Wer trotz eines herannahenden Fahrzeugs mit seinem Fahrzeug aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn einbiegt, um unmittelbar danach links abzubiegen, vollzieht ein besonders gefährliches Fahrmanöver. Auch nach Beendigung der Grundstücksauffahrt kann er für einen Zusammenstoß mit dem herannahenden und zum Überholen ansetzenden Fahrzeug allein verantwortlich sein.
Darauf verweist der Bad Nauheimer Fachanwalt für Verkehrsrecht Romanus Schlemm, Vizepräsident des VdVKA - Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm vom 5.05.2014 zu seinem Urteil vom 07.03.2014 (Az. 9 U 210/13).
Ende März 2012 bog die Beklagte aus Arnsberg mit ihrem Pkw Renault aus einer Grundstücksausfahrt nach links (stadteinwärts) auf die Rönkhauser Straße in Arnsberg ab, um nach etwa 14 m erneut nach links in die Straße "Am Wehr" abzubiegen. Zu diesem Zeitpunkt näherte sich, ebenfalls stadteinwärts fahrend, der Pkw BMW des Klägers aus Lüdenscheid auf der bevorrechtigten Rönkhauser Straße. Beide Fahrzeuge kollidierten im Einmündungsbereich der Straße "Am Wehr", nachdem das klägerische Fahrzeug zum Überholen des Fahrzeugs der Beklagten angesetzt hatte. Unter Hinweis auf den aus seiner Sicht allein von der Beklagten verursachten Unfall hat der Kläger seinen Gesamtschaden von ca. 6.500 Euro ersetzt verlangt.
Gericht sieht Alleinschuld
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat eine alleinige Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall bejaht. Ein Verschulden des Fahrers des klägerischen Fahrzeugs an dem Zusammenstoß sei nicht festzustellen. Demgegenüber liege ein schwerwiegendes Verschulden der Beklagten vor, das ihre alleinige Haftung für den Verkehrsunfall begründe.
Die Beklagte habe die beim Einfahren aus einer Grundstücksausfahrt auf die Fahrbahn gem. § 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) geltenden erhöhten Sorgfaltsanforderungen verletzt. Diese wirkten bei dem von ihr vollzogenen Fahrmanöver über den eigentlichen Vorgang des Einbiegens auf die Fahrbahn hinaus fort. Ihr Fahrmanöver sei anhaltend gefährlich gewesen, weil die Beklagte - obwohl sie den herannahenden Pkw des Klägers bemerkt habe - mit geringer Geschwindigkeit in die Fahrbahn eingebogen sei, um unmittelbar danach nach links abzubiegen. Dabei sei ihre Abbiegeabsicht für den nachfolgenden Verkehr nicht ohne weiteres zu erkennen gewesen. Ihre verlangsamte Fahrweise habe auch auf eine gemächliche Einordnung in den fließenden Verkehr hinweisen können, das für den nachfolgenden Verkehr rechtzeitig erkennbare Setzen des linken Fahrtrichtungsanzeigers habe sie nicht dargetan.
Zweite Rückschau versäumt
Deswegen habe sie ihre Einfahrt auf die Fahrbahn bis zum Passieren des klägerischen Fahrzeugs zurückstellen oder sich besonders darüber vergewissern müssen, dass ihre Absicht links abzubiegen erkannt werde. Das habe sie versäumt und es zudem unterlassen, durch die zweite Rückschau unmittelbar vor Beginn des Abbiegevorganges noch einmal auf den rückwärtigen Verkehr zu achten. Ihr erhebliches Verschulden begründe die alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall.
Schlemm empfiehlt, die Entscheidung zu beachten und in derartigen Fällen rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf die Anwälte und Anwältinnen in dem VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. - www.vdvka.de - verweist.
Weitere Informationen und Kontakt: Romanus Schlemm, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Vize-Präsident des VdVKA - Verband Deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V., Kanzlei Ruppert, Schlemm & Steidl, Frankfurter Str. 28, 61231 Bad Nauheim, Tel.: 06032 9345-21, E-Mail: Schlemm@anwaltshaus-bad-nauheim.de, Internet: www.anwaltshaus-bad-nauheim.de
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