Zum 23. Mal öffnete - dieses Jahr wegen der Lungenkrankheit SARS mit dreieinhalbmonatiger Verspätung - die Computex in Taipei, Taiwan, vom 22. bis 26. September ihre Pforten. Auch wenn sich die Messe seit Mitte der 90er-Jahre immer mehr auf einheimische Aussteller konzentriert, gab sich neben Intel und National Semiconductor erstmals seit sechs Jahren auch wieder Texas Instruments die Ehre. Vor allem für Einkäufer von Komponenten und Peripherie bis hin zu Komplettsystemen hat die Computex sich nach der Cebit und der Comdex als drittwichtigste IT-Show der Welt etabliert.
So sieht das auch Compubizz-Chef Peter Bundgard, der ComputerPartner exklusiv seine Eindrücke sowohl von der Cebit Asia in Shanghai eine Woche früher als auch von der Computex schilderte. "Die Cebit Asia ist noch längst kein Vergleich zur Computex", stellte der ehemalige CHS-Geschäftsführer fest. Dies zeigen auch die Zahlen: Nach 544 im Vorjahr haben sich in Shanghai dieses Jahr nur 412 Firmen angemeldet; in Taiwan sprach man aufgrund neuer Standflächen in Halle 1 und der gerade fertig gestellten Halle 3 mit 1.241 Ausstellern an 2.419 Ständen von einem neuen Rekord.
In Shanghai wurden rund 50.000 Besucher gezählt, in Taiwan waren es 92.136, das sind 28,62 Prozent mehr als im Vorjahr. Beim ausländischen Fachpublikum registrierten die Veranstalter vom China External Trade Development Council (Cetra) nur einen leichten Rückgang von 24.738 auf 22.250 Besucher. Da es sich dabei meist um Japaner, Koreaner und Auslandschinesen (ABC oder Banana Chinese in Amerika) handelt, lässt sich die Zahl für Europäer natürlich nicht überprüfen. Bundgard zufolge waren wie in den Jahren zuvor aber wieder viele "Langnasen" unterwegs.
Auch die meisten Aussteller waren zufrieden. "Ich denke nicht, dass der wegen SARS spätere Termin einen Einfluss auf die Handelsmesse gehabt hat", meinte Dennis Hsu, Marketingmanager bei Benq. Gerade das hatte man befürchtet, da das Weihnachtsgeschäft für viele Einkäufer Ende September schon gelaufen ist. Aber längst werden die Geschäfte nicht nur auf der Computex gemacht. Dafür gewinnt die Messe - wie auch die Cebit - mehr und mehr Bedeutung als Kontaktbörse. "Ob ATI oder Nvidia, auch von den europäischen Geschäftsführern waren wieder alle dabei", so Bundgard. ATI-Chef Peter Edinger fand die Computex dieses Jahr angesichts ungewöhnlich kurzer Warteschlangen am Taxistand zwar übersichtlicher als sonst, sprach aber von sehr guten Geschäftsabschlüssen. Zufrieden äußerte sich auch Bundgard und war dankbar, dass er einen Deutsch sprechenden chinesischen Einkäufer zur Seite hatte und die meisten Termine schon feststanden: "Ohne Kontakte vorab ist es aussichtslos, und allein als Ausländer unterwegs trifft man eher auf Misstrauen." Woran man sich auch gewöhnen müsse, sei die Tatsache, dass die Chinesen stets auf Vorauszahlung pochen, bevor sie Ware freigeben.
Chinesen sind in erster Linie Pragmatiker. Lag in den vergangenen Jahren der Schwerpunkt der Bemühungen auf eigenen Innovationen, besinnen sich die meisten Hersteller aus Taiwan wieder auf ihre Kernkompetenz, nämlich innovative Ideen anderer in vermarktbare Produkte umzusetzen. Echte Innovation zeigte sich daher eher im Design, sprich der Abkehr vom grauen Einerlei und der Hinwendung zu edleren Formen, Farben und Materialien.
Weniger Innovation
Neben den alten "Verdächtigen" wie Motherboards, Zubehör und Peripherie konzentrierte sich die Computex dieses Jahr auf die Themenschwerpunkte Wireless, LCD, PDAs, Handys, Rackmount-Server und Mini- oder Small-Form-Factor-PCs, wie sie neben Shuttle auch viele andere Mainboard-Hersteller im Angebot haben.
Überhaupt scheinen sich die Board-Hersteller immer mehr zu Generalisten zu entwickeln. MSI zum Beispiel hat seine Mega-PC-Serie mit integriertem Radio deutlich erweitert und setzt darüber hinaus auf Server sowie auf Wireless-LAN- und Bluetooth-Produkte.
Neben den beiden drahtlosen Technologien drehte sich auch viel um USB 2.0, während es um Firewire (IEEE 1394), mit dem sich Taiwans Industrie vor zwei Jahren zu profilieren suchte, relativ still geworden ist, fand Bundgard. Handys, Smartphones, PDAs, Digitalkameras und Zubehör wie Flash-Speicher waren ebenfalls prominent vertreten, so auch Notebooks, Tablet-PCs und natürlich LCDs.
Viel Aufmerksamkeit wurde LCD-Fernsehern zuteil, so etwa einem AUO-Boliden mit 46 Zoll (siehe Ticker). Lieferengpässe bei Panels, Notebook-Festplatten und Speicher, die das Jahresendgeschäft erschweren könnten, sind dabei als "Rand-Story für Einkäufer" fast untergegangen. So fast auch der offizielle Launch des Athlon 64, mit dem AMD wie ein einsamer Rufer in der Wüste Microsoft und Co. auf 64-Bit-Software im Consumer-Geschäft einzustimmen versucht.
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ComputerPartner-Meinung
Sollte die verspätete Computex wirklich ein Erfolg gewesen sein, wäre das ein gutes Zeichen. Schließlich hofft jeder auf den Aufschwung, der, wie an den Auftragseingängen erkennbar, nach Meinung vieler taiwanesischer Hersteller nicht mehr lange auf sich warten lässt. (kh)