Bill Gates: Ein Original und zahllose Raubkopien

02.09.2004

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München, 30.08.2004

Bill Gates: Ein Original und zahllose Raubkopien

Sehr geehrter Herr Börries,

in der vergangenen Woche veröffentliche "Spiegel online" einen langen Artikel über einen 15-jährigen Schüler aus Thüringen, der "als Netzwerkspezialist sein eigenes Geld" verdient und sich "in seinem eigenen BMW" von seiner Mutter zum Kunden fahren lässt. Die Überschrift dieses Artikels: "Der Bill Gates des Thüringer Waldes".

Leider bleibt bei der Lektüre des Artikels die Frage unbeantwortet, was unser Teenager mit Bill Gates gemeinsam hat, aber was soll's. Interessanter ist die Frage, wie viele Bill Gates es auf der Welt eigentlich gibt. Antwort: Es gibt ein Original und jede Menge Raubkopien.

Wer ist nicht allein in Deutschland schon als Bill Gates bezeichnet worden?! (Dazu kommt natürlich noch das Ausland, das an dieser Stelle unberücksichtigt bleiben muss.) Der Erste waren Sie, sehr geehrter Herr Börries, wenn ich mich recht entsinne. Nun gut, das war nachvollziehbar, denn mit Ihrer Softwarefirma Star Division ("Star Office") haben Sie sich ja sogar direkt gegen die Firma von Bill Gates aufgestellt. Weitere von der Presse raubkopierte Bill Gates in Deutschland sind Tobit-Chef Tobias Groten und PC-Ware-Vormann Dr. Knut Löschke. Ich bin sicher, dass in vielen Provinz-, Heimat- und sonstigen Blättern noch Hundertschaften lokaler Bill Gates abgebildet worden sind, die irgendwo wohnen und am Aufbau ihres Milliarden-Imperiums arbeiten.

Und wissen Sie was: Das ist gut so. Denn es vermittelt dem von Hartz IV verschreckten Deutschen das gute Gefühl, dass alles möglich ist. Nehmen wir mal den hier zitierten Artikel auf "Spiegel online". Da sagt unser junger Freund (klasse: Der Knabe kommt auch noch aus dem Osten!): "Ich hatte in Chemie ein halbes Jahr nicht aufgepasst. Den Stoff habe ich mir in einer halben Stunde beibringen lassen. Wer will, schafft das." Bravo, ist man geneigt, dem jungen Mann zuzurufen. Du kannst, was du willst, und wer etwas nicht schafft, hat einfach nicht genug gewollt, und wer arbeiten will, der kriegt auch was etc. Und Chemie braucht man als Bill Gates ja eigentlich sowieso schon mal überhaupt nicht, aber wenn der Stundenplan es halt so will, dann setzt man sich eben für eine halbe Stunde hin.

Ach ja, was wäre unser Land ohne seine Kinder?! Ich meine ohne seine Wunderkinder? Es wäre ohne Hoffnung. Das letzte Wunderkind war ja Lars Windhorst. Der ist jetzt nur leider erstens kein Kind mehr, und zweitens ist das Wunder irgendwo auf der Strecke geblieben. Ich kann Ihnen auch sagen, woran das liegt: Windhorst ist nie als Bill Gates bezeichnet worden. Das macht den Unterschied.

Mit freundlichen Grüßen

Damian Sicking

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