Neue Gesetze, neue Regeln

Auf was sich die Personalabteilungen 2024 vorbereiten müssen

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Neue Regeln fürs Kinderkrankengeld, leichteres Recruiting im Ausland und mehr Schutz für Whistleblower – das sind die neuen Gesetze, die HR-Abteilungen 2024 im Blick haben sollten.
Jahr für Jahr neue Gesetze und Regeln - da den Durchblick zu behalten, fällt den Personalabteilungen nicht leicht.
Jahr für Jahr neue Gesetze und Regeln - da den Durchblick zu behalten, fällt den Personalabteilungen nicht leicht.
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Zum Jahresende herrscht gewöhnlich Hochbetrieb in den Personalabteilungen deutscher Unternehmen. Bescheinigungen wie zum Beispiel für die Sozialversicherungen erstellen und verschicken, Versicherungspflichten neu berechnen, Steuern abführen, Konten abstimmen, Reisekosten abrechnen, Rückstellungen bilden, und natürlich die verbleibenden Urlaubsansprüche erfassen. Dazu kommt, dass auch zum Jahreswechsel 2024 der deutsche Gesetzgeber jede Menge Änderungen bereithält, auf die sich die Human-Ressources- (HR-)Verantwortlichen einstellen und vorbereiten müssen.

Haufe HR Services hat die anstehenden Änderungen zusammengestellt, und gibt Tipps, wie Personalerinnen und Personaler die neuen Regelungen effizient und rechtssicher umsetzen können. Hier ein Überblick über die wichtigsten Themen, die auf die HR-Abteilungen 2024 zukommen:

Neue Regelungen bei Kinderkrankengeld

Der Gesetzgeber hat die Anspruchstage auf Kinderkrankengeld für 2024 und 2025 erhöht. Statt wie bisher zehn können beide Elternteile 15 Arbeitstage Kinderkrankengeld pro Kind beziehen. Bei Alleinerziehenden steigt der Anspruch von 20 auf 30 Arbeitstage. Die Gesamtzahl der Anspruchstage steigt damit in den beiden Jahren von 25 auf 35 Arbeitstage im Jahr, für Alleinerziehende von 50 auf 70 Arbeitstage. Zudem können Eltern künftig auch dann Kinderkrankengeld in Anspruch nehmen, wenn sie bei stationärer Behandlung ihres Kindes im Krankenhaus mitaufgenommen werden.

Für die Personalabteilungen bedeutet das, dass die neuen Fristen in der Zeiterfassung und den Payroll-Systemen hinterlegt werden müssen. Es gilt, die Höhe des Entgelts korrekt kalendertäglich zu berechnen, ärztliche Bescheinigungen sowie Übertragungsansprüche der Kinderkrankentage zu prüfen und die relevanten Daten an die Krankenkasse zu übermitteln, falls die das Kinderkrankengeld bezahlt.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz erleichtert Recruiting im Ausland

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eröffnet Betrieben hierzulande bessere Chancen, Experten aus Nicht-EU-Ländern anzuwerben und einzustellen. Dafür sollen in Deutschland künftig Berufsabschlüsse aus den Herkunftsländern leichter anerkannt werden. Das gilt, wenn Bewerberinnen und Bewerber mindestens zwei Jahre Berufserfahrung vorweisen können und in ihrer Heimat eine staatlich anerkannte Ausbildung von mindestens zwei Jahren absolviert haben.

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Insgesamt will der Gesetzgeber bürokratische Hürden abbauen und damit mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland lotsen. Die Blaue Karte EU gilt künftig für deutlich mehr Menschen, da Mindestgehaltsschwellen sinken und auch Schutzberechtigte diesen Aufenthaltstitel erhalten können. Ab März 2024 gilt zudem, dass besonders gefragte IT-Spezialisten die Blaue Karte EU auch ohne Hochschulabschluss erhalten können. Wer noch kein konkretes Arbeitsplatzangebot hat, kann künftig schon für die Suche nach einem Arbeitsplatz einreisen. Grundlage dafür bildet die sogenannte Chancenkarte, die anhand eines Punktesystems zugeteilt wird.

Die Herausforderung für die Personalabteilungen: Belegschaften in deutschen Unternehmen werden mit der wachsenden Zahl ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diverser und heterogener. Das bedeutet, dass die Verantwortlichen dem Pre- und Onboarding mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Das beginnt schon bei den ersten Kontakten vor dem ersten Arbeitstag, um Frühfluktuation vorzubeugen, und reicht bis zu Hilfestellungen bei der sozialen Integration der neuen Mitarbeitenden in den Betrieb wie auch im neuen privaten Umfeld.

