Oracle will den gesamten Cloud-Stack anbieten
Die jüngsten Cloud-Ankündigungen Oracles zielten vor allem in Richtung IaaS und PaaS. Hier sind Wettbewerber wie AWS und Microsoft gesetzt. Außerdem ist der Preisdruck hoch. Warum will Oracle hier mitspielen?
Obermeier: Ich würde das Ganze von der Kundenseite betrachten. Kunden wollen heute Zugriff auf das gesamte Technologielayer und zwar in der Cloud. Wenn ich mir unsere Kernklientel ansehe, dann stehen dort vor allem folgende Fragen im Vordergrund: Ist das ganze durchgängig vertikal skalierbar? Optimiert das meine Performance? Habe ich die notwendige Sicherheit? Bei diesen Themen bin ich mir nicht ganz sicher, ob der Wettbewerb das kann.
Aber ich will hier nicht das Angebot des Wettbewerbs kommentieren. Die Kunden fragen das nach, und deshalb werden wir das auch zur Verfügung stellen. Ob wir immer in dem Preissegment spielen, wie das kolpoltiert wird, ist eine ganz andere Frage. Wichtig ist, dass unsere Lösungen integriert, durchgängig und durchdacht sind.
Dann legt Oracle seinen Fokus also auf den gesamten Cloud-Stack inklusive Integration?
Obermeier: Die Kunden transformieren nicht von heute auf morgen in die Cloud. Das ist ein Prozess, der mehrere Jahre dauern kann und teilweise auch muss. Auf diesem Weg begleiten wir unsere Kunden, damit sie die Möglichkeit haben, von On-Premise in die Cloud zu migrieren, möglicherweise auch wieder zurück, eventuell auch Akquisitionen mit dazu nehmen. Es geht darum, die Architektur der Zukunft für unsere Kunden zu bauen.
Das ist kein Thema, das Sie von heute auf morgen entscheiden. Wenn Sie dagegen mit Startup-Unternehmen reden, ist das natürlich etwas ganz anderes. Die bauen ihre IT-Architektur von vornherein in die Cloud. Warum? Es gibt keine Legacy-Altlasten. Dann können Sie natürlich auf die modernste Architektur bauen, die Ihnen zur Verfügung steht. Es geht im Grunde nur darum, den richtigen Cloud-Provider auszusuchen und zu überlegen, mit welchem Schwerpunkt gestartet werden soll. Es wird aber nur wenige Firmen geben, die in allen Bereichen ein Angebot vorlegen können. Das zeichnet uns gegenüber dem Wettbewerb aus.
Oracle will sich also als One-Stop-Vendor positionieren?
Obermeier: Absolut – wir haben ein klares Statement abgegeben, dass wir 95 Prozent unserer Services über die Cloud anbieten wollen, und das bis Ende des Jahres. Wir sind auf einem guten Weg. Hier fließen auch enorme finanzielle Mittel hinein. Es ist ja nicht damit getan, dass Sie etwas Cloud-fähig machen. Sie müssen auch sicherstellen, dass der Wechsel zwischen der Cloud und On-Premise funktioniert. An dieser Stelle ist hoher Forschungs- und Entwicklungsaufwand notwendig.
Wie aufwendig ist es denn, die Oracle-Software Cloud-fähig zu machen?
Obermeier: Wir betreiben hier einen hohen Aufwand – vor allem, um die Interoperabilität zwischen On-Premise und der Cloud zu gewährleisten. Wir haben angekündigt, dass unsere Kunden quasi auf Knopfdruck zwischen On-Premise und der Cloud hin- und herschalten können. Das funktioniert nur, wenn Sie die Lösungen entwicklungsseitig entsprechend angepasst haben. Das bedeutet am Anfang natürlich einen sehr hohen Invest.
Noch scheint aber das Cloud-Profil von Oracle etwas unscharf.
Obermeier: Das höre ich oft. Ich glaube, das lag daran, dass wir erst im letzten Jahr zur Oracle Open World (die alljährlich im Herbst stattfindende Kundenkonferenz in San Francisco, Anm. d. Red.) die verschiedenen Bereiche IaaS, PaaS und SaaS sehr klar positioniert und dargelegt haben, wie unsere Company in der Cloud agieren will und welche Pakete wir dort anbieten.
