Die Menschen haben alle eines gemeinsam: Sie reagieren - unabhängig von Geschlecht und kulturellem Hintergrund - identisch auf bestimmte Farbkombinationen. Das hat die Farbpsychologin Angela Wright ineiner umfassenden wissenschaftlichen Untersuchung nachgewiesen, die in Zusammenarbeit mit der britischen University of Derby und mit Unterstützung des Druckspezialisten Oki entstand. Ihr Fazit: Unternehmen können Corporate Farben weltweit gezielt einsetzen, um ihre Werte zu vermitteln und eine bestimmte Wirkung beim Verbraucher zu erzielen. Bei den meisten liegt dieses Potenzial allerdings brach, so das weitere Ergebnis. Nur einige große Markenfirmen wissen bereits um die Kraft der Farben.
Wirkung von Farbe auf dasmenschliche Unterbewusstsein
Nach den Erkenntnissen der Studie lassen sich die Probanden vier Farbgruppen zuordnen, die Angela Wright - nach gängigem Muster - nach den vier Jahreszeiten benennt. Entscheidend ist dabei, dass die Probanden je nach ihrer Zugehörigkeit zu einer der vier Gruppen besonders positiv auf je eine von vier Farbpaletten - sortiert in Colour Group 1 bis 4 - reagieren. Alle Farbtöne innerhalb dieser Palette werden auch als miteinander harmonierend und stimmig empfunden - im übrigen von den Mitgliedern sämtlicher Farbgruppen. Grob gesprochen umfasst die Colour Group 1 sanfte Grün- und Gelbtöne, während die sanften Blau- und Rottöne in der Colour Group 2 zusammengefasst waren. Die Colour Group 3 beinhaltet eher leuchtende Grün- und Gelbtöne, während die klaren, vollen Rot- und Blautöne - auch in Kombination mit Schwarz und Weiß - der Colour Group 4 zugeordnet sind.
Zugleich ordneten die Probanden in wiederholten Versuchen den vier Farbgruppen vier Gruppen von je 25 Adjektiven zu. Adjektive wie "Hell, charmant, lebendig, handelnd" korrespondieren mit Colour Group 1, Eigenschaften wie "gütig, würdevoll, reserviert, vernünftig" ordneten die Versuchsteilnehmer übereinstimmend der Colour Group 2 zu. Die Adjektive "kräftig, ehrlich, intensiv, sinnlich" passten in den Augen der Probanden am besten zur Colour Group 3. Mit der Colour Group 4 schließlich wurden Adjektive wie "angesehen, kompromisslos, pragmatisch, fokussiert" in Verbindung gebracht. Überraschend war dabei, dass die Vertreter unterschiedlicher Nationen ganz ähnlich auf die vier Farbgruppen reagierten, auch die Zuordnung der Adjektive - die aus dem Englischen in fünf Sprachen übersetzt worden waren - verlief fast identisch. Völlig einig waren sich alle Nationen bei der Bewertung der Colour Group 1 - bei der Colour Group 4 dagegen gingen die Meinungen am ehesten auseinander. Außerdem stimmen Spanier, Schweden und Deutsche in ihren Wertungen untereinander weit gehend überein - und zwar erstaunlicherweise mehr als die beiden britischen Gruppen, die an dem Versuch teilnahmen. Interessant: Die Mitglieder der zwei britischen Versuchsteams besaßen einen unterschiedlichen Bildungshintergrund - eine Gruppe bestand aus Studenten, die andere setzte sich aus Menschen aus den verschiedensten Bildungsschichten zusammen. Das legt den Schluss nahe, dass Bildung einen größeren Einfluss auf die Farbwahrnehmung hat als beispielsweise kulturelle oder nationale Gegebenheiten.
