Auswirkungen auf den Handel

Das neue Kassengesetz

Ronald Wiltscheck widmet sich bei ChannelPartner schwerpunktmäßig den Themen Software, KI, Security und IoT. Außerdem treibt er das Event-Geschäft bei IDG voran. Er hat Physik an der Technischen Universität München studiert und am Max-Planck-Institut für Biochemie promoviert. Im Internet ist er bereits seit 1989 unterwegs.
Am 1. Januar 2020 trat die vorerst letzte Stufe des neuen Kassengesetzes in Kraft. Das hat Folgen für den Handel: Kassen müssen umgerüstet und die Prozesse angepasst werden.
Epson besitzt als einer der ersten Hersteller eine amtlich zertifizierte TSE ( Technische Sicherheitseinrichtung ), die Händlern eine gemäß der neuen KassenSichV (Kassensicherungsverordnung) entsprechende Abrechnung ermöglicht.
Epson besitzt als einer der ersten Hersteller eine amtlich zertifizierte TSE ( Technische Sicherheitseinrichtung ), die Händlern eine gemäß der neuen KassenSichV (Kassensicherungsverordnung) entsprechende Abrechnung ermöglicht.
Foto: Epson

Seit 2016 wurden die Vorschriften für eine ordnungsgemäße Kassenführung immer weiter verschärft. Zum 1. Januar 2020 trat die vorerst letzte Stufe dieser des neuen Kassengesetzes in Kraft. Das heißt seit Anfang des Jahres müssen alle Kassen über eine sogenannte Technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen, die es den Finanzbehörden erlaubt, auch unangemeldet eine Kassenprüfung durchzuführen.

Diese TSE ist üblicher Weise eine in die Kasse verbaute Hardware, die aber auch über einen USB-Anschluss an die Kasse von außen aufgesteckt werden kann. Kassendistributor Quad empfiehlt hier die Hardware-basierten bereits zertifizierten TSEs von Diebold Nixdorf, Swissbit, Epson und von der Bundesdruckerei. Alternativ können die vor Manipulation gesicherten Kassendaten auch verschlüsselt in der Cloud gespeichert werden, hier fehlt aber noch die Zertifizierung.

Quads Marketing- und Vertriebsleiter Karsten Hinners: "Die modernen Kassen sind sehr PC-nah."
Quads Marketing- und Vertriebsleiter Karsten Hinners: "Die modernen Kassen sind sehr PC-nah."
Foto: Quad

Diese Verschlüsselung führt dazu, dass etwa der Gastronom nicht nachträglich Getränke oder Speisen aus der Rechnung streichen kann, er kann die Rechnung lediglich komplett stornieren. Entdeckt nun ein Finanzbeamter überdurchschnittlich viele dieser Stornos, könnte das ein Indiz für mehrere nicht von der Kasse erfassten Bargeldzahlungen der Gäste sein.

Das neue Kassengesetz als Business-Treiber

"Im Kassenbereich haben wir derzeit sehr viel zu tun, natürlich aufgrund des Inkrafttretens des neuen Fiskalgesetzes", umschreibt Quads Marketing- und Vertriebsleiter Karsten Hinners sein derzeitig wichtigstes Tätigkeitsumfeld. Und seiner Meinung nach haben in diesem Business IT-Fachhändler einen großen Vorteil: "Die modernen Kassen sind sehr PC-nah." Laut Hinners gibt es zwar am Markt so sehr viele proprietäre Systeme, doch diese werden nach und nach durch PC-basierte Kassen abgelöst. So arbeitet auch Quad mit vielen System- und Softwarehäusern zusammen, die derartige Kassenlösungen ausliefern und veredeln.

Und für diese IT-Reseller und Dienstleister ist es nach Ansicht des Quad-Managers ist das eine Geschäftschance: "Jeder Einzelhändler und jedes Gastronomie muss bis spätestens den 30. September 2020 mit einer gesetzeskonformen Kassenlösung ausgestattet sei." Die Spezialisten sprechen in diesem Zusammenhang auch von der "Fiskalisierung".

Und jedem Verkaufsshop und Restaurantbetreiber, der nicht über eine derartige moderne Kassenlösung verfügt, droht das Finanzamt mit einer "Steuerschätzung", die erfahrungsgemäß am oberen Limit dessen ausfällt, was die Geschäftsmöglichkeiten des geschätzten Betriebs anbelangt. Mit der Technische Sicherheitseinrichtung an der Kasse wird der Gewerbetreibende nur mit dem normalen Steuersatz belastet.

"Und diese TSE installieren unsere Partner vor Ort bei ihren Kunden", so Hinners. Hier kooperiert Quad mit Softwarehäusern aus über 80 Branchen: "Eine Apotheke hat naturgemäß ganz andere Anforderung an die Kassenlösung als beispielsweise ein Textileinzelhändler oder ein Gastronom", verdeutlicht Hinners. "Aber jeder dieser Betriebe muss in seine Kasse eine Technische Sicherheitseinrichtung integrieren", so der Quad-Vertriebsleiter weiter.