Das haben wir erst getan, als wir auch soweit waren, diese Dinge konkret im Markt offerieren zu können. Es war ein sehr bewusster Schritt an dieser Stelle. Sie können natürlich auch mit weniger Aufwand etwas in die Cloud stellen. Ob das dann immer die Erwartungen der Kunden erfüllt, steht auf einem anderen Blatt.
- Der richtige Cloud-Service für Ihre Anwendung
Ein neuer Bericht von Verizon mit dem Titel "Matching Applications to the Right Cloud" (Anwendungen der richtigen Cloud zuordnen) liefert einen leicht umsetzbaren Ansatz, nach dem Scorecard-Prinzip. Der Report hilft IT-Führungskräften, verschiedene Cloud-Lösungen mit den Anforderungen jedes beliebigen Workloads abzugleichen. Alexander Schlager, Area Vice President DACH bei Verizon, zeigt die Schritte auf, wie Unternehmen ihre Anwendungen bewerten und eine Cloud-Strategie für ihre Auslagerung entwickeln. - Geschäftseinheiten befragen und User-Anforderungen definieren
Zunächst gilt es, zu den verschiedenen Einheiten im Unternehmen in Kontakt zu treten, um kritische Anwendungsanforderungen exakt zu erfassen und die richtige Cloud-Lösung zu definieren. Die ersten Fragen in diesem Kontext lauten: Welches sind die Hindernisse, die einer erfolgreichen Anwendungsmigration entgegenstehen? ... - Verfügbarkeiten und Ausfallzeiten
Wie wichtig ist die Verfügbarkeit der Anwendung und wie teuer werden Ausfallzeiten? ... - Richtlinien, Regeln
Welche Richtlinien müssen die Anwendung und die von ihr verarbeiteten Daten erfüllen? ... - Update-Häufigkeit
Wie häufig muss die IT die Anwendung upgraden, damit der Wettbewerbsvorteil erhalten bleibt? - Anwendungen bewerten und Risikoprofil erstellen
Die sorgfältige Beurteilung der technischen Anforderungen seitens der Anwendungen kann über Erfolg oder Misserfolg der Cloud-Migration entscheiden. Deshalb gehört zum neuen Report von Verizon eine Checkliste, die den IT-Abteilungen hilft, Fallstricke zu vermeiden. Die Punkte dieser Liste: Ermitteln Sie die Belastung für das Netzwerk... - Zeitliche Planung
Rechnen Sie Zeit ein, um auch die Anwendung selbst vorzubereiten... - Kalkulation
Wägen Sie sorgfältig die Kosten des Wechsels in die Cloud ab. - Den Anforderungen das richtige Cloud-Servicemodell zuordnen
Das Auswählen des für die Unternehmens-IT besten Cloud-Modells erfordert ein tief reichendes Verständnis der technischen Spezifikationen und der Workload-Anforderungen. Durch Beantwortung der nachfolgenden Kernfragen können IT-Verantwortliche gemeinsam mit den Kollegen der Geschäftseinheit die Belange des Unternehmens definieren und das richtige Cloud-Modell auswählen: Lässt das Risikoprofil zu, dass die Anwendung auf gemeinsam genutzter Infrastruktur läuft? ... - Inhouse vs. Provider
In welchem Umfang befinden sich die Anwendung und die dazugehörigen Daten derzeit in firmeneigenen Einrichtungen, wie viel ist beim Provider? ... - Do it yourself
Wie viel Cloud-Management können Sie selbst übernehmen?<br /><br />Die Cloud verleiht der IT größere Bedeutung, wenn es darum geht, einen maßgeblichen Beitrag zu den Geschäftsergebnissen zu leisten. Parallel zur Kooperation mit den Geschäftseinheiten des Unternehmens sollte der CIO eng mit den Cloud-Serviceprovidern zusammenarbeiten, um auf diesem Weg ganzheitliche Multi-Cloud-Lösungen zu entwickeln und zu supporten, die interne Workload-Anforderungen erfüllen. Denn die richtige Cloud-Umgebung, ermöglicht operative Effizienz, gesteigerte Performance, stringente Sicherheitsmaßnahmen und robuste Netzwerk-Konnektivität.
