Robert Brockbals: "Der Generationswechsel beflügelt das Geschäft mit Business Analytics"
Robert Brockbals, Teamleiter Betriebswirtschaftliche Lösungen Business Analytics bei der Sievers-Group, skizziert im Interview mit ChannelPartner, worauf es bei Business-Analytics-Projekten ankommt und welche Voraussetzungen Systemhäuser mitbringen sollten, um in diesem Geschäft erfolgreich Fuß zu fassen.
Business Analytics und Big Data werden als Top-Trends der IT-Branche gehandelt. Inwiefern ist auch der Mittelstand hierzulande auf den Zug aufgesprungen?
Robert Brockbals: Mittlerweile haben Geschäftsführer, die Verantwortlichen im Controlling, Vertrieb und Marketing das Thema schon fest auf dem Radar. Der Generationswechsel in den Unternehmen beflügelt diese Entwicklung zusätzlich.
Weshalb?
Brockbals: Durch das Ausscheiden älterer Mitarbeiter geht in vielen Unternehmen die Branchen-Expertise verloren. Die jüngeren Nachfolger versuchen, sich dieses Wissen und diese Erfahrung eher aus Daten und Systemen zu erarbeiten. Das ist eine völlig andere Herangehensweise. Zu beobachten ist das vor allem auch beim Umgang mit den Unternehmenskennzahlen.
Was sind die typischen Auslöser für Business Analytics-Projekte?
Brockbals: Sehr oft startet ein solches Projekt, wenn bestehende Lösungen kollabieren und das Vertrauen in die generierten Daten schwindet. Im Mittelpunkt stehen immer wieder die Aspekte Zeit, Geld und Qualität.
Wie gehen Sie bei solchen Anfragen konkret vor?
Brockbals: Im ersten Schritt ist für gewöhnlich erst einmal Grundlagenarbeit zu leisten. Hier geht es darum, das Verständnis für die Art der Daten und ihre Auswertbarkeit zu schaffen. Dabei wird geklärt, welche Kennzahlen überhaupt als maßgebliche unternehmensspezifische Größen herangezogen werden können. Meist gehen dem BA-Projekt deshalb Projekte zur Datenintegration voraus, um eine Datenkonsistenz schaffen und diese Daten dann in ein verlässliches Reporting zu überführen. Die Fachbereiche Vertrieb und Marketing haben in der Regel die meisten Anforderungen. Die enge Zusammenarbeit zwischen IT-Abteilung und den jeweiligen Fachbereichen ist deshalb elementar. Wenn diese Zusammenarbeit nicht funktioniert, wird ein Projekt scheitern.
Das heißt, bis zu vorausschauenden Analysen und der Integration von Social-Media-Daten ist es noch ein weiter Weg?
Brockbals: Das wird bei der Mehrzahl der Kunden erst in einem zweiten Schritt erfolgen, aber das wird kommen. Die Kriterien, entlang derer Unternehmen ihre Prozesse bewerten - Geld, Zeit und Qualität - sind grundsätzlich keine neuen Kriterien. Aber bislang fehlten die Werkzeuge, um diese Analysen über alle Bereiche hinweg durchzuführen. Das war auch der Grund, weshalb in der Vergangenheit viele der Erkenntnisse, die auf Basis guter Beratungskonzepte definiert waren, lange Zeit nicht umgesetzt werden konnten. Das ist mithilfe der neuen Tools jetzt möglich. Ist ein Projekt sauber aufgesetzt, lässt sich binnen kurzer Zeit ein echter, messbarer Mehrwert für den Kunden darstellen.
In dem geschilderten Business-Analytics-Projekt mit Kaffee Partner konnten Sie die Maschinendaten mit auslesen, weil die Kaffee-Automaten bereits Sensordaten lieferten. Wie gehen Sie vor, wenn ein System keine Sensordaten liefern kann?
Brockbals: Indem wir physikalische Messpunkte schaffen oder uns der Mathematik bedienen. In einem weiteren Projekt waren wir aufgefordert, Energieverbräuche den einzelnen Maschinen und Produkten zuzuweisen. Bekannt war uns allerdings nur der Gesamtverbrauch je Standort. Beim weiteren Betrachten der Datenlage wurden Betriebs- und Rüstzeiten je Maschine herangezogen. Nun hatten wir eine Gleichung mit vielen Unbekannten, welche wir lösen konnten. Die daraus resultierenden Ergebnisse waren sehr nah an den tatsächlichen Verbräuchen, was uns spätere Messungen bestätigten. Für den Kunden ergab sich der Vorteil, dass er in der Lage war, eine saubere Energiebilanz und eine transparente Produktkalkulation aufzustellen. Darüber hinaus spart er sich eine Investition in viele Klemm- und Messpunkte.