Whistleblower schützen

Bereits seit Juli 2023 gilt für Unternehmen verpflichtend, ein Hinweisgebersystem zum Schutz für Whistleblower einzurichten. Für kleinere Betriebe bis 250 Mitarbeitende ist die Schonfrist für die Umsetzung zum 17. Dezember 2023 beendet. Dann gilt auch hier: Whistleblower müssen die Möglichkeit erhalten, Hinweise zu Compliance- oder Gesetzesverstößen zu melden. Zudem verpflichtet das Gesetz die Firmen, die Hinweisgebenden zu schützen und nicht zu benachteiligen. Das Gesetz gibt darüber hinaus Regeln vor, wie mit den Meldungen umgegangen werden muss.

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Für die betroffenen Unternehmen heißt das, dass in der eigenen Organisation eine Meldestelle einzurichten ist. Außerdem müssen Prozesse implementiert werden, wie mit Hinweisen umgegangen wird, wie Zuständigkeiten geregelt sind und wie die Schutzmaßnahmen aussehen. Wichtig dabei: Den Betriebsrat von Anfang an mit einbinden, da dieser Mitbestimmungsrechte hat und möglicherwiese der Abschluss einer Betriebsvereinbarung notwendig wird.

Neue Sozialversicherungswerte und Mindestlohnerhöhung

Auch 2024 ändern sich die Parameter für die Sozialversicherung. Das ist insofern wichtig, weil sich dadurch Veränderungen hinsichtlich der Versicherungspflichten und der Höhe der zu zahlenden Beiträge ergeben. Ab Januar 2024 steigt der Mindestlohn auf 12,41 Euro pro Stunde und die Einkommensgrenze für Geringverdiener wird auf 538 Euro angehoben.

Die Personalabteilungen müssen prüfen, wie sich die neuen Daten beispielsweise auf die Beschäftigungsform und Versicherungspflicht ihrer Mitarbeitenden auswirken und welche Anpassungen seitens des Arbeitgebers nötig sind. Versicherungspflichten sind zu ermitteln, steuerliche Änderungen und neue Grenzwerte in die Systeme einzupflegen, Beiträge richtig abzuführen, Meldungen zu veranlassen und gegebenenfalls Zuschüsse zu ermitteln und auszahlen.

Inflationsausgleichsprämie

Unternehmen können ihren Beschäftigten noch bis Ende 2024 die sogenannte Inflationsausgleichsprämie zahlen. Der Freibetrag in Höhe von 3000 Euro ist steuer- und sozialabgabenfrei. Betriebe können auch Teilbeträge oder Sachbezüge gewähren und die Prämie nur an bestimmte Personengruppen zahlen, wenn sie diese nach sachlichen Gründen oder sozialen Aspekten auswählen.

Die Prämie muss entsprechend gekennzeichnet und auch so in den Gehaltsabrechnungen berücksichtigt und dokumentiert werden. Sollten nur bestimmte Gruppen im Unternehmen in den Genuss der Zahlung kommen, müssen diese diskriminierungsfrei ausgewählt werden. Wichtig: der Freiwilligkeitsvorbehalt der Prämie muss rechtssicher in einem Schreiben an die Mitarbeitenden formuliert werden, um einen Rechtsanspruch für künftige Zahlungen auszuschließen.

Weiterbildungsgesetz

Im April 2024 tritt das neue Weiterbildungsgesetz in Kraft. Es unterstützt Unternehmen und Beschäftigte, wenn Arbeitsplätze vom Strukturwandel bedroht sind. Gerade der digitale Wandel und neu aufkommende Technologien wie KI verändern in vielen Branchen das Arbeitsumfeld. Entsprechend müssen die Betriebe ihr Personal fit machen und weiterbilden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Staat unterstützt künftig Qualifizierungen durch bezahlte Freistellungen. Dank Qualifizierungsgeld zahlt die Agentur für Arbeit während einer solchen Freistellung für die Fortbildung Lohnersatz in Höhe von 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettogehaltes, der Arbeitgeber übernimmt die Weiterbildungskosten. Die Förderung ist unabhängig von Betriebsgröße oder Qualifikation der Beschäftigten und wird maximal für 3,5 Jahre gewährt, sodass Beschäftigte auch neue Berufsabschlüsse absolvieren können.

