Im letzten Jahr waren wir auf zahlreichen Konferenzen und anderen Events zu Gast: von der Gala bis hin zum hochtechnischen Einzelgespräch. Dabei haben wir die ganze Bandbreite der IT-Spezialisten getroffen: Händler, Service Provider, Analysten, Vetreter von Großkonzernen, Ein-Mann-Unternehmen, Start-Ups. Bei all diesen Veranstaltungen, Treffen und Gesprächen wurde eines klar: Die IT-Branche befindet sich in einem tiefgreifenden Prozess des Wandels. Nicht nur, was den Einsatz von Technologien angeht, sondern auch was die Rolle der IT selbst angeht. Es ist ein Wandel, der nicht ohne Grundsätze einhergeht: Wir sagen Ihnen, welche Grundprinzipien den Wandel der IT-Abteilung in den kommenden Jahren prägen werden.
"Software frisst die Welt"
Marc Andreesens vielbeachteter Artikel in einer Ausgabe des "Wall Street Journal" aus dem Jahr 2011 zeigte auf, wie Software ganze Industrie-Zweige umkrempelt, egal ob Entertainment- oder Musik-Branche, Transportwesen oder Handel. Andreesens Message war: Software ist eine zentrale Komponente jedes Angebots, egal in welcher Branche. Die Phrase "Software frisst die Welt" ist inzwischen zum Synonym für den digitalen Wandel geworden. Doch die endlose Wiederholung der Phrase schwächt die zugrundeliegende Wahrheit: der Digitalisierungsdrang betrifft tatsächlich jede Branche und benachteiligt die etablierten Player.
Das ist deswegen so, weil Produkte und Prozesse, die früher mit signifikantem finanziellem oder persönlichem Aufwand verbunden waren, durch digitale Alternativen ersetzt werden. Kleinere und neue Unternehmen können Wertschöpfungsketten neu denken und mit mehr Effizienz umsetzen, weil sie nicht durch gewachsene, ineffiziente Strukturen und analoge Herangehensweisen gehemmt sind.
Die wesentliche Herausforderung für etablierte Unternehmen ist also, ihre existierenden Infrastrukturen und Prozesse, die einst als Schlüssel der Differenzierung und Wettbewerbsfähigkeit galten, als Fesseln zu begreifen, die ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten, auf die Software-Revolution zu reagieren, maßgeblich begrenzen. Ein gutes Beispiel hierfür ist Walmart: Der US-Einzelhandelsriese setzte lange Jahre auf eine aggressive Expansion seiner Mega-Warenhäuser zur Sicherung seines Wettbewerbsvorteils.
Heute hat der Konzern mit seinen zahlreichen, teilweise horrende Mietkosten verursachenden, Standorten zu kämpfen, während die Kunden lieber online einkaufen. Sogar wenn man bei Walmart plötzlich aggressiv in den Online-Handel drängen würde - die kostenintensiven Immobilien binden über Jahre. Schlimmer aber ist, dass die wesentliche Expertise in diesem Konzern darin besteht, eine Kette von riesigen Warenhäusern und ihren Bestand zu managen. Anders ausgedrückt: Bei Walmart besteht sowohl ein Skill-Problem, als auch eines mit falsch ausgerichteten Wertschöpfungsketten.
Über die nächsten Dekaden werden wir eine Entwicklung miterleben, die der Einführung von Massenproduktion und Fließbändern nicht unähnlich ist: Damals musste jedes Unternehmen, dass den Massenmarkt bedienen wollte, einen Weg finden seine Produktion zu automatisieren. Diejenigen, die das nicht geschafft haben oder nicht die notwendigen Mittel zur Finanzierung des Wandels hatten, sind untergegangen. Der Unterschied von damals zu heute: Die Software-zentrierte Realität wird jede Branche und jedes einzelne Unternehmen einholen. Die meisten sind darauf nicht vorbereitet und viele werden den Wandel zum Software-Unternehmen nicht schaffen.