Bundesinnenminister Horst Seehofer plant, dass der Bundesverfassungsschutz (also der Inlandsgeheimdienst der Bundesrepublik Deutschland) in begründeten Fällen künftig verschlüsselte Chatnachrichten lesen können soll. Zu diesem Zweck lässt Seehofer einen neuen Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz erarbeiten, wie Spiegel Online berichtet.
Laut dem vorliegenden überarbeiteten Entwurf soll der Verfassungsschutz „bei ‚besonders schweren Bedrohungen‘ die Möglichkeit der sogenannten Quellen-TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) bekommen“. Der Geheimdienst dürfte dann einen Trojaner auf dem Smartphone eines Verdächtigen installieren. Damit könnten die deutschen Schlapphüte Nachrichten mitlesen, die via WhatsApp oder Telegram oder über andere Messenger verschickt werden. Da die Nachrichten noch vor dem Verschlüsseln im Messenger vom Geheimdienst gelesen werden könnten.
Im Entwurf steht zudem, dass der Verfassungsschutz auch das Recht für sogenannte Online-Durchsuchung bekommen soll. Er dürfte dann Trojaner auf Smartphones, Tablets oder PCs installieren und diese Geräte komplett durchsuchen. Dieses Recht hat bisher nur die Polizei nach richterlicher Erlaubnis.
Horst Seehofer will damit auf aktuelle Herausforderungen reagieren, die vom internationalen Terrorismus und dem Rechtsterrorismus ausgehen. Die Geheimdienste bräuchten "zeitgemäße digitale Aufklärungsbefugnisse", um diese Gefahren abwehren zu können. Horst Seehofer hatte bereits im Frühjahr 2019 einen ersten entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Die damalige Bundesjustizministerin Katarina Barley lehnte diesen jedoch ab. Die SPD hat ihre Abwehrhaltung jedoch aufgegeben, nachdem der CDU-Politiker Walter Lübcke von einem Rechtsextremisten ermordet wurde und in Halle bei einem rechtsextremistischen Anschlag auf eine Synagoge zwei Menschen getötet wurden, wie Spiegel Online erläutert.
Um der SPD entgegenzukommen, will Seehofer das Bundestagsgremium, das Überwachungsmaßnahmen des Verfassungsschutzes prüft, personell stärken. Außerdem streicht Seehofer aus dem ersten Entwurf die Erlaubnis, dass der Verfassungsschutz auch radikalisierte Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren überwachen darf. Diese Streichung hatte die SPD gefordert.