Koopetition: OTT vs. Telcos
Mit großem Interesse werden auch die Keynotes der neuen Kollegen Facebook-CEO Mark Zuckerberg und WhatsApp-Chef Jan Koum auf dem Mobile World Congress erwartet – das Verhältnis der beiden Firmen zu den Telcos ist ja nicht gerade spannungsfrei. Analyst Jack Gold von J.G. Associates regt sogar an, die beiden Entrepreneure sollten sie ihre Rede mit Dankesworten an die Carrier für ihre Investitionen in Mobilfunkinfrastruktur beginnen. Ohne diese wären ihre Dienste immerhin nicht möglich.
Die Frage ist indes, ob sich die Telcos mit einem Dankeschön zufrieden geben, insbesondere in Hinblick auf den jüngst geschlossenen 19-Milliarden-Dollar-Deal. So werden Over-the-Top-(OTT-)Dienste , wie sie Facebook und WhatsApp anbieten, immer stärker zu einer Bedrohung für die Mobilfunkindustrie und dezimieren zunehmend die mit SMS und MMS oder Sprache generierten Umsatzströme. So ist kaum bekannt, dass Facebook gemessen an der Nutzerzahl bereits der größte Kommunikationsanbieter ist.
Mit 175 Milliarden Dollar liegt Facebook zudem in punkto Marktkapitalisierung bereits vor AT&T 171 Milliarden Dollar) oder Verizon (135 Milliarden Dollar). Nur China Mobile ist mit 192 Milliarden Dollar Börsenwert noch etwas wertvoller – wahrscheinlich nur, weil die chinesische Regierung Facebook derzeit noch aussperrt.
Die Geister, die ich rief…
Dieses Missverhältnis führt zwangsläufig zu einer Diskussion über Netzneutralität, die auf der Messe aber vermutlich etwas einseitig geführt wird – kein Wunder bei der großen Anzahl an Vertretern der TK-Industrie. In Vergessenheit gerät dabei jedoch, dass es eben diese Carrier waren, die bereits beim Start von UMTS nach Anwendungen gerufen hatten, um Kunden die Technik und entsprechende teure Datentarife schmackhaft zu machen. Außerdem waren OTT-Dienste erst die Antwort auf die von Kunden als Wucher empfundenen Gebühren für Kurznachrichten.
Nachdem Joyn als Alternative versagte, scheinen die Carrier vorerst mit ihrer Weisheit am Ende zu sein. So erwartet auch Forrester-Analyst Dan Bieler Forrester auf der Messe keine weltbewegenden Angebote, mit deren Hilfe die Telcos ihre Position in der mobilen Wertschöpfungskette stärken könnten. Vielmehr befürchtet er, dass die Carrier mit wenigen Ausnahmen noch stärker in die Ecke gedrängt werden - und lediglich als Lieferanten für die Konnektivität und Reseller von Hard- und Software dienen.
Die Netze drohen zu platzen
Nicht genug damit, dass die Telcos ihre Probleme damit haben, ihre bisherigen Investitionen in LTE und anderen Technologien zu Geld zu machen – die Netze drohen schon bald wieder aus allen Nähten zu platzen. Schuld daran sind die mit 4G veränderten Nutzungsgewohnheiten der Anwender. So prognostiziert Gartner, dass Videos in den nächsten fünf Jahren rund die Hälfte des mobilen Traffics ausmachen, aktuell sind es bereits mehr als 40 Prozent.
Die Folge ist, dass die 4G-Netze zunehmend verstopfen und zu einem schlechten Benutzererlebnis auf den Tablets und Smartphones führen. Auf dem Mobile World Congress werden sicher alle Lösungsmöglichkeiten dafür diskutiert und vorgestellt werden, von Video-Caching und Optimierung über Traffic-Analyse und -Management bis hin zu Plänen, Verursacher wie Youtube oder Netflix zur Kasse zu bitten.