Hier wird die Zusammenarbeit mit Ingenieuren immer wichtiger. Diese Art von Kooperationen sind eines der ganz großen Zukunftsthemen, denen wir uns intensiv widmen.
Weshalb nutzen Sie nicht Lösungen, die inzwischen Maschinendaten auslesen und verarbeiten können, wie beispielweise Splunk?
Brockbals: Wir betrachten Angebote wie Splunk eher als Nischenlösungen und verfolgen eher einen anderen Ansatz: Uns geht es darum, Daten langfristig auswertbar zu machen, diese Datenströme in die bestehende Controlling-Plattform des Kunden zu integrieren und mit betriebswirtschaftlichen Daten zu verknüpfen, als Basis für die vorausschauende (predictive) Planung.
Wie hoch ist der Anteil, den das BA-Geschäft zum Gesamtumsatz der Sievers-Group beisteuert?
Brockbals: Aktuell ist dieser Anteil zwar noch relativ klein, strategisch aber sehr weit vorne. Wir befinden uns mitten im Wandel von einem klassischen Systemhaus mit hohem Infrastruktur-Anteil hin zu einem IT-Architektur-Spezialisten, der sich immer tiefer in die betriebswirtschaftliche Zusammenhänge der Kunden hineindenkt und hier Verantwortung übernimmt.
Den Betrieb von ERP-, CRM- und BI-Lösungen aus der Cloud bieten Sie Ihren Kunden bereits seit acht Jahren an. Merken Sie hier angesichts der Späh-Aktionen der NSA derzeit eine Zurückhaltung der Kunden?
Brockbals: Nein, die NSA spielt uns eher in die Hände. Denn zum einen befindet sich unser Rechenzentrum in Deutschland und zum anderen schätzen unsere Kunden die Kontinuität bei der Betreuung und die Tatsache, dass sie uns auf Augenhöhe begegnen können - sie bevorzugen einen "Partner zum Anfassen". Wir beobachten, dass der Mittelstand auf diese Cloud-Angebote extrem gut anspringt.
Was ist für die Kunden - neben dem Hosting in Deutschland - entscheidend?
Brockbals: Sie wollen auch komplette, aber hochgradig individualisierte Software-Stacks und Prozesse auslagern können - beispielsweise Logistikprozesse inklusive ERP, BI und dem damit verbundenen, kompletten Sizing der Systeme. Das bieten wir bereits seit Jahren an. Unsere Aufgabe sehen wir aber vor allem auch darin, für den jeweiligen Kunden jene Themen zu identifizieren, die sich für eine Auslagerung lohnen. Das ist eine wesentliche Kernkompetenz, die ein Partner braucht, um hier langfristig erfolgreich zu sein. Wenn das Vertrauen da ist, werden Kunden auch Herzstücke ihrer IT auslagern. Das ist unsere Stärke.
Im Bereich BI und Business Analytics arbeitet die Sievers-Group seit vielen Jahren eng mit IBM zusammen. IBM hatte im Januar 2013 angekündigt, auch Projekte mit Enterprise-Kunden künftig über den Channel abzuwickeln. Wie hat sich das für die Sievers-Group konkret ausgewirkt?
Brockbals: Durch diese Initiative der IBM konnten wir unser Projektgeschäft im Enterprise-Bereich in der Tat vergrößern. Allerdings muss der Partner seinen Mehrwert, den er in das Projekt einbringt, und seine Fach-Expertise schon sehr konkret darlegen. IBM bekommt von uns spätestens binnen 48 Stunden Feedback zu einem weitergeleiteten Lead. So funktioniert das Modell sehr gut. Die Kunden schätzen zudem, dass beim IT-Dienstleister die Kontinuität beim Ansprechpartner über sehr lange Zeit gewährleistet ist. Das ist beim Hersteller oft nicht der Fall. Kunden profitieren davon, dass wir IBMs "Smarter Planet Strategie" auf ihren Bedarf anwenden.