Derzeit setzen diese Kunden vorwiegend auf die Hardware-basierten TSEs, Cloud-Lösungen sind noch Zukunftsmusik, weil sie noch nicht zertifiziert worden sind. Laut Hinners bevorzugen Finanzbeamte bei einer Kassenprüfung aber ohnehin den USB-Stick, den sie mitnehmen können: "Die in den Finanzämtern eingesetzte Software kann die auf dem USB-Stick gespeicherten Transaktionsdaten rasch nach etwaigen Unregelmäßigkeiten absuchen, etwa nach den schon oben erwähnten übermäßig vielen Stornos oder nach nicht in der richtigen Reihenfolge gebuchten Vorgängen".

Vor Manipulationen weitgehend sicher

Die europäischen Steuerbehörden beharren schon seit längerem auf die Nutzung einer derartigen Technischen Sicherheitseinrichtung, weil sie der Ansicht sind, dass nicht jeder Einzelhändler und Gastronom seine Einnahmen exakt erfasst. "Österreich ist bei der Nutzung der TSE schon weiter", weiß Quads Vertriebsleiter zu berichten. Dort begann die Erfassung der Kassendaten über die Technische Sicherheitseinrichtung bereits vor zwei Jahren.

Moderne Kassen verfügen über eine Technische Sicherheitseinrichtung (TSE), die Manipulation weitgehend verhindert.
Moderne Kassen verfügen über eine Technische Sicherheitseinrichtung (TSE), die Manipulation weitgehend verhindert.
Foto: Dejan Dundjerski - shutterstock.com

"Die zugehörige gesetzlich Vorgabe gibt es bereits sein 2016, doch man hat sich in Deutschland politisch lange nicht auf die korrekte Vorgehensweise einigen können", meint Hinners. Wie genauso soll so eine Kassenprüfung ablaufen? Wo werden die Daten schlussendlich gespeichert? und so weiter. "Deswegen haben die deutschen Behörden diese ganze Angelegenheit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) übergeben, und die dort entstandene Verschlüsselung ist stärker als beim Online-Banking", sagt der Quad-Manager im Gespräch mit ChannelPartner. "Die BSI-Leute haben sich da richtig viel Mühe gegeben".

Wie moderne Kassen den Handel verändern

Aufgrund dieser hohen Anforderungen seitens des Gesetzgebers hat es in Deutschland etwa länger gedauert, bis die EU-Vorgabe zum Kassengesetz hier zu Lande umgesetzt wurde. Doch nun ist es soweit, und nach Ansicht von Hinners sollten sich die Softwarehäuser gemeinsam mit ihren Vertriebspartnern nun an die Arbeit machen.

Viele kleinere Einzelhändler und Gewerbetreibenden würden nämlich noch nicht über die Technische Sicherheitseinrichtung verfügen, und die Übergangsfrist zur Installation dieser läuft Ende September 2020 ab. Der Druck seitens der Steuerbehörden auf diese Firmen bleibt auch deshalb so stark, weil Deutschland - trotz aller Auswirkungen der Covid-19-Pandemie - nach wie vor ein Land der Barzahler ist. Kartenzahlungen und rein digitale Transaktionen, etwa über Paypal oder gar mit Hilfe des Smartphones, lassen sich viel leichter nachvollziehen.

Gemäß den Corona-Bestimmungen fand das Gespräch zwischen der ChannelPartner-Redaktion und Karsten Hinners, dem Marketig- und Vertriebsleiter bei dem Kassendistributor Quad, per Video-Konferenz statt.
Gemäß den Corona-Bestimmungen fand das Gespräch zwischen der ChannelPartner-Redaktion und Karsten Hinners, dem Marketig- und Vertriebsleiter bei dem Kassendistributor Quad, per Video-Konferenz statt.

Die Kasse aus der Cloud

Aber nicht nur die Verbraucher halten am analogen Geld fest, auch die deutschen Behörden verweigern sich weitgehend der Digitalisierung. Wie sonst sollte man es erklären, warum es trotz zahlreicher Kassenlösungen in der Cloud dort noch keine vom Gesetzgeber zertifizierte Technische Sicherheitseinrichtung gibt? An mangelnden technischen Möglichkeiten kann das nicht liegen, denn Verschlüsselung und die Bildung der vor Manipulationen sicheren Hashwerte lassen sich überall durchführen - auch in externen Rechenzentren.

Wenn die Kasse zweimal klingelt

"Die Zertifizierung der Cloud-basierten TSEs steht unmittelbar bevor", da ist sich der Quad-Manager ganz sicher. Er gibt hier zu bedenken, dass zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Fiskalisierungsgesetzes 2016 sich kaum jemand in der Bundesregierung oder beim Finanzamt eine Kasse in der Cloud vorstellen konnte. Man dachte dort nur an Hardware-basierten Kassen, auf die man nur lokal zugreifen könne.

Die Entwicklung hat hier den Gesetzgeber zum wiederholten Mal überholt. "Es gibt aber mittlerweile - vor allem in der Gastronomie - eine Vielzahl von Cloud-basierten Kassen, bei denen die Transaktionsdaten auf weltweit verteilten Servern gespeichert und verarbeitet werden", resümiert Hinners: "Insoweit ist die Zertifizierung von TSEs in der Cloud überfällig." Allerdings müssten hierfür noch einige Hürden überwunden werden, denn derzeit lässt das Fiskalisierungsgesetz den Transfer von Kassendaten über das Internet nicht zu. "Willkommen im 21. Jahrhundert!" lautet hier die freundliche Aufforderung des Quad-Managers an den Gesetzgeber.

Mehr zur neuen Kassensicherungsverordnung finden Sie auch unter https://www.quad.de/kasse2020

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