Gartners Chef-Researcher Peter Sondergaard, nimmt in seinen Eröffnungsreden zum alljährlichen Symposium in Orlando nie ein Blatt vor dem Mund. Ob anstehende Budgetprobleme, Management-Defizite bei den CIOs oder unzureichende Vorbereitung auf aktuelle Technologie-Trends - immer spricht er klar aus, was er meint, wohin die IT-Reise gehen wird. Und wie sich die IT-Verantwortlichen darauf einstellen müssen.
Demnächst eine Algorithmen-Wirtschaft
"Datenberge sind tote Materie, die nur immense Kosten verursachen, erst deren intelligente Auswertung mit anspruchsvollen Algorithmen macht daraus ein Betriebsvermögen", war der Ausgangspunkt für seinen Exkurs über die IT-Zukunft. Zusammenfassend kommt er zu dem Schluss, dass sich IT sich zu einer riesigen Algorithmen-Maschine wandeln wird. "Algorithmen sind der wahre Wert eines Unternehmens", so Sondergaard weiter. Hierzu verweist er auf Amazons Empfehlungs-Algorithmus, auf Wazes Verkehrsführung, auf Netflix Dynamic und die Aktienhandels-Algorithmen der großen Investmentbanken. Er sieht bereits eine "Algorithmen-Wirtschaft" aufziehen, bei der die Unternehmen mit Algorithmen handeln, beziehungsweise sie lizenzieren.
Das Ende der statischen Apps
Ein solcher schwunghafter Handel sei deshalb erforderlich, weil mit dem zunehmenden Einsatz von Machine Learning die Abhängigkeit der Unternehmen von intelligenten Programmen rasant zunehmen werde. "Algorithmen steuern Autos, ersetzen den Verkäufer, den Polizisten, und die Bedienung im Restaurant, Roboter werden demnächst Roboter entwickeln und Agenten werden intelligente Agenten programmieren", lautet Sondergaards Zukunfts-Vision.
Dumme Programme, die nur statische Informationen ausgeben, werden dagegen schon bald aussterben. Der Gartner-Mann meint damit die immer noch ansteigende Welle an Apps. "Apps, so wie wir sie heute kennen, werden in den nächsten fünf Jahren verschwinden und durch intelligente Algorithmen-Portale ersetzt werden", sagt er über diesen IT-Bereich, an dessen Einführung noch immer viele IT-Chefs mit Hochdruck arbeiten.
IoT kann nur von Maschinen gemanagt werden
Die zweite treibende Kraft für die neue Algorithmen-Economy sei IoT. "In fünf Jahren werden in jeder Stunde eine Million neue Geräte ans Internet angeschlossen werden - das alles ist dann nur noch mit Hilfe von Maschinen-Algorithmen zu beherrschen", lautet seine Begründung. Doch er sieht auch die aufkommenden Probleme bei der gesellschaftlichen Akzeptanz der neuen Abhängigkeiten. "Algorithmen werden schon bald über Leben und Tod entscheiden - und IT könnte plötzlich im Mittelpunkt von sozialen Konflikten stehen. Ich kenne keinen CIO, der darauf vorbereitet ist", war seine Warnung an die IT-Chefs.
CIOs implementieren bimodales Business
Neben der Algorithmen-Apokalypse/Euphorie sprach Sondergaard noch über sein Lieblingsthema: Das bimodale Business. Damit meint er, dass immer mehr Unternehmen nicht mehr darauf warten, dass ihre bestehenden Fachbereiche und Geschäftsabläufe an neue digitale Formen adaptiert werden (Modus 1), sondern stattdessen ausgelagerte Einheiten geschaffen werden, die nahezu autark neue digitale Geschäftsformen entwickeln (Modus 2). "Über ein Drittel aller CIOs haben bereits eine bimodale Struktur innerhalb ihrer IT-Abteilung geschaffen, um innovative Prozesse in Gang zu setzen", meint er zum Erfolg dieser Management-Struktur.