Zwischen zwei Besprechungen mal eben bei Facebook gucken oder die Liebste in der Pause übers Diensthandy anrufen. Bei den meisten Arbeitnehmern ist das zwar Usus - in der Regel aber mit einem schlechten Gewissen verbunden. In einigen Unternehmen können Mitarbeiter inzwischen ganz ungeniert Dienstgeräte für private Kommunikation nutzen. Zuletzt machte etwa der Technikkonzern Bosch die Erlaubnis dafür offiziell.
"Das ist auch eine Frage von Arbeitnehmerfreundlichkeit und Vertrauen", sagt eine Sprecherin der Gewerkschaft IG Metall. "Wir begrüßen es, dass die Unternehmen den Blick darauf richten, Arbeit und Privatleben vereinen zu können."
Neben Bosch ermöglichen auch andere Unternehmen wie Daimler und IBM ihren Leuten private Kommunikation im Dienst. Beim Software-Konzern SAP können Beschäftigte beispielsweise privat über das Diensthandy telefonieren. Die Gespräche laufen dann unter einer zweiten Telefonnummer und werden einzeln abgerechnet.
Bei Bosch sieht die Regelung so aus: Private Telefonate sind erlaubt - sofern sie nicht ausarten. Zudem können Mitarbeiter über ihre dienstliche E-Mail-Adresse auch private Nachrichten verschicken.
Das könnte auch Vorteile für den Chef haben: "Digitalisierung darf nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer rund um die Uhr erreichbar sind", warnt die Gewerkschaft. "Es gibt ein Recht auf Feierabend und planbare Freizeiten." Denn durch die Verzahnung von Freizeit und Beruf könnten auch Grenzen verschwimmen. Wenn Mitarbeiter während der Arbeit Privates jedoch erledigen dürften, seien sie möglicherweise eher willens, umgekehrt auch Dienstliches im Feierabend zu erledigen.
Jeder dritte Mitarbeiter ist beispielsweise an Wochentagen abends für den Chef erreichbar, wie der Branchenverband Bitkom ermittelt hat. Nach Angaben des Verbands bekommt zudem jeder vierte Arbeitnehmer ein Diensthandy gestellt. 17 Prozent nutzen hingegen ihr privates Smartphone für die Arbeit.
Dass Mitarbeiter das Diensthandy auch nach Büroschluss am Ohr haben, sollen die Neuerungen Bosch zufolge aber keineswegs bedeuten. "Freizeit bleibt Freizeit", sagt ein Sprecher. Die Stuttgarter erlauben ihren Mitarbeitern zudem, ihren Arbeitsort frei zu wählen. Personalchef Christoph Kübel glaubt: "Die freie Wahl von Arbeitsort und -zeit steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter, liefert bessere Arbeitsergebnisse und stärkt die Kreativität."
Das sieht der Technologieriese IBM ähnlich, dessen Mitarbeiter ebenfalls an beliebigen Orten arbeiten können. Allein dadurch seien Privatgespräche während der Arbeitszeit nicht ungewöhnlich, erklärt ein Sprecher. Ausdrücklich nicht erlaubt: Private Ausflüge über das IBM-System auf Porno- oder Glücksspielseiten im Netz. Von ihren privaten E-Mail-Adressen dürfen Mitarbeiter im Dienst zwar Nachrichten versenden. Von der geschäftlichen Adresse sollten sie demnach aber die Finger lassen.
Letzteres wäre ohnehin nicht unbedingt vorteilhaft: Bei Krankheit oder in dringenden Fällen kann der Arbeitgeber das E-Mail-Postfach in der Regel nämlich einsehen. Liebesgeflüster mit dem neuen Freund? Lästereien über den Chef? Besser über den privaten Account.
Arbeitsschützer sind von der Erlaubnis wenig beeindruckt. Private E-Mails und Telefonate seien für viele Beschäftigte längst Alltag, betont Frank Brenscheidt von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. "Dadurch wird sich nicht die gesamte Kultur bei den Beschäftigten verändern."
Dass sich technikaffine Unternehmen dabei großzügig zeigen, heißt zudem mitnichten, dass jeder Chef seinen Kollegen am Arbeitsplatz das Telefonat mit der Liebsten ermöglicht: Fast jede dritte Firma untersagt nach einer Bitkom-Umfrage privates Surfen am Arbeitsplatz. Bei jedem zehnten Unternehmen gibt es gar keine Regelung. (dpa/tc)
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