Wie offen ist denn die Integration in Nicht-Oracle-Systeme?
Obermeier: Auch unser geschätzter Wettbewerb entwickelt schließlich auf unseren Tools und Datenbanken. Das setzt natürlich voraus, dass es dort Offenheit gibt. Heißt das, dass man heute auf Knopfdruck von der Cloud eines Herstellers A in die Cloud des Herstellers B wechseln kann? Nein, das ist nicht so. Für uns ist wichtig, dass wir nach offenen Standards entwickeln. Wir sehen, dass die Wettbewerber mit unseren Tools entwickeln.
Über Schnittstellen und Web Services lassen sich die Lösungen also herstellerübergreifend miteinander verknüpfen?
Obermeier: Nicht auf Knopfdruck, das muss man fairerweise sagen. Das ist mit einem gewissen Aufwand verbunden und hier muss man natürlich auch auf die Details achten. Wir verfolgen den Anspruch, das Cloud-Portfolio in der ganzen Breite anbieten zu wollen.
Wenn sich Anwender bewusst auf einen Anbieter festlegen – quasi das Rundum-Sorglos-Paket buchen - bedeutet das freilich auch eine gewisse Abhängigkeit.
Obermeier: Wenn ein CIO die IT-Strategie für sein Unternehmen verantwortet, überlegt er genau, wie er sein Risiko ausbalanciert. Ein Sammelsurium an Anbietern kommt da eher selten vor. Meist sind es ein, zwei maximal drei Anbieter, auf die die Kunden setzen. Haben wir das Ziel der alleinige Anbieter für unsere Kunden zu sein? Selbstverständlich - sonst wären wir nicht überzeugt von unseren Produkten. Aber ich sehe durchaus die Tendenz, dass CIOs zweigleisig fahren, was ich auch durchaus verstehen kann. Das hält uns aber nicht davon ab, unsere Kunden tagtäglich davon zu überzeugen, dass ein integrierter Stack seine Vorteile hat. Aber die Kunden gehen damit natürlich in eine gewisse Abhängigkeit und wollen dann auch dort sehr langfristig abgesichert sein.
Klassische Lizenzmodelle passen nicht für die Cloud
Was bieten Sie Ihren Kunden denn an dieser Stelle?
Obermeier: Es gibt mehr und mehr CIOs, die sagen: Ich möchte dann bezahlen, wenn ich es wirklich brauche. Wenn man den Cloud-Gedanken richtig zu Ende denkt, dann sind nicht die klassischen Lizenzmodelle das Modell der Zukunft. Kunden wollen Leistungen, bezahlen diese auch gerne, aber dann, wenn sie wachsen. Das sehe ich ganz deutlich und dem muss man sich als Anbieter auch stellen.
Wie flexibel sind Ihre Lizenzmodelle denn in dieser Hinsicht?
Obermeier: Unsere Lizenzpolitik im On-Premise-Umfeld bleibt unverändert. Das ist sehr klar und nachvollziehbar für die Kunden. Das Cloud-Business wird natürlich nach anderen Gesetzmäßigkeiten abgerechnet. Im Übrigen sehen wir hier auch bei größeren Unternehmen zunächst kleinere Lösungen entstehen. Es sind nicht immer die riesigen Deals auf einen Schlag.
Sind es dann auch in der Cloud eher längerfristige Verträge, die Sie hier abschließen?
Obermeier: Das Cloud-Thema schließen Sie auf einen Zeitraum ab. Das ist ein Total Contract Value, der dann 12, 24 oder 36 Monate läuft, aber auch speziell auf den Use-Case ausgerichtet ist. Ein Beispiel: Ein Kunde braucht ein bestimmtes Volumen für die nächsten 12 Monate. Während er das aufbracht, geht es dann um Fragen: Wird es verlängert oder erweitert etc. Andere Kunden wählen eine längere Laufzeit.
Letztlich legt sich der Kunden dann aber wieder fest, also auf ein fixes Volumen?