Der Wert von Farben für Unternehmen
Von Erkenntnissen wie diesen müssen Unternehmen sich in der Wahl ihrer Corporate Farben leiten lassen, meint Angela Wright - ebenso beim Einsatz von Farben in der Werbung oder im Verpackungsdesign. Zumal die Farbe eines Produktes das erste ist, was einen Verbraucher etwa bei einer Kaufentscheidung beeinflusst - einer Kaufentscheidung, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen innerhalb von 15 Sekunden gefällt wird. Wenn also die Farbgebung den Verbraucher nicht innerhalb dieser Zeit anspricht, dann wird es die verführerischste Packungsaufschrift nicht können.
Zugleich wird der Konsument das Produkt nicht kaufen, wenn die Farbzusammenstellung in sich nicht harmonisch ist, wie Angela Wrights Versuche belegen: Platzierte man in den Farbrädern, die den Probanden zur Bewertung vorgelegt wurden, ohne deren Wissen eine Farbe, die nicht zu der entsprechenden Colour Group gehörte, erzeugte die Farbkombination in allen Versuchsgruppen übereinstimmend ein Gefühl von Disharmonie und Störung.
Erfolgreiche Markenfirmen durch stimmige Farbgebung
Einige große Markenunternehmen seien unter anderem deshalb so erfolgreich, so die Überzeugung von Angela Wright, weil sie die Strahlkraft ihrer Marke durch eine stimmige Farbgebung unterstreichen, die zu ihren Unternehmens- und Markenwerten passt. Dabei hebt die britische Farbexpertin die internationalen Labels Coca Cola und McDonald?s besonders positiv hervor: "Coca Cola ist beständig unter den größten Fünf weltweit und hat seit Mitte der 30er Jahre sein Firmenrot nicht verändert", so Wright. "Das starke Rot, mit Weiß gepaart, trifft genau den Kern der Marke - es spricht junge Leute an und vermittelt große Stärke und Freundlichkeit; es wirkt körperlich stimulierend und ruft Zuneigung hervor."
Eine ganz andere, aber gleichermaßen wirkungsvolle Anwendung der Farbpsychologie lässt sich in Angelas Augen an McDonald?s beobachten: "Rot ist die Farbe, die wir immer zuerst bemerken. Sie hat die Eigenschaft, näher zu scheinen als sie tatsächlich ist - und sie stellt eine Handlungsaufforderung dar. Wer hungrig über eine Landstraße fährt, dem sticht das Rot von McDonald?s sofort und klar ins Auge und verleitet ihn zum Handeln - in diesem Fall: anzuhalten und etwas zu essen. Das warme Gold bildet eine perfekte Harmonie damit, es erzeugt Optimismus und hebt die Laune."
Bei einer Betrachtung der Logos großer weltweit verbreiteter Marken zeigt sich, dass die überwiegende Mehrheit die Farben Dunkelblau, Schwarz und/oder Rot benutzt.
Große, traditionelle Organisationen aus Produktion, Recht und allgemeinem Handel bevorzugen Blau - und die neuen Riesen, nämlich Computerunternehmen wie Dell, Microsoft oder IBM, haben es ihnen nachgemacht. Zu Recht - denn Blau ist die ideale Farbe für Unternehmen, die Effizienz, Logik, Ideen und Zuverlässigkeit vermitteln müssen.
Dazu die Farbexpertin Angela Wright: "Blau ist die Farbe des Geistes und daher völlig angemessen für die intellektuellen Werte, die für das Computerwesen entscheidend sind. Durch die Wahl der richtigen Schattierung von Blau können jedoch unterschiedliche Aussagen übermittelt werden. Zum Beispiel scheinen sowohl Dell als auch Microsoft durch die Verwendung eines helleren, eher warmen Blaus kombiniert mit der Farbe Weiß der Welt erzählen zu wollen, wie sanft und zugänglich, dabei aber intellektuell kompetent sie sind. Damit wird die intellektuelle Strenge aufgelockert und das Image des Unternehmens sanfter gestaltet." Dagegen habe der Hersteller IBM ein dunkleres Blau gewählt. Damit und ebenso durch die Beifügung der Streifen ihres Warenzeichens im Logo signalisiere der Konzern, seine Marke sei die Älteste in dieser Industrie, zuverlässig und vertrauenswürdig.
