Bitkom-Umfrage

Deutsche sehen Digitalkompetenz der Parteien skeptisch

Peter Marwan lotet kontinuierlich aus, welche Chancen neue Technologien in den Bereichen IT-Security, Cloud, Netzwerk und Rechenzentren dem ITK-Channel bieten. Themen rund um Einhaltung von Richtlinien und Gesetzen bei der Nutzung der neuen Angebote durch Reseller oder Kunden greift er ebenfalls gerne auf. Da durch die Entwicklung der vergangenen Jahre lukrative Nischen für europäische Anbieter entstanden sind, die im IT-Channel noch wenig bekannt sind, gilt ihnen ein besonderes Augenmerk.
Digitalpolitik haben fast alle Parteien auf ihre Fahnen geschrieben. Die Regierung hat im Koalitionsvertrag sogar umfangreiche Ziele und eine ambitionierte Digitalstrategie verankert. In einer Bitkom-Umfrage geben die Deutschen jedoch allen Parteien keine guten Noten für ihre Digitalpolitik.
"Digitaliserung, Recht und Freiheit" - der Bitkom wollte jetzt wissen, welche Schulnoten die Deutschen den Parteien für ihre Digitalpolitim geben.
"Digitaliserung, Recht und Freiheit" - der Bitkom wollte jetzt wissen, welche Schulnoten die Deutschen den Parteien für ihre Digitalpolitim geben.
Foto: kb-photodesign - shutterstock.com

Dass es mit der Digitalpolitik in Deutschland nicht so klappt, wie man sich das in einem der reichsten und wirtschaftsstärksten Länder der Welt vorstellen würde, hat inzwischen wohl schon jeder am eigenen Leib erlebt. Anwälte sollte man zum Beispiel besser nicht auf das das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ansprechen, bei Ärzten sollte man Gespräche über die Telematikinfrastruktur, die Firma Gematik und die elektronische Gesundheitskarte vermeiden.

Allen Interessierten sind zudem - um nur ein paar Beispiele zu nennen - noch die Probleme mit der ID Wallet App 2021, der Trubel um die stark von Steuern unterstützte Luca App (ebenfalls 2021), die verpassten Ziele beim Onlinezugangsgesetz oder das kürzlich bekannt gewordene Komplettversagen des "Funklochamtes" in Erinnerung. Dass uns "Breitbandausbau" seit den CeBIT-Eröffnungen in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts regelmäßig als Projekt angekündigt wird, dass "jetzt aber wirklich mit Vollgas angegangen wird", ist eher ein Running Gag als ein konkretes, politisches Versprechen.

Schulnoten für Digitalpolitik der Parteien

Wer soll uns aus der Misere führen? Oder anders gesagt: Welcher Partei geben die Deutschen in Bezug auf deren Digitalpolitik die besten Noten? Das hat der Bitkom jetzt wissen wollen und deshalb eine repräsentative Befragung unter 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren in Auftrag gegeben. Das Ergebnis (in Schulnoten) fiel knapp aus - und angesichts der langen Liste der Fails auch etwas überraschend aus: Mit der Note 2,8 ist die Union ganz knapp vor den Grünen (2,9) Klassenbester.

Daran ändern auch von Experten mit Befremden zur Kenntnis genommene Entrüstungsstürme über selbst verbockte Online-Umfragen nichts. Die Freien Wähler haben in den Augen der Befragten nicht bei Wasserstoff und Holzöfen - den Kernthemen ihrer Gallionsfigur Hubert Aiwanger - was auf dem Kasten, sondern bieten eine zumindest "befriedigende" Digitalpolitik an (Durchschnittsnote 3,4). Damit sind sie nicht gut, aber immer noch besser als FDP (Note 3,6) und SPD (Note 3,9). Am schlechtesten schnitten das Bündnis Sahra Wagenknecht (4,0), die AfD (4,1) sowie die Linke (4,2) ab.

Bitkom fordert praktische Erfolge statt Programme

"Die Wählerinnen und Wähler setzen ihre größte digitalpolitische Hoffnung aktuell in Schwarz-Grün", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. "Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich zwar eine anspruchsvolle digitalpolitische Agenda verordnet, allerdings verfängt dies in der Bevölkerung offenkundig kaum. Die Menschen wollen nicht nur gute Programme, sie wollen praktische Erfolge sehen."

Dazu holt der Bitkom die alte Forderung nach einem speziellen Digitalministerium wieder hervor. Das solle sich voll und ganz auf digitalpolitische Themen konzentrieren. "Dieses Zukunftsressort braucht alle Rechte und Ressourcen, um die Federführung in der Digitalpolitik zu übernehmen und die digitalpolitischen Aktivitäten der Bundesregierung zu leiten", betont Wintergerst. "In den Kernbereichen der Digitalisierung sollte das Digitalressort mehr Kompetenzen erhalten, etwa für die Verwaltungsdigitalisierung und E-Government sowie für die Förderung digitaler Schlüsseltechnologien. Nach den Wahlen 2025 gehört ein starkes Digitalministerium ganz oben ins Pflichtenheft der Bundesregierung."

Nichts passiert oder nichts vorangegangen?

Dieses Ministerium ist ein alter Wunsch der FDP. Die brachte 2019 einen entsprechenden Antrag im Bundestag ein. Der wurde damals mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Linksfraktion abgelehnt. Wie bei so vielen Themen hat zumindest die CDU ihre Meinung aber kurz nach der Abstimmung wieder geändert. In ihrer aktuellen Kommunikation prangert sie an, dass zwei Jahre nichts passiert sei und Digitalisierung Chefsache werden müsse.

"Nichts passiert" ist angesichts der Projekte aus der eigenen Regierungszeit - bi denen mehr passiert ist, als dem Steuerzahler lieb sein konnte - aber vielleicht sogar als unterschwelliges Lob zu verstehen. Und "nichts passiert" im Sinne von "nichts vorangegangen" stimmt so nicht ganz. Von den 334 Vorhaben, die sich die derzeitige Regierung im Koalitionsvertrag vorgenommen hat, sind laut Bitkom aktuell 91 umgesetzt und 205 weitere befinden sich in Bearbeitung. Lediglich 38 Vorhaben - also gut 10 Prozent - wurden noch nicht begonnen.

Wer sich für die bevorstehende Europawahl selbst ein Bild machen will, der kann beim "Bitkomat" die Übereinstimmung seiner Positionen mit denen der Parteien in Digitalthemen oder genereller beim "Wahl-o-mat" der Bundeszentrale für politische Bildung überprüfen.

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