Wie hart der Konkurrenzkampf im Public-Cloud-Markt geführt wird, ließ sich lange an den immer wiederkehrenden Preissenkungen von Amazon Web Services (AWS) und Microsoft ablesen. Kaum hatte ein Player mit großem Marketinggetöse die Gebühren für eine Compute- oder Storage-Einheit in der Cloud gesenkt, zog der Rivale auch schon nach. In jüngster Zeit zeichnet sich noch ein anderer Wettstreit ab: Amazon, Microsoft und Google scheinen sich mit immer neuen Rechenzentren und Cloud-Computing-Regionen gegenseitig überbieten zu wollen.
Allein im Oktober haben alle drei Branchenschwergewichte angekündigt, IaaS-Kapazitäten in neuen Regionen aufzubauen. AWS etwa startete mit einer Region im US-Bundesstaat Ohio und kündigte einen weiteren Standort in Frankreich an. Dort will auch Microsoft aktiv werden. Google plant eigenen Angaben zufolge, 2017 im Durchschnitt jeden Monat eine neue Region für seine Cloud-Dienste einzurichten.
Die Cloud-Giganten stärken damit ihre ohnehin schon starke globale Präsenz. Amazon Web Services arbeitet aktuell mit 14 Regionen und insgesamt 38 Availability Zones (AZ), weitere vier Regionen sind geplant. Dabei besteht jede Region aus Gründen der Ausfallsicherheit aus mindestens zwei Availability Zones (AZ), jede AZ besitzt mindestens ein Data Center. Microsoft verfolgt ein anderes Konzept und spricht schlicht von 29 Regionen für seine Cloud-Services, fünf weitere sollen folgen. Google ist derzeit in fünf Regionen aktiv und hat angekündigt, weitere neun einrichten zu wollen.
Gründe für die Cloud-Expansion
Die Motive für die aggressiven Expansionspläne erklären Experten unter anderem mit der weiter steigenden Nachfrage. Dafür lassen sich zahlreiche Belege finden. So meldete beispielsweise Microsoft für das Ende September 2016 abgelaufene Geschäftsquartal, die Umsätze mit Azure-Diensten hätten sich mehr als verdoppelt. AWS hat über eine Million aktive Kunden - das sind solche, die ihren Account mindestens einmal im Monat nutzen. Der Cloud-Provider steuert auf einen Jahresumsatz von elf Milliarden Dollar zu. Die Cloud-Sparte des Amazon-Konzerns käme damit im Jahresvergleich auf ein Umsatzwachstum von 58 Prozent. Glaubt man einschlägigen Prognosen, hält das Wachstum im Cloud-Markt an. IDC beispielsweise erwartet, dass sich die 2015 erzielten IaaS-Umsätze von 12,6 Milliarden bis 2020 mehr als verdreifachen und die Marke von 43 Milliarden Dollar überschreiten.
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Cloud-Kunden fordern Datensouveränität
Doch es sind nicht nur solche Wachstumsperspektiven, die die Cloud-Riesen zu einer noch breiteren internationalen Aufstellung treiben. Nach dem Aus für das Safe Harbor-Abkommen und dem ebenfalls heftig kritisierten Nachfolger Privacy Shield hat das Thema Datenschutz für viele Cloud-Interessierte noch an Bedeutung gewonnen. "Vor allem in Europa und Asien ist die Sensibilität für das Thema Datensouveränität gewachsen", beobachtet IDC-Analyst Rick Villars. Amazon und Microsoft haben deshalb längst eigene Cloud-Regionen in Deutschland eingerichtet und planen Ähnliches in Frankreich.
Für eine Ausweitung der Cloud-Regionen sprechen zudem auch technische Gründe. Je näher ein Data Center am Sitz des Kunden lokalisiert ist, desto geringer sind die Latenzzeiten. Kritisch ist dieser Effekt vor allem für besonders leistungshungrige Anwendungen etwa aus den Bereichen Analytics, Machine Learning oder Internet of Things (IoT). AWS beispielsweise betreibt zwei regionale Hubs an jeder US-Küste, die nun durch eine weitere Region in Ohio ergänzt werden.
Unternehmen bauen weniger Data Center
Die Markforscher von 451 Research untersuchen derweil die mittelfristigen Auswirkungen dieser Entwicklung. 41 Prozent aller Enterprise Workloads laufen ihren Erhebungen zufolge schon jetzt in irgendeiner Art von Cloud, seien es Public- oder Private-Cloud-Szenarien. Bis 2018 soll dieser Wert auf 60 Prozent steigen. Dazu passen IDC-Analysen, die belegen, dass Unternehmen immer weniger eigene Rechenzentren bauen und immer mehr Workloads auslagern. Seit 2014 ist die Zahl der von Unternehmen gebauten Data Center jedes Jahr um 10 Prozent gesunken, berichtet IDC. Dieser Trend werde anhalten.
Mit Material von IDG News Service