zugangsbeschränkung zu Online-Benutzeroberflächen

2. Diskriminierung bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

3. Diskriminierung bei Zahlungsmethoden

Zugangsbeschränkung zu Online-Benutzeroberflächen

Die Verordnung verbietet Zugangsbeschränkungen zu Online-Benutzeroberflächen, wie Webseiten, Apps oder Plattformen, und die Weiterleitungen auf andere Webseiten aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Aufenthaltsortes.

Ausnahmen sind zulässig, wenn der Endkunde dem zustimmt. Es muss ihm jedoch möglich bleiben die Zustimmung zu widerrufen. Außerdem sieht die Verordnung Ausnahmen vor, sofern die Sperrung, die Zugangsbeschränkung oder die Weiterleitung erforderlich ist, um die Erfüllung rechtlicher Anforderungen im Unionsrecht oder im mit dem Unionsrecht übereinstimmenden Recht eines Mitgliedstaats, dem die Tätigkeit des Anbieters unterliegt, zu gewährleisten.
In diesen Fällen muss der Anbieter den Kunden die Sachverhalte klar und deutlich erläutern.

Keine Diskriminierung durch AGB

Den Betreibern von Onlineshops ist es untersagt, unterschiedliche Allgemeine Geschäftsbedingungen für Kunden aus unterschiedlichen Mitgliedsstaaten vorzusehen. Dieses Verbot greift, wenn der Onlineshop Waren verkauft und die Lieferung in einen bestimmten Mitgliedsstaat anbietet, Kunden aus einem Mitgliedsstaat aber untersagt, diese Waren dort abzuholen oder durch einen Dritten Dienstleister an den Kunden zu liefern.
Ebenfalls greift das Verbot bei weiten Teilen elektronischer Dienstleistungen.

Der Anbieter ist jedoch nicht verpflichtet, Waren in einen Mitgliedstaat zu liefern, in dem eine Lieferung rechtlich nicht möglich ist. Allerdings sollte dies dann in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieter konkretisiert werden. Jeder Kunde, egal ob dieser die deutsche Website des Anbieters aufruft oder eine andere europäische Website, sollte zu den gleichen Konditionen einkaufen können.

Die Händler werden durch die Verordnung nicht verpflichtet, vielsprachige Webseiten vorzuhalten. Es geht eher darum, die bisherigen Beschränkungen aufgrund des Geoblockings zu beseitigen und das Erwerben von Waren länderübergreifend zu ermöglichen. Nach der Verordnung ist es dem Anbieter nicht verboten, seine AGB so auszugestalten, dass sie sich von einem zum anderen Mitgliedsstaat oder von einer zur anderen Kungruppe unterscheiden. Er muss dies jedoch in nichtdiskriminierender Weise tun.

Diskriminierung bei Zahlungsmethoden

Schließlich verbietet die Geoblocking-Verordnung, Kunden bei der Abwicklung von Zahlungsvorgängen ungleich zu behandeln. Der Händler hat dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungsmöglichkeiten für jeden europäischen Kunden auf der Webseite einheitlich gestaltet sind. Der Händler kann hierbei frei entscheiden, welche Zahlungsmittel er akzeptiert. Er muss nicht jedes mögliche Zahlungsmittel anbieten. Allerdings darf hierbei keine Diskriminierung wegen des Standorts des Zahlungskontos, der Niederlassung des Zahlungsdienstleisters oder des Ausstellungsortes des Zahlungsmittel entstehen.

Auswirkungen in der Praxis

Es bleibt zulässig verschiedene Ländershops in der EU anzubieten und Angebote auch zu unterschiedlichen Preisen zu verkaufen, solange die Nationalität, der Wohnort und der Niederlassungsort des Kunden keine Rolle spielen und auf keine Diskriminierung hinweisen.

Bis zum Inkrafttreten der Verordnung sollten Unternehmen mit Internetvertrieb dafür Sorge tragen, dass Geoblocking-Maßnahmen nicht mehr zum Einsatz kommen beziehungsweise auf den Prüfstand gestellt werden. Diskriminierende Zugangsbeschränkungen für Kunden aus anderen Mitgliedsstaaten müssen kritisch überprüft werden. Allerdings wird Geoblocking nicht komplett abgeschafft. Audiovisuelle und urheberrechtlich geschützte Dienstleistungen, wie E-Books, Musik oder Online-Computerspiele, sind von der Geoblocking-Verordnung vorerst nicht erfasst. Die Europäische Kommission soll in zwei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung überprüfen, welchen Effekt die Verordnung auf den Binnenmarkt hat.

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