Obermeier: Richtig – als Einstieg. Aber in einem wesentlich überschaubareren Rahmen, so wie wir das momentan erleben. Es ist zu beobachten, dass der Zeitraum eher kürzer ist, die Zahl der User eher kleiner. Viele fangen mit diesen kleinen Paketen an. Wenn das dann läuft, kommen Fragen, die User-Zahl zu erweitern und das Ganze längerfristig auszurollen.
Das widerspricht doch aber im Grunde dem eigentlichen Cloud-gedanken – beliebig nach oben, aber eben auch nach unten skalieren zu können?
Obermeier: Das geht durchaus – nehmen Sie die Energiekonzerne. Das ist ein klassisch saisonales Geschäft. Die haben ihre Peak-Zeiten im Winter. Dann knirscht und knarzt es natürlich an allen Ecken und Enden. Das ist ein klassisches Thema für eine Cloud-Lösung. Da spricht auch vom Lizenz-Modell gar nichts dagegen. Natürlich brauchen Sie als Cloud-Anbieter aber von den Kunden eine Einschätzung, wie viele Nutzer er in welchen Zeiträumen braucht, um das dann auch abbilden zu können.
Die Flexibilität bieten Sie also an?
Obermeier: Natürlich – in dem Umfeld wird dann genau passend die Architektur designt, entsprechend dem, was notwendig ist in diesen saisonalen Spitzen. Das geht man dann flexibel an.
Es geht nicht darum, den Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen
Im Umfeld der Lizenzthematik gab es Ärger rund um das Thema Virtualisierung. Wie sehen Sie das und wird sich Oracle an dieser Stelle bewegen?
Obermeier: Wir haben unsere Lizenzpolitik nicht verändert. Das ist für mich ein ganz wichtiger Punkt. Tatsache ist, dass sich die Lizenzbedingungen auf der VMware-Seite verändert haben, was dann wiederum Veränderungen hinsichtlich der Oracle-Lizenzierung nach sich zog. Wo wir uns allerdings an die eigene Nase fassen müssen, ist die Kommunikation. Wenn unsere Kunden vor einer Herausforderung stehen, und wir kennen diese Herausforderung, dann müssen wir proaktiv auf die Kunden zugehen. Das ist das, was die Kunden von uns erwarten. Diesen Anspruch sollten wir auch haben. Das haben wir in der Vergangenheit jedoch nur begrenzt getan.
Wird das reichen - laut der DOAG-Umfrage ist der Ärger über Oracle sehr groß?
Obermeier: Die Umfrageergebnisse und auch die Interpretation dieser Umfrageergebnisse teile ich nicht unbedingt. Wichtig ist, es geht uns nicht um eine Lizenzoptimierung, um den Kunden Geld aus der Tasche zu ziehen, wie ich es an der einen oder anderen Stelle gelesen habe. Das ist nicht unsere Intention. Noch einmal: Wir haben unsere Lizenzpolitik nicht geändert. Wenn das der Fall wäre, um es in unserem Sinne zu optimieren, dann hätten wir bestimmt eine ganz andere Diskussion. Hier ist es so, dass es auf Seiten eines anderen Herstellers eine Änderung gegeben hat, und der Wunsch der Kunden da ist, dass wir uns dem völlig öffnen. Den Wunsch sehe ich und wir finden auch Lösungen in den Einzelfällen. Wir haben uns aber entschieden, nicht aufzumachen und diese Entscheidung hat Bestand.
Aber es sind doch die seit Jahren bestehenden Oracle-Konditionen, die die Anwender kritisieren - und jetzt auch mit drastischen Konsequenzen drohen, wie der Ablösung von Oracle-Produkten?
Obermeier: Es gibt Oracle-Kunden, die sich nicht richtig abgeholt fühlen und kundtun, dass sie sich auch Alternativ-Szenarien überlegen. Dem treten wir proaktiv entgegen. Ich sehe, dass wir hier Schritt für Schritt vorankommen. Es ist im Übrigen nicht so, dass die Lösung, die wir für ein, zwei oder drei Kunden finden, die Copy-and-paste-Lösung für alle Kunden ist. Die virtualisierten Umgebungen bei den Kunden sind schließlich durchaus unterschiedlich. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung, die Anwender dort abzuholen, wo sie derzeit stehen. Und das tun wir jetzt und arbeiten sehr hart daran.