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Die Personaler sollten angesichts der neuen Möglichkeiten ihre Belegschaften über Weiterbildungsangebote und die Chancen des Qualifizierungsgeldes informieren. Das Qualifizierungsgeld muss die HR-Abteilung allerdings mindestens drei Monate vor der Weiterbildungsmaßnahme beantragen. Zudem haben Beschäftigte künftig Anspruch auf Bildungszeit oder Bildungsteilzeit, die zwischen Unternehmen und Beschäftigten individuell vereinbart werden kann. Diese Vereinbarungen und Bestätigungen über eine Bildungszeit müssen jedoch schriftlich dokumentiert und den Personalakten beigelegt werden.

Neben diesen bereits durch den Gesetzgeber beschlossenen Änderungen gibt es etliche weitere Themen, die zwar noch nicht per Gesetz verabschiedet sind, aber 2024 voraussichtlich ebenfalls auf die HR-Abteilungen zukommen könnten:

  • Die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Das ist die Chance, Personalakten zu verschlanken, da Belege aus der Aufbewahrungsfrist fallen.

  • Zahlreiche bisherige Schriftformerfordernisse sollen aufgehoben werden. Künftig soll die elektronische Form im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zur Regelform werden. Somit könnten sich künftig viele administrativen Tätigkeiten bei HR digitalisieren lassen, wie zum Beispiel das Ausstellen eines Arbeitszeugnisses. Geplant ist auch, dass diese digital signiert werden können.

  • Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz IV ist davon auszugehen, dass künftig mehr HR-Dokumente digital unterschrieben werden können. Momentan ist allerdings noch unklar, welche Dokumente elektronisch ausgestellt werden beziehungsweise in elektronischer Form vorliegen dürfen und ob dies zum Beispiel auch für Arbeitsverträge oder Kündigungsschreiben möglich sein wird. Auch der Antrag auf Elternzeit soll digitalisiert werden.

  • Bislang war für die Bekanntmachung von neuen relevanten Gesetzen der Aushang oder die Auslegung an geeigneter Stelle im Betrieb vorgeschrieben. Künftig soll die Bekanntgabe aller aushangpflichtigen Gesetze, auch des Arbeitszeitgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes, digital gestattet sein.

  • Der Gesetzesentwurf zum Familienstartzeitgesetz sieht eine zweiwöchige bezahlte Freistellung nach der Geburt des Kindes für den zweiten Elternteil vor. Kommt das Gesetz, kann sich der Partner oder die Partnerin der Mutter zwei Wochen nach der Geburt freistellen lassen. Alleinerziehende können eine andere Person aus ihrem Umfeld benennen. Der Start ist jedoch noch unklar.

  • Bereits 2022 hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt, dass künftig nicht mehr nur Überstunden, sondern sämtliche Arbeitszeiten erfasst werden müssen. Allerdings ist ein nationales Gesetz zur Arbeitszeiterfassung noch in Arbeit und die Details sind noch unklar. Deutschland steckt damit derzeit noch in einer juristischen Grauzone. Doch das Gesetz wird kommen. Betriebe sind daher gut beraten, schon jetzt nach einer rechtssicheren und datenschutzkonformen Lösung für die Erfassung der Arbeitszeiten zu setzen.

  • Firmen sollen ihre Mitarbeitenden dank dem Zukunftsfinanzierungsgesetz einfacher und stärker am Unternehmen beteiligen können als bisher. Dafür wird der steuer- und sozialversicherungsfreie Freibetrag von 1.440 auf 2.000 Euro erhöht. Der Freibetrag kann auch durch Umwandlung von Arbeitsentgelt bis zu 2.000 Euro im Jahr ausgeschöpft werden. Das Zukunftsfinanzierungsgesetz bietet insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine gute Möglichkeit, sich einfacher Eigenkapital zu beschaffen und gleichzeitig die Belegschaft am Unternehmenserfolg und -wachstum zu beteiligen.

  • Gemäß Lohntransparenzrichtlinie müssen Unternehmen künftig über ihren Gender Pay Gap berichten. Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten sind verpflichtet jährlich über das geschlechtsspezifische Lohngefälle in ihrer Organisation Bericht zu erstatten, für Betriebe ab 150 Beschäftigten gilt die Berichtspflicht alle drei Jahre. Bei einem ungerechtfertigten Lohngefälle von mehr als fünf Prozent müssen die Betriebe ihre Entgeltbewertung zusammen mit dem Betriebsrat überprüfen. Unternehmen sollten sich daher schon heute Gedanken über Equal Pay machen.

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