CA weist Vorwurf der Buchungsfälschung vehement zurück

17.05.2001
Sieben Seiten ist Softwerker Computer Associates (CA) die Replik auf den Vorwurf der "New York Times" wert, das Unternehmen habe seit Jahren "unkorrekt und irreführend" abgerechnet.

Der Anlass war eigentlich banal: CA, die viergrößte Software-Firma der Welt, hatte am 4. Mai bekannt gegeben, es habe sich im März in einer Vorabmeldung zum abgelaufenen Fiskaljahr (Stichtag: 31. März 2001) "vertippt". Statt rund 230 Millionen Jahresgewinn habe es nur 90 Millionen Dollar eingenommen. Entschuldigung.

Doch die Korrektur ist brisant: Sie wurde vor dem Hintergrund einer heftigen Attacke auf die Abrechnungspraktiken des in Islandia, New York, beheimateten Software-Riesen allgemein vorgenommen. Ein Artikel der "New York Times" (NYT), am 29. April erschienen, hatte CA vorgehalten, seine Bilanzen wären seit Jahren "inkorrekt und irreführend" ausgeführt worden. Tricks allein hätten zu dem fabelhaften Wachstum der zu 60 Prozent mit Mainframe-Software Geld verdienenden Firma geführt.

Der zentrale Vorwurf, gestützt auf Analysten und Aussagen anonyme Ex-Mitarbeiter, wurde argumentativ vor allem wie folgt untermauert: CA habe systematisch Lizenz- und zu erwartende Wartungseinnahmen in einen Topf geworfen; gemäß dieser irregulären Buchungspraxis seien auch die Kundenverträge neu gekaufter Software-Anbieter wie Sterling und Legent auf zehn Jahre ausgedehnt und als bereits bezahlte Lizenzeinnahmen verbucht worden. Offensichtlich wäre diese seit Jahren geübte, illegale Rechnungsmethode in der jüngsten Vorabmeldung an die US-Börsenaufsichts- behörde (SEC) geworden: CA habe zwei widersprüchliche Abrechnungen vorgelegt. Die Absicht sei eindeutig: Analysten und Rechnungsprüfer sollten getäuscht werden.

Zum Beweis legt die NYT die beiden Abrechnungen nebeneinander. Da gibt es das "Pro-forma-pro-rate"-Ergebnis. In dieser weist CA einen Quartalsumsatz in Höhe von 1,44 Milliarden Dollar aus. Der zweiten, herkömmlichen, nur Lizenz- und quartalsgerechte Wartungseinnahmen ausweisenden Abrechnung zufolge hat CA gerade 730 Millionen Dollar eingenommen. Kein Wunder, dass CA-Chef Sanjay Kumar diese Existenzschädigende Attacke auf sieben Seiten vehement zurückwies. Zwei Argumente führt er an: Die "Pro-forma-pro-rate"-Methode sei das für Kunden klarere Modell, um die wahren, über die Jahre zu erwartenden Software-Kosten auszuweisen; selbst- verständlich entspreche diese Methode den US-Vorschriften (GAAP). Zum Zweiten, so Kumar weiter, habe der Artikel unterschlagen, dass der von CA beauftragten Prüfungsgesellschaft KMPG die regelkonforme Bilanzierung attestiert worden sei. Drittens sei das im Oktober letzten Jahres eingeführte monatliche Abrechnungsmodell, dem zufolge die Software-Kosten (Lizenz und Wartung) für den gesamten Benutzungszyklus monatlich abgerechnet werden, kundenfreundlich und regelkonform. Infolge dessen kommt Kumar mit kaum verhaltenem Zorn zum Schluss: "Der Artikel entspricht nicht den sonst üblichen Standards an Objektivität und Ausgewogenheit."

An dieser Folgerung scheiden sich die Geister. Fürsprecher CAs führen an, die aggressiven Buchungspraktiken seien seit langem bekannt, doch legal; Buchungstricks seien nicht festzustellen. Für Skeptiker hingegen steht fest, CA habe mit der "Pro forma pro rate" die Abrechnung zur Glaubenssache gemacht.

Denn wer wüsste schon, ob die eingebuchten Lizenzeinnahmen in fünf Jahren auch bezahlt würden. "Es bedarf erheblich guten Willens, diesen Zahlen zu glauben", erklärte Merill Lynch-Analyst Peter Goldmacher

www.cai.com/invest/nytimes response.pdf

www.nytimes. com/2001/04/29/ technology/29COMP.html

ComputerPartner-Meinung:

Bilanzen frisiert zu haben, ist kriminell. Wer diesen Vorwurf erhebt, muss ihn schlüssig beweisen. Der Versuch allein ist fahrlässig. So folgt: Selbst wenn die NYT offensichtlich guten Grund hatte, den Aussagen von ehemaligen CA-Mitarbeitern und Analysten nicht weniger Wahrheitsgehalt zuzubilligen als den SEC-Erklärungen von CA und sie schlüssig argumentierte, bleibt sie den Beweis schuldig. Sie handelt mit Rufmord. Dies ist das Letzte, was sich eine Zeitung einhandeln darf. (wl)

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