Verbrauchermarken dagegen, die mit Verkaufsstellen im Einzelhandel, im Bereich Freizeit oder im Segment Haushaltswaren tätig sind, müssen eher die Sinne ansprechen - und bevorzugen daher Rot.
Fallen und Fehler bei der Verwendung von Farbe
Die Falle, in die Unternehmen nach Angelas Erkenntnis am häufigsten tappen, ist die falsche Verwendung von Schwarz: "Schwarz ist eine Farbe, deren richtige Anwendung sehr schwierig ist. Sie wird häufig eingesetzt, weil die Menschen der Meinung sind, Schwarz sei eine sehr kultivierte Farbe und die Kombination Schwarz und Weiß mache in jedem Fall Eindruck. Das trifft einerseits auch zu - doch diese Farbwahl kann beim Verbraucher keinerlei Emotionen hervorrufen, sie lässt die Menschen kalt."
Dokumente oder Werbematerial in Schwarzweiß, das belegen Angela Wrights Studien der vergangenen Jahre, vermitteln lediglich Informationen - und für diesen Zweck ist die Farbwahl perfekt. Will ein Unternehmen jedoch Reaktionen, Gefühle hervorrufen, den Empfänger motivieren oder auch seine Leidenschaft wecken, dann kann das nur über eine ganz gezielte, geschickte Wahl der Farben gelingen.
Schwarz kann, so das Ergebnis von Angelas Forschung, andere Farben ins Negative verkehren. Setzt man etwa einen schwarzen Schriftzug in ein Logo aus warmen Farben, wird die Wärme der Farben sofort in ihre Negativ-Wahrnehmung verkehrt: Rot wird aggressiv, Blau bürokratisch, Grün erscheint langweilig und stagnativ, Gelb macht Angst.
Als ideales Beispiel für diese Theorie nennt Angela Wright das alte Windows-Logo von Microsoft: Früher wurden die leuchtenden Farben des "Windows"-Fensters durch dicke schwarze Linien streng in einen Rahmen gepresst. Auf diese Weise eingesetzt, ist Schwarz restriktiv, die potenzielle Macht der Farben zunichte gemacht. In den vergangenen Jahren hat Microsoft sein Windows-Logo zu Recht verändert und es offener gestaltet: Die schwarzen Rahmen sind verschwunden - das neue Logo signalisiert die Bereitschaft, sich zu öffnen.
Und: Setzt eine Markenfirma falsche Begleitfarben ein, die nicht mit ihren Kernfarben harmonieren, sind die von der Marke ausgehenden Botschaften nicht mehr eindeutig (positiv), sondern gemischt.
Über die Studie
Die Studie wurde im Verlauf des vergangenen halben Jahres in fünf verschiedenen Nationen in sechs verschiedenen Sprachen durchgeführt - in Englisch, Französisch, Spanisch, Schwedisch, Deutsch und Chinesisch.
Im ersten Experiment wurden 32 Farbschattierungen und 100 verschiedene Adjektive zu Grunde gelegt. Im zweiten Versuchsfeld wurden die 32 Farben aus dem ersten Experiment in insgesamt 224 unterschiedlichen Kombinationen eingesetzt.
In allen Tests wurden den Probanden die Farben auf CRT-Screens vorgeführt. Damit benutzten die Forscher die derzeit führende Technologie zur Darstellung von Farbe. Zur Verfügung gestellt hat sie das Colour & Imaging Institute der University of Derby.
Die Farbkombinationen für die einzelnen Farbgruppen wurden mithilfe des Ultra-Colour-Systems ausgewählt, einem computerisierten Farbselektionssystem. Es basiert auf der Wright-Theorie, entwickelt vom Colour & Imaging Institute und der Farbexpertin Angela Wright.