Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) muss im Streit über die Kappung der Pendlerpauschale eine empfindliche Schlappe wegstecken. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich jetzt auf die Seite der Steuerzahler geschlagen.
Mit Beschluss vom 23. August habe der BFH in einem Eilverfahren einem Steuerzahler einstweiligen Rechtsschutz gewährt, teilte der Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland (LHRD) in Darmstadt mit (Az. VI B 42/07). Grund sind erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Kürzung der Pauschale.
Mit dem Beschluss muss das Finanzamt dem Steuerzahler die bis Ende 2006 geltende höhere Pendlerpauschale auf der Lohnsteuerkarte eintragen. Offensichtlich bewertet der Bundesfinanzhof die Interessen des Bürgers höher als die des Fiskus. Sobald die Entscheidung veröffentlicht ist, können sich nun alle Arbeitnehmer ihre Fahrtkosten wieder in voller Höhe auf ihrer Steuerkarte eintragen lassen. In dem konkreten Fall ging es um einen Berufspendler, der pro Arbeitstag eine Strecke von 61 Kilometern zurückzulegen hat.
Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es, "wir gehen selbstverständlich von der Verfassungsmäßigkeit der Kürzung aus". Steinbrück hat in Sachen Fahrtkosten grundsätzlich das im deutschen Steuerrecht bislang fremde "Werkstor-Prinzip" eingeführt. Demnach gelten Fahrtkosten des Arbeitnehmers ab 2007 grundsätzlich als Kosten der privaten Lebensführung und sind somit steuerlich irrelevant. Lediglich Fernpendler können Fahrtkosten ab dem 21. Entfernungskilometer "wie Werbungskosten" geltend machen. Dies wird von führenden Juristen als verfassungswidrig betrachtet, weil das steuerliche Nettoprinzip verletzt werde - demnach sind die Kosten der Einkommenserzielung vom steuerpflichtigen Einkommen abzugsfähig. Mehrere Finanzgerichte hatten in den vergangenen Monaten bereits Verfahren an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet. Wann Karlsruhe darüber entscheidet, ist völlig offen.
Der LHRD sprach von einem "Etappensieg für unsere Mitglieder". Zwar habe der BFH in dem Beschluss darauf hingewiesen, dass damit noch keine endgültige Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Kürzung getroffen sei. Fahrtkosten seien aber nach dem bisherigen Verständnis des Steuergerichts beruflich veranlasst und zur Erwerbssicherung unvermeidlich. Steuerpflichtige sollten jetzt darauf achten, dass ein Freibetrag für alle Fahrtkosten auf der Lohnsteuerkarte eingetragen werde. Damit müssen die Pendler zunächst weniger Lohnsteuer zahlen. Sollte das Verfassungsgericht allerdings feststellen, dass die Kürzung der Pauschale doch verfassungsgemäß war, kämen Nachzahlungen auf die Steuerzahler zu. (sch)