Bull AG: "Produktgeschäft bald zu 50 Prozent über Partner"

04.12.1996
PARIS/KÖLN: Die Bull-Group schreibt erstmals seit sieben Jahren schwarze Zahlen. Doch hierzulande hechelt die Bull AG selbst den eigenen Umsatz-Vorgaben hinterher und muß für 1995 ein Profit-Loch von voraussichtlich 19,5 Millionen Mark stopfen. Eine Stärkung des Indirektvertriebs könnte ein Ausweg aus der Misere sein, hofft Deutschland-Boß Rainer Liebich.Einen Spiegel von immensen Ausmaßen muß irgend jemand anno 1988 bei Bull zerbrochen haben: Sieben lange Jahre gab es bei dem französischen IT-Konzern nur dunkelrote Gewinnzahlen am Ende eines Geschäftsjahres. Besonders schlimm war es 1990, als die Kurve steil auf ein Minus von 6,8 Milliarden Francs (fast zwei Milliarden Mark) fiel. 1993 waren es noch über fünf Milliarden, 1994 fast zwei Milliarden Francs Miese. Doch die sieben Jahre Pech sind vorbei: In der Gewinnbilanz für 1995 regt sich wieder was in der positiven Zone, 306 Millionen Francs (also rund 89 Millionen Mark) im Plus glätten die Sorgenfalten auf der Stirn von Bull-President Jean-Marie Descarpentries ein wenig.

PARIS/KÖLN: Die Bull-Group schreibt erstmals seit sieben Jahren schwarze Zahlen. Doch hierzulande hechelt die Bull AG selbst den eigenen Umsatz-Vorgaben hinterher und muß für 1995 ein Profit-Loch von voraussichtlich 19,5 Millionen Mark stopfen. Eine Stärkung des Indirektvertriebs könnte ein Ausweg aus der Misere sein, hofft Deutschland-Boß Rainer Liebich.Einen Spiegel von immensen Ausmaßen muß irgend jemand anno 1988 bei Bull zerbrochen haben: Sieben lange Jahre gab es bei dem französischen IT-Konzern nur dunkelrote Gewinnzahlen am Ende eines Geschäftsjahres. Besonders schlimm war es 1990, als die Kurve steil auf ein Minus von 6,8 Milliarden Francs (fast zwei Milliarden Mark) fiel. 1993 waren es noch über fünf Milliarden, 1994 fast zwei Milliarden Francs Miese. Doch die sieben Jahre Pech sind vorbei: In der Gewinnbilanz für 1995 regt sich wieder was in der positiven Zone, 306 Millionen Francs (also rund 89 Millionen Mark) im Plus glätten die Sorgenfalten auf der Stirn von Bull-President Jean-Marie Descarpentries ein wenig.

Und schon hört man von dem Bull-Haudegen wieder kräftige Worte:

"Das ist erst der Anfang", verspricht Descarpentries, ohne sich jedoch auf eine Zielvorgabe im laufenden Geschäftsjahr festlegen zu lassen. Auch ohne Angaben über das Wann und Wie stellt er in Aussicht: "Wir wollen europaweit auf Platz 3 kommen."

Deutschland-Vorstandschef Rainer Liebich, der die Bull AG in Köln seit Juli 1995 leitet, hält sich mit solcherlei Vollmundigkeiten zurück. Das ist weise, denn das Deutschland-Geschäft ist eines der Sorgenkinder von Mutter Bull. Mit 398 Millionen Mark lag der Umsatz nämlich sechs Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahres, der Wert der Auftragseingänge sank von 320 Millionen Mark (1994) auf 313 Millionen. Das Nettoergebnis weist gar einen Jahresfehlbetrag von 19,5 Millionen Mark aus.

Ergo - Liebich muß die Ärmel hochkrempeln, um seine Zielvorgabe für 1996 zu erreichen: eine Umsatzsteigerung um zehn Prozent und ein positives Nettoergebnis. Doch auch das zarte Pflänzchen Indirektvertrieb, das bei Bull immer im Schatten stand, will Liebich nun endlich kräftig gießen.

Denn trotz großer Ankündigungen schon im vergangenen Jahr (siehe Beiträge in den Ausgaben 3-4/1995 Seite 28 und 20/1995, Seite 14) blieb der indirekte Vertrieb von Bull erstmal am Katzentisch sitzen. Doch wer derzeit in der Kölner Abteilung anruft, sticht in ein Wespennest. "Noch zu früh", "in drei Wochen wissen wir mehr" oder "alles, was ich zum jetzigen Zeitpunkt sage, wäre gelogen" waren die einzigen Kommentare der aufgescheuchten Mitarbeiter. Personelle Veränderungen stünden ins Haus, war zu erfahren. So soll ab nächsten Monat ein Oberbefehlshaber für den indirekten Vertrieb die Berichte der Leiter PC- und OSS-Vertrieb entgegennehmen.

"Im Moment ist der Anteil des indirekten Vertriebs noch unbedeutend", gibt Liebich unumwunden zu. "Doch vom reinen Produktgeschäft sollen innerhalb der nächsten drei, vier Jahre 50 Prozent über den indirekten Vertrieb angeboten werden."

Ursprünglich wollte er den PC-Vertrieb der Zenith-Computer und den indirekten Vertrieb der Bull-Systemintegratoren und VARs in eine indirekte Vertriebsorganisation gießen. Da Zenith aber kein hundertprozentiges Bull-Kind mehr ist, fallen entsprechende Entscheidungen jetzt in den Führungsetagen der französischen Muttergesellschaft und bei Packard Bell.

Dort hat man beschlossen, für Zenith- und Packard-Bell-PCs eine europaweite Vertriebsgesellschaft unter Leitung und Koordination von Bull ins Leben zu rufen. Die heutigen Vertriebspartner der Unternehmen sollen dort ihre Heimat finden und bekommen die volle Produktpalette. "Abgesehen von wenigen großen Projekten werden wir im PC-Geschäft alles über den indirekten Vertrieb abwickeln", versichert Liebich. "Die Händler und Partner bekommen zu diesem Zweck auch unsere gesamte Kundenbasis."

Liebich will sich auch mit seinen Unix-Software-Systemen dort gerne eingebunden sehen. "Wir arbeiten derzeit an einem Programm, um zusammen mit dieser PC-Vertriebsgesellschaft auch die OSS-Systeme anzubieten - zu gemeinsamen Konditionen mit gemeinsamen Discountsätzen." Zukunftsmusik? Im zweiten Halbjahr 1996 sollen die Verhandlungen über die Bühne sein. Fragt sich, ob sich die Bull AG nicht immer noch zu sehr an ihr traditionell breites Direktgeschäft klammert. Der Fachhandel hierzulande kann auch ohne Bull, vor Liebich liegt also noch eine lange Strecke der Überzeugungsarbeit in alle Richtungen.

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